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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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große Familie zu haben.«
    Mir wurde flau im Magen; am liebsten hätte ich mich übergeben. Ich packte Ben am Arm und drückte eine Spur zu fest zu.
    Lawrence fuhr fort: »Hier draußen verschwinden Leichen einfach. Man geht in die Wüste, eine Leiche vertrocknet und wird binnen eines Tages von Sand bedeckt. Nach einem Monat sind nur noch Knochen übrig. Haben Sie jemandem Bescheid gegeben, dass Sie hier rausfahren?«
    Â»Gehen wir.« Ich zerrte heftig an Bens Arm und führte ihn aus dem Haus. Die Tür von Lawrences Bretterbude schloss sich hinter uns.
    Wieder im Freien fühlte ich mich benommen, schwindlig – frei. Beinahe wäre ich zum Auto gelaufen.
    Ben war aufgebracht. Wütend. Seine Schultern waren hochgezogen, seine Hände zu Fäusten geballt. Er trat nach dem Schmutz auf dem Boden vor uns.

    Â»Er weiß Bescheid, aber wir werden ihn niemals vor Gericht kriegen. Er weiß, dass Cormac der Welt einen Gefallen getan hat, indem er ihr eine Kugel verpasst hat. Zum Teufel – wahrscheinlich sollte man den Kerl ebenfalls abknallen.«
    Â»Beruhige dich. Uns fällt schon was ein. Wir haben immer noch andere Spuren, die wir verfolgen können.« Allerdings nicht mehr viele. Ich versuchte, positiv zu bleiben.
    Ein paar Schritte vor dem Wagen blieb ich stehen. Etwas stimmte nicht. Ein Laut regte sich kitzelnd in meiner Kehle – der Beginn eines Knurrens.
    Â»Kitty.« Bens Stimme klang angespannt. Er trat neben mich, sodass sich unsere Schultern berührten. Seite an Seite, geschützt – doch vor was?
    Ein Berglöwe sprang auf das Dach meines Wagens.
    Er musste mit zwei großen Schritten an uns vorbeigeschlichen und so mühelos und rasch gesprungen sein, dass ich sein Herannahen nicht im Geringsten gespürt hatte. Oder vielleicht war er auch einfach nur an uns vorbeigeschlüpft, ohne dass wir es bemerkt hatten. Das Tier war riesig, massig, mit stämmigen Gliedern und einem keilförmigen Gesicht. Es saß aufrecht da, den Schwanz um die Pfoten geschlungen. Der Berglöwe sah genau wie eine Hauskatze aus, die ihr Reich betrachtete. Sein bräunliches Fell war kurz und glänzte seidig, und um die Augen hatte er dunkle Flecken. Rote Augen. Ein leuchtendes Karfunkelrot.
    Wie jemand in einer Slapstick-Komödie ließ ich meinen Blick zu der Bretterbude und wieder zurück zu dem Berglöwen wandern. Und ja, die Tür der Hütte stand offen.

    Â»Kitty …«, murmelte Ben und griff nach meiner Hand.
    Â»Meinst du mich oder das Kätzchen da?«
    Â»Das ist nicht witzig.«
    Wir wichen zurück.
    Der Löwe sprang vom Auto und pirschte sich an, den Kopf tief gesenkt. Sein Schwanz fuhr wie eine Peitsche hin und her. Die roten Augen funkelten.
    Ich musste mir etwas einfallen lassen. Musste etwas tun. Konnte mich nicht einfach von diesem Etwas mit seinem schrecklichen Blick hypnotisieren lassen. Ich wollte einfach nur losschreien. Doch ich erkannte den erstarrenden Schrecken wieder, der allmählich meine Glieder lähmte. So hatte ich mich bei Miriams Angriff gefühlt. Ich musste mich auf der Stelle vom Bann der Hexe befreien.
    Â»Ben«, flüsterte ich, »ich werde nach links ausscheren. Ich versuche, ihn abzulenken, während du zum Auto läufst und Hilfe rufst.«
    Â»Ich wollte genau das Gleiche sagen, bloß dass ich ihn ablenke und du Hilfe rufst.«
    Â»Nein, ich kann gegen ihn kämpfen, wenn es sein muss. Ich bin ihm gewachsen.«
    Â»So wie du Miriam gewachsen gewesen bist?«
    Haarspaltereien …
    Wir sprachen beide rasch, schwer atmend, am Rande der Panik. Ich fragte mich, wie Ben wohl mit seinem Wolf zurechtkam. Seine Hand, die ich immer noch hielt, war völlig verspannt. Doch immerhin wuchsen ihm bisher keine Krallen.
    Der Berglöwe machte noch ein paar Schritte und öffnete das Maul, um uns seine dicken gelblichen Zähne zu zeigen,
die messerscharf waren. Er stieß ein Geräusch aus, das halb Knurren, halb Schnurren war; unangenehm und im Kopf widerhallend. Ben und ich wichen immer weiter zurück, bis ich auf dem Schotter ausrutschte. Er hielt mich fest, damit ich nicht stürzte.
    Das Monster duckte sich mit hervortretenden Muskeln und machte sich zum Sprung bereit.
    Â»Sobald er losspringt, rennen wir in verschiedene Richtungen«, murmelte ich. Ben nickte.
    Doch anstatt zu springen, hielt der Löwe inne, starrte uns an, und die roten Augen blinzelten. Er neigte

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