Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
ich besser war.
»Wenn du keinen Ärger willst, wer ist dann das da?« Carl nickte in Bens Richtung.
Ben stand so dicht bei mir, gleich hinter meiner Schulter, dass ich seine Körperwärme spüren konnte. Er hatte sich nicht von Carls und Megs Drohgebärden einschüchtern lassen. Ich konnte eine gewisse Anspannung an ihm spüren, etwas Nervosität. Doch sein Rücken war gerade, und sein Blick ruhig. Ich war froh, ihn bei mir zu haben.
»Er ist ein Freund. Er ist nur wegen mir hier. Ihr könnt ihn in Ruhe lassen.«
Carl mochte ihn nicht. Ihm gefiel die Anwesenheit eines fähigen, selbstsicheren Mannes nicht, der ihm keinerlei Loyalität schuldete. Ben konnte regungslos dastehen, und Carl würde es trotzdem als Herausforderung auffassen.
Doch Ben stand nicht einfach nur still da. O nein!
»Du bist also Carl«, sagte Ben, der zwei Schritte vortrat und sein Gegenüber sorgfältig von oben bis unten musterte. »Du bist kleiner, als ich dachte.«
In Gedanken schlug ich mir mit der Hand gegen die Stirn. Allerdings musste ich zugeben, dass Ben immer genau das Richtige sagte.
Fauchend sprang Carl mit ausgestreckten Händen und klauenartigen Fingern vor. Ich machte mich bereit, ihm auszuweichen und dann wegzulaufen, was das Zeug hielt. Ben, der verdammte Mistkerl, zuckte nicht einmal, denn
er musste erraten haben, was als Nächstes passieren würde.
Erneut hielt Arturo Carl auf. Blitzartig packte er ihn am Arm und drehte ihn, sodass er den Schwung des größeren Mannes nutzen konnte, um ihn abzulenken und auf die Knie fallen zu lassen. Heftig atmend wehrte sich Carl. In seinen Augen funkelte animalische Wildheit. Er war bereit, sich gewaltsam aus dem Griff des Vampirs zu befreien. Doch Arturo, dessen Hand auf Carls Schulter lag, musste nur einmal zudrücken, um ihn zur Ruhe zu bringen. Ich wusste nicht, woher die Kraft kam - es schien Arturo keine Mühe zu kosten.
Arturo sagte: »Lass es gut sein.«
»Sie sind eine Bedrohung …«
»Sie haben dich nicht herausgefordert. Lass es gut sein, Carl.«
Carl kniete einen Augenblick dort, keuchend, dann schüttelte er Arturos Hand mit einem Schulterzucken ab.
Mercedes sagte: »Das ist absolut faszinierend.« Sie fuhr fort, die huldvolle Gastgeberin zu spielen. »Kommt, setzt euch. Ich habe bereits Wein eingeschenkt. Damit er atmen kann.«
Ich hatte mich an die Wand zurückgezogen, ohne Bens Ärmel loszulassen, sodass Rick zwischen uns und den anderen stand. »Ich bleibe hier hinten, danke«, murmelte ich.
Carl machte Anstalten, vorwärtszugehen, doch Arturo trat genau vor ihn. »Nein, ihr beiden bleibt genau hier. Ich werde nicht zulassen, dass ihr Hunde den Teppich verunreinigt.«
Arturo verlor niemals die Fassung, sein lässiges Auftreten
und seinen konzentrierten Blick. Seinem Äußeren nach zu schließen war er Ende zwanzig, doch hinter seinen Augen ruhte das Gewicht von Jahrhunderten. Seine goldenen Haare trug er zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden, und er hatte ein aristokratisches Gesicht.
Er und Rick wechselten einen Blick, den ich nicht deuten konnte. Soviel ich wusste, waren die beiden etwa gleich alt - sowohl dem Augenschein nach wie auch in wirklichen Jahren. Alter bedeutete bei Vampiren Macht, und eigentlich hätten die beiden Rivalen sein sollen, doch sie hatten jahrelang in einer Art Bündnis nebeneinander existiert. Arturo war der Gebieter in Denver, doch Rick verfügte innerhalb dieses Reviers über ein gewisses Maß an Unabhängigkeit.
Hatte Arturo den Verdacht, dass Rick die Lage ändern wollte?
Im Moment schienen sie nur ihre Bemühungen, die Wölfe unter Kontrolle zu halten, aufeinander abstimmen zu wollen.
Mercedes setzte sich zurück und betrachtete das Schauspiel, das sie inszeniert hatte. »Hmm, vielleicht ist die Lage hier gar nicht so chaotisch, wie mir weisgemacht wurde. Ihr Jungs scheint die Dinge sicher im Griff zu haben.«
»Eine große Hilfe bist du uns nicht gerade dabei«, stieß Arturo mit seinem vornehmen Akzent hervor. »Was hast du hier zu suchen, Mercedes? Oder willst du etwa einfach nur mit einem Stock im Erdloch herumstochern, um zu sehen, was zubeißt?«
»Ist das denn nicht genug?«, fragte sie.
»Mehr als genug.« Er setzte ein dünnes Lächeln auf. »Wie lange wirst du hier sein?«
»Ach, noch ein paar Tage. Vielleicht eine Woche. Oder zwei.« Sie hob eine Hand und betrachtete ihre Fingernägel, eine gekünstelte Geste, die eigentlich auf die Bühne gehörte.
Dies war Arturos Revier, was Vampire betraf, und er
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