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Die Stunde der Schwestern

Die Stunde der Schwestern

Titel: Die Stunde der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Maybach
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nicht mehr ohne ihn leben. In Aziz’ Armen vergaß Maxime die beruflichen Misserfolge der letzten Jahre, die Angst vor der aktuellen Show und die große, alles bestimmende Furcht vor dem Alter und dem Tod.
    »Maxime?«
    Maximes Herz schlug heftig, als er die weiche Stimme von Aziz hörte. Er war da.
    Maxime verließ das Bad und ging hinüber ins Schlafzimmer zu Aziz, der sich rasch auszog und dann nackt vor ihm stand. Die Schönheit des jungen, glatten Körpers, sorgfältig von Haaren befreit, verschlug Maxime den Atem. Aziz kam mit einem Lächeln näher.
    »Komm!«, schmeichelte er und streckte die Arme aus. »Wir haben nur eine Stunde.«
    Maxime ließ seine Finger bewundernd über Aziz’ festen Oberkörper gleiten. Er fuhr über die Brustwarzen, die sich unter seiner zärtlichen Berührung aufrichteten, und den durchtrainierten Bauch bis zu Aziz’ Geschlecht, das unter Maximes Händen hart wurde.
    Aziz löste den Gürtel von Maximes Morgenmantel.
    »Komm!«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Lass uns die Stunde genießen!«
    Maxime stöhnte auf und folgte dem jungen Mann willenlos zum Bett. In dem Wissen um die eigene vollkommene Schönheit streckte Aziz sich aus. Für Maxime war er eine Droge. Er verschaffte ihm den höchsten Genuss, den der Designer jemals erlebt hatte, und in den Stunden mit ihm gab er dem alternden Mann das Gefühl von Jugend und seiner längst vergangenen Schönheit zurück. Eine kurze Ekstase, ein rasches Aufflackern, ein Aufbegehren gegen das Alter, den Tod, bevor die Angst und die tiefe Depression wieder nach Maxime griffen.
    *
    Maxime lag schlaflos in seinem Bett, das einige Stunden vorher Aziz mit ihm geteilt hatte. Noch vier Tage, dann fiel die Entscheidung. Würde die Modewelt ihn feiern oder sich endgültig von ihm abwenden?
    Ein Gefühl des Überdrusses und der Langeweile ergriff ihn. Es gab diese Momente des Glücks nicht mehr, die er empfunden hatte, als er jung gewesen war, damals, als er Albert de Montherlant liebte und seinen großen Erfolg erlebte, diesen Erfolg, den er Fleur gestohlen hatte.
    Als das Telefon läutete, nahm er ab. Es konnte Aziz sein, der ihn auf seiner Geheimnummer anrief, um ihm eine weitere Stunde in dieser Nacht zuzusagen.
    Es war nicht Aziz. Es war Gerard Weinberg, der oberste Chef der GGIF , der ihm mitteilte, dass eine Entscheidung gefallen sei, eine Entscheidung, die sie sich nicht leichtgemacht hätten. Man habe Stunden bis in die Nacht hinein beraten und sei zu dem Schluss gekommen, es wäre unverantwortlich und den Investoren gegenüber nicht mehr zu vertreten, wenn Maxime Malraux weiterhin die Kollektionen für das Label Maxime Malraux entwerfe. Man habe sich für einen jungen Mann, einen begabten Designer, als Nachfolger entschieden. Die Entscheidung werde bis nach der Show zurückgehalten, erst dann solle eine Pressekonferenz einberufen werden.
    »Es tut mir leid, Maxime, ich bedaure das sehr, und ich persönlich habe alles versucht, Sie zu halten. Aber genießen Sie die Show, sie wird wunderbar werden. Und, Maxime, alles Gute für die Zukunft!«

[home]
    16
    B érénice schrak hoch, als das Telefon läutete. Sie saß auf dem Sofa, Fleurs Brief an Patrice lag vor ihr auf dem Tisch. Sie zögerte immer noch, ihn zu lesen. Unbestimmte Angst hatte sie erfasst, Angst, etwas zu erfahren, was sie nicht wissen wollte.
    Sie ließ das Telefon lange läuten, bis sie endlich abhob. Es war Jean Bergé.
    »Kommst du morgen zur Vernissage?«, wollte er wissen.
    »Warum hast du dich so lange nicht gemeldet?«, antwortete Bérénice mit einer Gegenfrage.
    »Ich musste die Ausstellung vorbereiten«, sagte Jean ausweichend. »Das ist eine Menge Arbeit, das weißt du doch. Hallo, bist du noch dran?«, rief er dann in den Hörer, da Bérénice schwieg. Es gab ein Gerücht in der Szene, Jean Bergé habe eine Affäre mit dem gerade mal zwanzig Jahre alten chinesischen Starmodel Suzy Choo.
    »Ja. Ich weiß es nicht, Jean, vielleicht komme ich.«
    »Du bist die Frau auf dem Poster, eines meiner besten Fotos. Du musst kommen, die Leute wollen dich sehen.«
    »Du hast das Foto genommen, ohne mich zu fragen«, sagte Bérénice gereizt.
    »Nun, dann komm oder komm nicht, wie du willst.« Auch Jean reagierte gereizt und legte grußlos auf.
    Bérénice dachte über seine aggressive Stimmung nicht nach, ihre Gedanken kreisten um den Brief, der vor ihr lag. Sie hatte das Gefühl, in Fleurs ganz private Sphäre einzubrechen, und sie zögerte noch, das zu tun. Aber vielleicht enthielt

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