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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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weitere bei den Acoma untergebracht waren. Mara war überzeugt, daß die Ehrengarde wegen ihres gewöhnlichen Aussehens ausgewählt worden war, um so den Kontrast zu ihrem gutaussehenden Herrn zu unterstreichen, wenn sie in das Haus der Lady der Acoma eintraten.
    Einer der Soldaten trat vor; er agierte als Brulis Erster Berater. »Lady Mara, ich habe die Ehre, Euch Bruli von den Kehotara vorstellen zu dürfen.«
    Nacoya reagierte darauf mit der rituell vorgesehenen Antwort: »Lady Mara heißt solch ehrenvolle Gäste wie Bruli von den Kehotara in ihrem Haus willkommen.«
    In diesem Augenblick erschien ein kleiner Sklavenjunge durch eine Seitentür. Er trug einen Stab, an dem weiße Bänder befestigt waren, das Zeichen für die Ankunft einer Nachricht. Mara konnte nur mühsam ihre Erleichterung verbergen. »Bruli«, sagte sie rasch, »Ihr seid in meinem Haus willkommen. Erbittet von der Dienerschaft, was immer Ihr wünscht. Sie werden sich bemühen, alles für Euer Wohlergehen zu tun. Doch wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, die Lady der Acoma darf ihre Geschäfte nicht lange vernachlässigen. Aber ich werde Euch wiedersehen, vielleicht morgen?«
    Sie erhob sich und enthüllte eine schlanke Gestalt, die bisher von dem kunstvoll gearbeiteten Festkleid verdeckt gewesen war. Ihre Verbeugung hatte etwas Herrisches, und überstürzt hastete sie durch eine Seitentür hinaus. Bruli von den Kehotara blieb zurück, mit einem verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht und unzähligen poetischen Worten, die ungesagt bleiben mußten.
    Wie geplant nahm jetzt Nacoya die Dinge in die Hand. Sie wußte, daß Eitelkeit die große Schwäche dieses jungen Edlen war, und so trat sie an Brulis Seite, nahm seinen Arm und tätschelte ihn mütterlich.
    Brulis Blick wurde hart; er starrte immer noch auf die Tür, hinter der Mara verschwunden war. »Mutter der Weisheit, das Verhalten der Lady grenzt an eine Beleidigung. Welche geschäftliche Angelegenheit hätte nicht Zeit, auf meine bescheidenen Worte des Lobes zu warten?« Bruli hielt inne und berührte mit der Hand seine Haare; er wollte sich vergewissern, daß er sie nicht in Unordnung gebracht hatte, als er den Helm zur Verbeugung abgenommen hatte. »Sicherlich ist es noch etwas anderes, was Lady Mara dazu gebracht hat, mich in einer solch abrupten Weise zurückzustoßen. Sagt mir, was ist nicht in Ordnung?«
    Nacoya unterdrückte ein Lächeln, während sie den hübschen Mann in einen Nebenraum drängte, in dem Tische mit Wein und Früchten vorbereitet waren. »Junger Herr, nehmt einige Erfrischungen zu Euch. Dann werde ich Euch berichten, was ich noch niemandem zuvor erzählt habe, denn ich halte Euch für gutaussehend und reich an guten Manieren. Lady Mara ist ein junges Mädchen, wenn sie auch bereits Witwe ist. Ihr Vater, ihr Bruder und Ehemann waren alles Krieger, gute Krieger, doch sie sind das einzige, was sie kennengelernt hat. Sie ist der Männer in Rüstungen überdrüssig. Wenn Ihr ihre Gunst erringen wollt, kehrt sofort nach Sulan-Qu zurück und sucht dort nach dem besten Schneider. Laßt ihn hübsche Gewänder aus weichem Stoff und in strahlenden Farben entwerfen. Wenn Ihr morgen in der Kleidung eines Scholars oder eines Poeten erneut vor ihr erscheint, habt Ihr eine größere Chance, ihre kalte Reaktion auf Euer Werben zu verändern, als durch alles andere.«
    Brulis Stirn legte sich gedankenvoll in Falten. Ein Krieger zu sein war das höchste Ziel eines jeden männlichen Tsurani, doch Frauen hatten alle möglichen merkwürdigen Anwandlungen. Seine blauen Augen hellten sich auf. »Ich danke Euch, alte Mutter. Euer Ratschlag klingt vernünftig.« Er seufzte voller Selbstvorwürfe und nahm den Wein an, den Nacoya ihm entgegenhielt. »Hätte ich etwas mehr Verstand, wäre ich selbst darauf gekommen. Natürlich, jetzt ist es so offensichtlich. Ich werde morgen zurückkehren und Mara wird erkennen, wie sanft ich sein kann, ein Mann der Feinheiten und Grazie, der weder Rüstung noch Waffen braucht, um seine Männlichkeit zu beweisen. Ich danke Euch.«
    Nacoya zupfte an Brulis Ärmel, und ihre Stirn legte sich in vorgetäuschter Nachdenklichkeit in Falten. »Und Musik, denke ich. Mylady wäre beeindruckt von jedem Mann, der Geschmack an den schönen Künsten findet.« Bruli nickte und reichte das leere Glas einer Dienerin. »Meinen Dank, alte Mutter. Und jetzt werdet Ihr sicherlich verstehen, wenn ich nicht länger verweile. Wenn ich neue Gewänder vom Schneider fertigen lassen

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