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Die Stunde des Jägers - EXOCET

Die Stunde des Jägers - EXOCET

Titel: Die Stunde des Jägers - EXOCET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Beine zu kommen, fallen. Er warf Susan Calder, die vor ihm stand, einen scharfen Blick zu.
      »Los, nehmen Sie die Waffe! Halten Sie ihn auf! Jetzt hängt alles von Ihnen ab!«

      Susan Calder verstand nichts von Waffen, abgesehen von dem, was ihr im Lauf einer zweistündigen Unterweisung im Umgang mit ihnen während der Grundausbildung beigebracht worden war. Auf dem Schießstand hatte sie ein paar Schüsse aus einem Revolver abgegeben, aber das war alles. Nun hob sie die Walther ohne Zögern auf und eilte durch den Tunnel. Devlin kam auf die Beine und lief hinter ihr her.

      Die Kapelle war beherrscht von Schatten, geheiligt von Jahrhunderten der Andacht, erleuchtet nur von der Ewigen Lampe im Allerheiligsten. Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. kniete in seiner weißen Robe vor dem schlichten Altar. Der Knall der schallgedämpften Stetschkin, abgeschwächt von der Tür, hatte ihn nicht aufgeschreckt, wohl aber die lauten Stimmen. Er war nun aufgestanden und wandte sich um, als die Tür mit einem Krach aufging und Cussane eintrat.

    Da stand er mit schweißnassem Gesicht, hielt die Stetschkin
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    an den Schenkel gedrückt und wirkte in seiner schwarzen Soutane auf sonderbare Weise mittelalterlich.
    »Du bist Pater Harry Cussane«, sagte Johannes Paul ruhig.

      »Ihr seid im Irrtum, Heiligkeit. Ich heiße Michail Kelly.« Cussane lachte irre. »Ich bin eine Art Wanderschauspieler.«

      »Du bist Pater Harry Cussane«, sagte Johannes Paul unerbittlich. »Du wurdest zum Priester geweiht, bist jetzt Priester und wirst es auf alle Ewigkeit bleiben. Gott entläßt dich nicht.«

      »Nein!« schrie Cussane gequält auf. »Ich weigere mich, das anzunehmen!«

      Die Stetschkin wurde hochgerissen, Susan Calder kam durch die Tür gestolpert, fiel auf die Knie, wobei ihr der Rock hochrutschte, hatte die Walther in beiden Händen, streckte sie aus, zielte. Sie traf ihn zweimal in den Rücken, zerschmetterte ihm die Wirbelsäule. Cussane schrie vor Pein auf und fiel vor dem Papst auf die Knie. Er verharrte einen Augenblick lang in dieser Haltung, sackte dann um und drehte sich auf den Rücken. Die Stetschkin hatte er noch immer gepackt.

      Susan Calder blieb auf den Knien, ließ die Walther zu Boden sinken und sah mit an, wie der Papst Cussane sanft die Stetschkin aus der Hand nahm.
      Sie hörte den Papst auf englisch sagen: »Ich möchte, daß du eine Buße ablegst. Sprich mir nach: Allmächtiger Gott, in Deiner unendlichen Güte…«
    »Allmächtiger Gott«, sagte Harry Cussane und starb.

      Der Papst fiel auf die Knie und begann mit gefalteten Händen zu beten.
      Hinter Susan kam Devlin hereingekrochen und blieb mit dem Rücken zur Wand sitzen, hielt sich die Wunde. An seinen Fingern war Blut. Sie ließ die Waffe fallen und schmiegte sich an ihn, als suchte sie nach Wärme.
      »Fühlt man sich danach immer so?« fragte sie mit rauher Stimme. »Schmutzig und beschämt?«

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      »Willkommen im Verein, mein Kind«, sagte Liam Devlin und schlang seinen gesunden Arm um sie.

    EPILOG

      Es war sechs Uhr an einem grauen Morgen, der Himmel regenschwer, als Susan Calder in ihrem Mini in das Tor des katholischen Friedhofs St. Joseph in Londons Viertel Highgate einbog. Es war ein recht ärmlicher Bestattungsplatz mit vielen neugotischen Grabmälern, die von einer vergangenen Zeit des Wohlstands zeugten, doch nun war alles überwuchert, herrschte überall Verfall.
      Sie trug keine Uniform, sondern ein schwarzes Kopftuch, einen Mantel mit blauem Gürtel und Lederstiefel. Am Haus des Friedhofsvorstehers hielt sie an und sah Devlin neben einem Taxi stehen. Er war wie üblich in seinem dunklen Burberry, hatte den schwarzen Filzhut auf und den rechten Arm in einer schwarzen Schlinge. Sie stieg aus dem Wagen, und er kam ihr einige Schritte entgegen.
      »Tut mir leid, daß ich so spät dran bin«, sagte sie. »Der Verkehr war eine Katastrophe. Hat es schon angefangen?«
      »Ja.« Er lächelte ironisch. »Harry hätte das bestimmt zu schätzen gewußt, glaube ich. Erinnert mich an miese Bauten für einen zweitklassigen Film. Selbst der Regen gibt noch ein Klischee ab«, meinte er, als dicke Tropfen zu fallen begannen.
      Er sagte dem Taxifahrer, er solle warten, und ging mit der jungen Frau den Weg zwischen den Grabsteinen entlang. »Kein besonders eindrucksvoller Friedhof«, bemerkte sie.

      »Irgendwo mußten sie ihn schließlich unterbringen.« Er holte mit der gesunden Hand eine

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