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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Feigling weggelaufen. Wir waren kein Vorbild für eine Revolution.

    Wenn ich bei Carl geblieben wäre, wäre ich tot. So einfach war das. Carl hätte mich vor Monaten umgebracht, weil ich mich nicht bis in alle Ewigkeit für ihn hätte auf den Rücken drehen können. Wie lange blieb Jenny noch, bevor das geschah?
    Ich traf eine Entscheidung.
    »Jenny, wenn du rauswillst, werde ich dir helfen. Ich werde einen Zufluchtsort für dich finden und dafür sorgen, dass du heil dorthin gelangst. Aber du musst es wollen, und du musst dir überlegen, wie der nächste Schritt aussehen soll. Was wolltest du, bevor du Carl begegnet bist? Bist du auf die Uni gegangen, hat es einen Job gegeben, der dir Spaß gemacht hat, irgendetwas? Wenn du von Carl wegwillst, musst du lernen, dich um dich selbst zu kümmern. Du musst dir eine Stelle suchen, deinen Lebensunterhalt verdienen, lernen, die Lykanthropie zu beherrschen, ohne dass er für dich da ist. Verstehst du?«
    Sie dachte lange nach, starrte aus dem Fenster, ließ die Tränen fließen, wischte sie mit dem Taschentuch fort. Dann schüttelte sie den Kopf. »Aber ich liebe ihn. Und ich weiß, dass er mich liebt, ich weiß es einfach. Die restliche Zeit behandelt er mich so gut, wenn er nicht gerade …« Das Ende des Satzes blieb ihr im Hals stecken. Das war auch gut so.
    Ich konnte ihr keinen Vorwurf machen, so gern ich es auch getan hätte; denn ich war früher einmal genau in der gleichen Lage gewesen. Was hatten Typen wie Carl nur an sich, dass sich Mädchen wie wir ihnen zu Füßen warfen?
    In meinen Sachen kramte ich nach einer Visitenkarte.
»Hier ist meine Telefonnummer. Ruf mich an, okay? Wenn du zu dem Schluss kommst, dass du so weit bist, dann ruf mich an.«
    Sie nahm die Karte und hielt sie mit beiden Händen umklammert. Leicht benommen starrte sie das Stück Papier an, als wisse sie nicht genau, was es war. Als ich mich erhob, folgte sie mir. Ich hielt ihr die Tür auf.
    »Wenn Carl meinen Geruch an dir wahrnimmt, wirst du dir eine gute Erklärung einfallen lassen müssen. Und die Karte sollte er besser nicht finden.«
    Sie wurde ein wenig blass, und wir gingen auf den Parkplatz hinaus.
    »Soll ich dich irgendwo absetzen?«, fragte ich.
    »Nein. Es geht schon. Ich muss nur ein bisschen nachdenken.«
    »Allerdings. Pass auf dich auf, okay?«
    Sie sah mich an. Es war nicht das herausfordernde Starren eines Wolfes. Vielmehr war ihr Blick durchdringend und genau. Als versuchte sie zu erraten, was ich als Nächstes täte - eine Untergebene, die auf ein Zeichen ihrer Anführerin wartete. Sie machte mich nervös.
    »Du bist kein bisschen wie Carl und Meg«, sagte sie.
    Ich musste lächeln. »Ich glaube, das ist das Netteste, was mir jemals gesagt wurde.«
    Sie ging fort. Geduckt huschte sie um das Gebäude und verschwand in der schmalen Gasse.
    Ich machte mich auf den Heimweg, doch nachdem ich zwei Meilen gefahren war, klingelte mein Handy. Es war Jenny. »Kannst du mich holen kommen?«

    Ben wartete im Wohnzimmer seiner Wohnung. Er saß auf dem Sofa und las eine Zeitschrift. Als ich die Tür öffnete, legte er die Zeitschrift beiseite und verschränkte die Arme. Er trug eine Jogginghose und ein T-Shirt und sah bettfertig aus. Nur die Wohnzimmerlampe brannte, und die Wohnung wirkte dunkel.
    Ich zog Jenny mit mir hinein und schloss rasch die Tür. Sie sah Ben von der Seite an und kauerte vornübergebeugt mit verschränkten Armen in der Nähe der Tür.
    Ben sagte: »Auf diese Weise willst du nicht auffallen? Jegliche Konfrontation vermeiden?«
    »Was hätte ich denn tun sollen?« Ich berührte sie an der Schulter und versuchte, sie von der Wand wegzubekommen. »Jenny, das ist Ben. Er gehört zu mir.«
    »Mensch, danke«, murmelte Ben trocken.
    »Ben, das ist Jenny.«
    »Hi«, sagte er. Sie brachte ein kurzes Lächeln zustande.
    »Jenny, brauchst du etwas? Kommst du klar, während ich ein paar Leute anrufe?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hier riecht es falsch, nicht nach Rudel.«
    »Ein anderes Rudel. Ein anderes Revier.« Bisher hatte ich Bens Wohnung nicht als Revier betrachtet - dieser winzige Fleck in Denver, der nicht Carl gehörte. Die Vorstellung gefiel mir.
    »Es ist eigenartig.«
    »Du musst nicht bleiben.« Und wenn sie zu Carl zurückkehrte, würde sie nach mir riechen. Sie würde nach einem anderen Rudel riechen, und Carl wüsste Bescheid. Gott allein wusste, was er dann täte.

    »Nein, nein - ich bleibe. Ich muss mir über alles klarwerden.«
    »Brav. Möchtest du

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