Die Stunde des Adlers (Thriller)
vorschnellende Bein von Hartensteins. Ansatzlos trat er dem Typen in die Eier. Das war zwar nicht die feine englische Art, doch hier würde er nur rauskommen, wenn er den deutschen Rammbock einsetzen würde. Jedenfalls hatte das gut funktioniert, denn der Typ krümmte sich vor Schmerz, fiel nur dummerweise in Richtung von Hartenstein, sodass er dem zweiten nicht ebenso ansatzlos in die Fresse schlagen konnte. Wie ein Schraubstock umfasste dieser von Hartensteins Rechte und schnappte sich dessen fuchtelnde linke Hand. Für einen Augenblick war von Hartenstein bewegungslos. Dann zog er die Arme auseinander. Er schien kräftiger zu sein. Ganz langsam drückte er die Arme seines Gegenübers auseinander. Wenn den die Kraft verließ und er loslassen musste, dann hatte von Hartenstein einen Moment, um ihn mit einem Haken außer Gefecht zu setzen. Der erste Kerl lag immer noch am Boden, von Hartenstein hatte wohl ziemlich fest zugetreten.
Endlich verließen den zweiten Mann die Kräfte und er musste loslassen. Zuerst die Rechte, dann die Linke. Von Hartenstein schob ihn ganz leicht mit links zurück, die Rechte hatte inzwischen Schwung geholt und sauste dem schwarzen Mann mitten ins Gesicht. Taumelnd sank der Brocken zu Boden. Und von Hartenstein nur Sekunden später. Die schwarze Pest hatte er nämlich im Eifer des Gefechts total vergessen. Und die hatte ihm eine der kleinen grünen Wasserflaschen vom Besprechungstisch über den Schädel gezogen. »Schafft ihn weg, ihr Pfeifen.« Kuhn schaute grimmig auf die beiden schwarzen Memmen, die sich noch vor Schmerz krümmten.
Als alles gesichert war, betrat Dr. Dietmar Klein den Raum. Der Mann für den Zahlungsverkehr war ein stiller Anhänger der DMP und hatte sich gleich zu Beginn der Frau Staatssekretärin gegenüber für höhere Aufgaben nach der Einführung der D-Mark in der Bundesbank empfohlen. Ein paar Jahre hatte er ja noch, die er auf normalem Weg nie mehr mit einer Beförderung hätte versüßen können, wenn selbst Dohm und von Hartenstein ihn nicht förderten, waren die doch gemeinsam mit ihm in der bundesbankeigenen Ausbildungsstätte in Hachenburg gewesen. Sichtlich zufrieden sah Klein von Hartenstein auf dem Boden liegen.
Bei Kuhn ging selbstverständlich nichts ohne Gegengeschäft. Also hatte Klein den beiden schwarzen Brocken den Einlass der besonderen Art auf das Gelände der Bundesbank ermöglicht. Durch den Geheimgang, der noch unter dem Keller des Gästehauses lag. Als Logistiker war Klein einer der ganz wenigen, die den Weg kannten. Und genau auf diesem Weg sollte jetzt von Hartenstein das Gelände in der Waagerechten verlassen.
»Bis zu den 19-Uhr-Nachrichten ist der sicher nicht wieder fit. Ist aber auch egal. Da wird nichts Neues kommen. Ausserdem hat er so und so keinen Fernseher« Kuhn wollte von Hartenstein eigentlich am liebsten ganz loswerden, doch die Freunde hatten darauf bestanden, noch ein Pfand in der Hand zu behalten. Nur das rettete ihm das Leben.
Als der erste Brocken sich von seinem Tritt in die Weichteile erholt hatte, verpasste er von Hartenstein eine Betäubungsspritze. Eine Spritze hatte auch Peter Schwander bekommen, allerdings eine ganz andere. Den klitzekleinen Einstich unter der Zunge würde man kaum finden, das Mittel war äußerst selten und stammte aus der Giftküche der DDR-Spione, von denen heute nicht wenige für so anonyme Trupps arbeiteten wie Kuhns Freunde.
Die hatten sehr schnell reagieren müssen: Schwander hatte einen bedauerlichen Unfall gehabt, und dies ausgerechnet auf dem Rückweg in die Redaktion. Dort war er nie angekommen und die DVD auch nicht. So wusste niemand beim ZDF, was Schwander ihnen heute hatte exklusiv anbieten wollen. Vielmehr war man bestürzt, dass der körperlich und geistig fitte Journalist so plötzlich aus dem Leben gerissen worden war. Wahrscheinlich ein Herzinfarkt, hatte die Polizei gemutmaßt, als sie das Auto ausgebrannt vor dem noch kokelnden dicken Baumstamm gefunden hatte, gegen den es frontal geknallt war. Zuvor hatte Schwander – unter Schmerzen – noch preisgegeben, dass dies die einzige Kopie war und er von Hartenstein mit dem Code »Abendessen um 19 Uhr« das Okay für die Ausstrahlung bestätigen sollte. Dass das dann ein digitaler Stimmenimitator übernommen hatte, war Frau Ladberg nicht aufgefallen.
17.30 Uhr
Ausgerechnet heute wollte sie ihr oberster anonymer Freund treffen. Der ließ sich auch nicht vertrösten. Mr. Anonymus hatte ihr das über die zwei schwarzen Typen,
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