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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Boden drücken.
    Zwei rote Augen, wütend starrend, erfassten mich. Sie richteten sich auf mich, und ich war wie gelähmt.
    Mein Sehvermögen war ausgezeichnet – ich hatte die Augen einer Wölfin. Doch ich konnte die Gestalt nicht erkennen, zu der die Augen gehörten. Selbst als es näher kam, sah ich nichts als Schatten. Ich konnte ein Geräusch
hören, wie ein Knurren, so tief, das es den Boden unter mir erzittern ließ.
    Sämtliche Instinkte schlugen Alarm und rieten mir wegzulaufen. Zu verschwinden. Hier stimmte etwas nicht, das hier war nicht echt. Doch ich konnte mich nicht bewegen.
    Etwas packte mich am Arm und zerrte von hinten an mir. Ich blieb auf den Beinen, doch ich hätte genauso gut der Länge nach hinfallen können, so schwummerig war mir vor Augen, und die Welt drehte sich um mich.
    Â»Kitty!«
    Meine Sinne fingen wieder zu funktionieren an, und ich roch Freund. Rudel. Ben.
    Â»Hast du es gesehen?« Ich rang keuchend nach Luft, während ich mich an seinem Arm festklammerte.
    Â»Nein, nichts. Du bist aus dem Haus gelaufen, als seist du in Trance oder so gewesen.«
    Und er war mir gefolgt, aus Vertrauen, aus Loyalität. Ich drängte mich dicht an ihn. Immer wieder sah ich um mich, ließ den Blick über die Bäume schweifen, die Zwischenräume, auf der Suche nach roten Augen und einem Schatten. Ich sah skelettartige Äste vor einem Himmel, der vor lauter Wolken ganz verschwommen war, außerdem bloße Erde, die sich den Hügel hinaufzog, und ein paar schneebedeckte Flecken.
    Unser beider Atem bildete Wölkchen in der Kälte, die sich rasch wieder auflösten. Sonst regte sich nichts. Wir hätten ebenso gut die einzigen Lebewesen hier draußen sein können. Ich zitterte. Sobald ich zu laufen aufgehört hatte, hatte mich die Kälte wie ein Schlag getroffen und
mich von Kopf bis Fuß abgekühlt. Ich trug lediglich eine Jogginghose und ein T-Shirt und war barfuß.
    Ben strahlte Wärme aus; ich wickelte mich quasi in ihn ein. Er war clever – er hatte sich eine Jacke geschnappt. Wir standen da und umarmten einander.
    Â»Was ist es?«, fragte er. »Was hast du gesehen?«
    Â»Augen«, sagte ich mit zitternder Stimme. »Ich habe Augen gesehen.«
    Â»Hier ist also etwas? Was?«
    Â»Ich weiß es nicht.« Meine Stimme war ein Winseln. Schlimmer noch, ich wusste nicht, was passiert wäre, wenn Ben nicht gekommen wäre. Wenn er mich nicht aus dem Bann jenes Blickes gerissen hätte. Ich formulierte die schlichte Tatsache. »Du bist mir nachgekommen.«
    Â»Ich wollte nicht allein sein.«
    Ich umarmte ihn fest, immer noch mitgenommen, sprachlos. Den Arm um ihn gelegt, drängte ich ihn vorwärts, in Richtung der Hütte. »Gehen wir.«
    Ich war viel weiter gelaufen, als ich gedacht hatte. Zwar war ich dem Schatten vom Gefühl her gewiss nicht länger als zwei Minuten gefolgt. Doch die Hütte lag über eine Meile weit weg. Mir war nicht bewusst gewesen, wie die Zeit verstrich. Wir folgten dem Duft nach Rauch zurück nach Hause.
    Â»Es hatte rote Augen«, sagte ich, doch erst, als ich das Licht in den Fenstern sehen konnte.
    Â»Wie das Ding, das Cormac gesehen hat«, sagte er.
    Ja. Genau so.
    Das war’s. Es herrschte Krieg. Ich war nicht auf Cormacs Hilfe angewiesen, um die Sache zu beenden. Ich war ein
cleveres Mädchen. Ich würde schon noch schlau daraus werden.
    Bei Tag ging ich auf die Jagd. Suchte nach einer Fährte, versuchte einen Geruch zu wittern. Ich folgte den Spuren, die ich hinterlassen hatte, dem Pfad, den ich mir durch den Wald gebahnt hatte, und suchte zu beiden Seiten. Es musste dort sein, es musste eine Spur hinterlassen haben.
    Keiner meiner Feinde hier hatte je eine Fährte zurückgelassen. Warum sollten sie ausgerechnet jetzt damit anfangen?
    Ich legte Meilen zurück und verlor jegliches Zeitgefühl. Erneut kam Ben mich holen, rief nach mir, folgte wohl meinem Geruch, ob es ihm nun bewusst war oder nicht.
    Als er mich endlich einholte, fragte er: »Irgendwas erreicht? «
    Ich musste verneinen, was keinen Sinn ergab. Eigentlich hätte ich etwas finden müssen.
    Er sagte: »Ich gehe einmal davon aus, dass wir morgen nicht abreisen.«
    Â»Nein. Nein, ich muss diesem Etwas auf die Schliche kommen. Es wird mich nicht schlagen.« Ich suchte immer noch den Wald ab, mir verschwamm schon alles vor Augen, weil ich so angestrengt

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