Die Stunde Der Vampire
Brot, zu ängstlich, auch nur einen Ton von mir zu geben. Jeffrey hatte die Lippen ernst gespitzt und betrachtete Stockton und den Boden vor uns. Stockton verfiel in einen Rhythmus, Pillen zerkleinern, Pillen verstreuen, die Lippen ständig in Bewegung.
Es schien ewig zu dauern, bis wir den Kreis vollständig abgeschritten hatten. Wir gingen methodisch vor und deswegen langsam. Dabei wussten wir noch nicht einmal, ob das Ganze funktionieren würde.
SchlieÃlich kehrten wir an die Nordseite der Karawane zurück. Wir gingen am Eingang vorbei, der mit Ketten versperrt war, die mithilfe von Vorhängeschlössern gesichert waren, sodass der Ort mehr nach einem Gefängnis als einem religiösen Lager aussah. Stockton erreichte die
Stelle, an der die Brotkrumenspur anfing. Ich schloss den Kreis.
»⦠sondern erlöse uns von dem Bösen. Amen.« Mit einem Seufzen leckte er sich über die Lippen.
Nichts passierte.
»Und jetzt?«, fragte ich, wobei ich versuchte, nicht allzu nervös zu klingen.
»Ich weià es nicht«, sagte Stockton. »Das hätte es gewesen sein sollen. Ich weià natürlich nicht, ob ich es richtig gemacht habe. Ich meine, wer weiÃ, welches andere Mistzeug in diesen Tabletten steckt.«
Das war es also. Wir hatten getan, was in unserer Macht stand. Vielleicht sollten wir zurück in die Stadt fahren, ein bisschen recherchieren und es später noch einmal probieren.
»Nein, nein. Etwas ist da im Gange. Das Licht ist ganz komisch geworden.«
Jeffrey machte keine näheren Angaben. Für meine Augen hatte sich nichts verändert. Wer wusste schon, was er erkennen konnte?
Da näherten sich im Lager zwei Gestalten dem Eingang. Sie waren gewaltig, männlich und pirschten in ausholenden, geschmeidigen Schritten umher; Raubtiere auf der Jagd â Smiths Werwolfbodyguards.
»Leute?«, sagte ich und wich zurück. »Wir sollten vielleicht lieber verschwinden.«
Die beiden Leibwächter hielten sich mit den Händen an den Ketten am Tor fest und sprangen darüber, sodass die Ketten rasselten. Sie gingen weiter, direkt auf uns zu.
Wir traten instinktiv die Flucht an, gingen rasch rückwärts,
da wir den Werwölfen auf keinen Fall den Rücken zukehren wollten.
Sie überquerten die Kreislinie, die wir hinterlassen hatten. Dann blieben sie stehen.
Einen Augenblick standen sie erstarrt auÃerhalb des Kreises, der von den Brotkrumen markiert wurde. Dann stolperte einer der beiden, als habe er das Gleichgewicht verloren. Der andere legte sich die Hand an den Kopf und blinzelte.
Sie sahen sich um, mit verwirrter Miene, als seien sie eben aus dem Winterschlaf erwacht. Sie sahen zu uns herüber, dann sahen sie einander an.
»Oh mein Gott«, murmelte der eine.
»Der Bann ist gebrochen«, sagte Jeffrey.
Langsam ging ich auf sie zu â lieà sie mich genau ansehen, mich wittern, sichergehen, dass ich keine Gefahr darstellte. »Hi. Alles in Ordnung bei euch?«
»Ich weià es nicht«, sagte der Sprecher von eben. »Ich ⦠wir sind verwirrt. Was ist passiert? Ich bin mir nicht sicher, was passiert ist.«
Beide sahen zu dem Tor zurück, mit langen, traurigen Gesichtern, beinahe nostalgisch. Die Kette, über die sie vor einer Minute gesprungen waren, schwang immer noch hin und her.
»Möchtet ihr zurückgehen?«, fragte ich.
Der andere, der kleiner und ruhiger war, sagte: »Es ist nicht echt, oder?«
»Nein«, sagte ich.
»Mist«, murmelte er mit gesenktem Kopf.
Jetzt mussten wir bloà noch alle anderen dazu bewegen,
die Karawane zu verlassen und die Linie zu übertreten.
Ich fragte mich, was geschähe, wenn Smith die Grenze überschritt.
Eine Menge hatte sich versammelt; Smiths Gemeinde war dabei, das Zelt zu verlassen und den Bereich hinter dem Tor zu füllen. Dutzende starrten mit ernstem, andächtigem Blick vor sich hin.
An der Spitze der Menge stand Smith persönlich. Von seinen Leuten umgeben, wirkte er klein, schmächtig. Ich hatte immer noch Stocktons Amulett in der Tasche. Rasch legte ich es mir um. Smith wirkte jenseitig, sein Blick war leer und unmenschlich. Er hatte die Stirn gerunzelt, loderte. Um ihn herum schienen sich Linien zu bilden, Ranken, die ihn mit all den Menschen um ihn verbanden, wie Seile, Leinen. Vor ihm erstreckten sich zwei zerbrochene Linien, die ankerlos flatterten.
Einer der Männer, derjenige, der zuerst
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