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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sogar einen Monat schwanger. Aber das kommt meiner Meinung nach selten vor.«
    Verflucht noch mal. Ich lehnte mich im Sitz zurück und hielt mir die Stirn. Mir war erneut schlecht geworden. Ich fühlte mich fiebrig und hätte mich am liebsten übergeben. Um frische Luft hereinzulassen, rollte ich das Fenster herunter.
    Dr. Shumacher sprach weiter in der Art einer Wissenschaftlerin, die ein Thema angeschnitten hat, das sie vollkommen faszinierend findet, ohne sich Gedanken um die Reaktionen ihres Publikums zu machen. »Es ergibt Sinn, wenn man einmal darüber nachdenkt. Die Mutation muss sich per Infektion ausbreiten, weil die biologische Fortpflanzung unmöglich ist. Für den Vampirismus gilt wahrscheinlich
das Gleiche. Derselbe Mechanismus beim Vampirismus, der das Altern aufhält, verhindert auch das Zellwachstum, das zur biologischen Fortpflanzung nötig ist. Eine Theorie dazu aufzustellen, steht ziemlich weit oben auf meiner Liste …«
    Sie musste wohl gemerkt haben, dass etwas nicht stimmte, weil ich so lange geschwiegen hatte. »Kitty«, sagte sie, »warum fragen Sie? Ist etwas passiert?«
    »Es geht um eine Freundin«, sagte ich unbekümmert, durchschaubar. Sie erriet die Wahrheit bestimmt. »Ich frage im Auftrag einer Freundin.«
    Warum wusste ich das nicht? Warum war es nicht schon früher einmal aufgetaucht? Warum hatte Meg - das Alphaweibchen meines alten Rudels, das mir die Hand gehalten hatte, als ich noch neu war, und mich vertrieben hatte, als ich es nicht mehr war - mir nichts davon erzählt? Hatte sie es gewusst?
    Warum redeten wir alle nicht miteinander? Warnten einander?
    »Sie melden sich bei mir, wenn Sie etwas brauchen sollten, ja? Sie sind meine Hauptinformantin, müssen Sie wissen«, sagte sie besorgt. Ich konnte es ihr nicht sagen. Ich wollte einfach nicht darüber reden.
    »Ja, ja. Ich melde mich. Danke.« Meine Bewegungen, als ich das Handy verstaute, waren roboterhaft.
    Ich hielt mir den Bauch. Warum hatte ich nie daran gedacht? Ich hatte keine Kinder gewollt. Ich wollte nicht schwanger sein. Eigentlich sollte es mir also gleichgültig sein. Warum war ich dann am Boden zerstört? Ich hatte nichts davon gewusst, es sollte folglich nicht von Bedeutung
sein. Doch das war es, und dieser Schock war ein Schock zu viel.
     
    Ben kam spät am Nachmittag von einem Gerichtstermin zurück. Bei seiner Ankunft saß ich in der Küche, es brannte kein Licht, und ich machte mich gerade über mein drittes Bier her. Das Medikament, das Dr. Luce mir verschrieben hatte, hatte ich mir nicht geholt. Alkohol schien prima zu funktionieren; allmählich fühlte ich mich sehr, sehr entspannt.
    Er stellte seine Aktentasche auf den Boden und zog den Stuhl mir gegenüber zu sich heran. »Was ist passiert?«
    Ich holte tief Luft. Ich hatte die Sache sorgfältig eingeübt. Doch mein Gehirn war benommen, und es kam komisch heraus. Schief. Ich sprach zu langsam, weil ich sichergehen wollte, dass ich die Wörter richtig hervorbrachte. Ich musste mich verrückt anhören.
    »Ist es dir je so gegangen, dass du nicht wusstest, dass du etwas haben wolltest, bis dir jemand gesagt hat, dass du es nicht haben kannst?«
    »Ich weiß nicht. Eigentlich habe ich schon immer einen Porsche haben wollen. Kann ich einen haben?« Er versuchte ein Lächeln, doch es verschwand gleich wieder.
    Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Das hier ist etwas anderes. Es … es macht mich fertig, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
    »Kitty. Hör auf, um den heißen Brei zu reden. Sag mir, was los ist.«
    Meines. Seines. Es war von uns beiden gewesen. »Die Ärztin hat gesagt, es ist eine Fehlgeburt gewesen. Ich
habe Shumacher im Center angerufen, und sie hat mir erklärt, Lykanthropinnen hätten immer Fehlgeburten. Dass Gestaltwandel und Schwangerschaft … es überlebt nicht. Ich dachte - ich bin wohl davon ausgegangen, dass es kein Problem wäre, falls ich eines Tages Kinder haben wollte. Ich habe es einfach angenommen. Ich habe noch nicht einmal nachgefragt. Aber ich kann keine Kinder bekommen. Und ich hätte nicht gedacht, dass es mir so viel ausmachen würde. Es tut mir leid, ich rede Unsinn.« Ich trank einen Schluck Bier und drehte mich weg, um mein Gesicht zu verbergen.
    Er sagte nichts. Ich hatte keine Ahnung, was ihm durch den Kopf ging. War mir noch nicht einmal sicher, ob ich es wissen wollte. Also sah ich ihn nicht an. Ich versuchte die Welt auszusperren, damit ich nicht verarbeiten musste, was sich außerhalb

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