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Die Stunde des Adlers (Thriller)

Die Stunde des Adlers (Thriller)

Titel: Die Stunde des Adlers (Thriller) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus A. Will
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aber wir haben eine gemeinsame Verpflichtung für den Euro.«
    »Die EZB ist auch nicht das Problem, es sind eure Regierungen.«
    »Und Ihre?« Der französische Kollege Jean Pierre Turbout sprach Dohm direkt an.
    »Sicher, meine auch. Ich kann Ihnen hier nur eines versichern: Die Deutsche Bundesbank war, ist und bleibt jedenfalls gegen einen Ausstieg aus dem Euro, Signore Gonzales.« Von Hartenstein nahm Erleichterung wahr nach Dohms klarer Aussage, die der aber sofort relativierte: »Aber, Herr Präsident der EZB, die Leistungsgrenze Deutschlands für Europa ist erreicht. Die neuen politischen Kräfte halten sie sogar für überschritten. Das ist der Punkt.«
    »Wie meinen Sie das, Kollege Dohm?« Noch immer spielte sich das Gespräch fast wie ein Verhör ab.
    »Ich kann in Deutschland das Argument nicht entkräften, dass wir die Rechnung zahlen, wie gerade die neue Bundesregierung es formuliert, ohne den ausreichenden Einfluss auf eine gemeinsame Haushaltspolitik zu haben. Sie alle«, und dabei schwang Dohm seinen Zeigefinger einmal über die in der Runde zusammensitzenden Kollegen Zentralbankpräsidenten, »haben den Spagat zwischen Sparen und Wachsen zu Lasten Ihrer Haushalte abgebrochen und damit der DMP in Deutschland die Leute zugetrieben.«
    »Was sollten wir Ihrer Meinung nach tun?«
    »Sich selber die eigenen Fehler eingestehen und nicht die Deutschen verantwortlich machen. Unsere Fehler machen wir schon allein und müssen sie auch selbst ausbaden.«
    »Werden Sie den Fehler machen und die D-Mark wieder einführen, Herr Dohm?«
    »Was in meiner Hand liegt, werde ich tun, um das zu verhindern, aber tun Sie auch das Ihre, meine Herren Kollegen. Sie, wir müssen uns gegen unsere eigenen Regierungen stellen.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Das ist die einzige Chance, meine Herren Kollegen!« Ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, erhob sich Dohm, nickte kurz in die Runde wie ein Zeuge, der vom Gericht aus dem Zeugenstand entlassen wird, und verließ den Raum, auch ohne auf von Hartenstein zu warten. Der schaute noch einen Moment auf die Anwesenden – alle kannten und schätzten ihn hier –, ehe er ebenfalls aufstand und in Richtung Ausgang marschierte. Den Türgriff in der Hand hielt er noch einmal inne und drehte sich zu den Währungshütern um: »Gott schütze den Euro.«
    In diesem Moment zog die Wolke weiter, die Sonne durchflutete wieder den Sitzungssaal im 45. Stockwerk. Und in diesem Augenblick, nach der Rede seines Präsidenten, wurde von Hartenstein auch zum ersten Mal klar, dass er das werden musste, was er nie sein wollte: ein Held, ein Widerstandskämpfer, ein Währungswiderstandskämpfer, der die Sache stoppen musste, koste es, was es wolle. Bedrückt von dieser Erkenntnis stand er schweigend neben seinem Präsidenten im Aufzug nach unten.
    »Hast du eine Idee, Hanns?«
    »Vielleicht.«
    »Welche?«
    »Sag ich dir, wenn sie reif ist, Claus.«
    Als die Türen des Aufzugs sich öffneten, standen zwei Sicherheitsleute direkt davor, als wollten sie die beiden Deutschen aufhalten, doch flugs sprangen sie zur Seite, als die Männer Dohm erkannten.
    »Die Zeit ist knapp und reif, Hanns.«
    »Noch nicht.«
    »Wir können im Auto weiterreden.«
    »Nein danke, ich will zu Fuß gehen. Ich brauche einen klaren Kopf.«
    »Den brauchen wir alle in diesen Tagen, Hanns.«
    »Bis später, Claus.« Von Hartenstein reichte seinem Präsidenten die Hand und verschwand aus dem Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, der Hüterin des Euro mit Sitz in Deutschland, nicht ohne noch einmal das riesige transparente Atrium hinaufgeschaut zu haben, das die beiden Türme miteinander verband.
    Die alte Großmarkthalle, Umschlagplatz für Waren aus aller Welt, war in das Ensemble der EZB integriert worden, so als wollte man der Notenbank immer klarmachen, wofür sie da war: um den Handel in Europa zu erleichtern. Vor dem Gebäude stießen zwei Grüngürtel Frankfurts zusammen. Viel Luft, viele Bäume und grüne Flächen umgaben die EZB.
    Es war ein idealer Ort zum Campen, Chillen und Grillen, musste von Hartenstein zugeben, als er auf das Occupy-Euro-Camp schaute, in dem sich ein bunter Haufen von jungen Demonstranten, alten Linken und Wutbürgern eingerichtet hatte. Das Camp war eines dieser Mutanten der alten Occupy-Wall-Street-Bewegung, die sich Anfang der Zehnerjahre aus Wut über den »ganzen Kapitalismusscheiß« gebildet hatte.
    Dass der Euro und die EZB nicht das Problem waren, war in diesem freundlichen

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