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Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Die Stunde der Seherin - Historischer Roman

Titel: Die Stunde der Seherin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Feind und traf sie am Kopf.
    Máelsnechtai hielt Nial am Kragen so fest, dass dieser der Länge nach hinschlug. Dann packte er die Beine und versuchte ihn wieder an die Stelle zurückzuziehen, wo sie gekniet hatten. »Bist du närrisch?«, knurrte er.
    Als Christina stürzte, riss er ihn zu sich. »Tu was, verdammt!«
    Nial krallte seine Hände ins feuchte Erdreich. Angst überfiel sein Herz, nackte, tödliche Angst lähmte ihn, als er mit ansehen musste, wie Dämonen Christina zu Boden warfen, wie sie ihnen schutzlos ausgeliefert war, wie sie mit ihr spielten, sie über den Boden rollten und nach ihr traten, wie sie unter den Tritten schrie vor Schmerzen und wie dickblasiger weißer Speichel aus ihrem Mund quoll, während ihre Augen immer größer wurden …
    »Tu etwas«, hörte er den Bruder flehen.
    »Ich weiß nicht, was …«, flüsterte Nial erstickt.
    »Sie ist doch besessen«, flüsterte Máelsnechtai zurück. Die Brüder packten sich bei den Händen, Armen, hielten sich gegenseitig fest – nach so vielen Jahren des Hasses. Nichts sonst half, keiner von beiden hatte mehr Worte, kein Gebet, keine Formel, nur noch Angst einte sie, und Gott floh sie im Angesicht des Satans, der da vorne sein böses Spiel mit einer unschuldigen Seele trieb.
    »Sie ist nicht besessen, Bruder.«
    »Was denn dann?«, schluchzte Máelsnechtai und verfolgte fassungslos, wie der Frauenkörper von unsichtbaren Kräften herumgeschleudert wurde und wie das kurze blonde Haar Feuer fing.
    »Sie ist nicht besessen«, wiederholte Nial. »Sie ist nicht besessen, nein …« Er rappelte sich auf, voll Scham, hier heulend im Schlamm zu liegen. »Bete mit mir, Bruder – Ad te, Domine, levavi animam meam, bete mit mir, sprich mir nach …«
    » Ad te, Domine, levavi animam meam «, wiederholte Máelsnechtai mechanisch. Ihre ineinander verschränkten Hände knackten. Beten war gut. Beten half. Nial schöpfte neuen Mut und warf all seine Kraft in dieses Gebet für Christina. » Deus meus, in te confido; non erubescam. Neque exsultent super me inimici mei, etenim universi, qui sustinent te, non confundentur …«
    Der alte Mönch kroch vom Altar weg. »Hier sind wir nun!«, ächzte er und stemmte sich an einer zerbrochenen Säule auf die Füße. »Hier sind wir nun, Satan, und hier werden wir dich zurückwerfen in die Tiefe.« Und erstaunlich flink hastete er zum Altar, um dort beide Hände über das wild flatternde Buch zu legen. Die Seiten ließen sich kaum davon beruhigen, mit scharfen Klingen versuchten sie seine Handflächen zu zerschneiden, und Blut troff über das Pergament.
    Du kleiner Mönch, höhnte der Fahle da und ließ ab von Christina. Du hast mich einst gerufen und glaubst wirklich, du könntest mich einfach wieder wegschicken? Hier bin ich nun, und ich werde auch dich zertrampeln – und wenn du dann noch Worte hast, kannst du bedauern, den Bösen versucht zu haben!
    Mit der Rechten hob der Alte sein Kreuz und streckte es dem Fahlen entgegen. » Exorcizo te, immundissime spiritus! «, rief er mit mächtiger Stimme. » Exorcizo – omnis incursio adversarii, omne phantasma, omne legio, in nomine Domini nostri Jesu Christi eradicare, et effugare ab hoc plasmate Dei!«
    Gib dir keine Mühe!, schrie der Dämon. Du hast keine Macht mehr über mich! Und mit seiner Lanze stach er auf Christina ein, dass sie weinend niederfiel.
    » Ipse tibi imperat! « Der Mönch ließ sich nicht beirren – wie er ihr gesagt hatte, würde ihre Unschuld die einzige Waffe sein, er konnte ihr nur mit seinen Beschwörungen beistehen. »Qui te de supernis caelorum in inferiora terrae demergi praecepit. Ipse tibi imperat, qui mari, ventis, et tempestatibus imperavit!«
    »Allmächtige Jungfrau, warum hilft er ihr nicht?«, flüsterte Máelsnechtai. »Warum überlässt dieser verdammte Alte sie den Dämonen – was können wir denn tun, Nial, irgendetwas müssen wir doch tun können …«
    Christina war aufgestanden. Ihr schmaler Körper zuckte konvulsivisch. Mit erhobenen Händen lief sie auf den Altar zu, wo das Stundenbuch immer noch leuchtete, als ob jemand goldenes Wachs darübergegossen hätte, um sich an Pracht und Überfluss zu ergötzen. Dabei hatte der Dämon die Kerzen zertrampelt. Indes – ihr Licht war auf wundersame Weise geblieben. Oder strahlte nur Christinas Haar so hell? Er war sich nicht mehr sicher, was dort vorne wirklich war und was sein verwirrter Geist ihm einzureden versuchte … Sie war dort. Sie war dort, wehrte sich gegen die

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