Die Stunde des Jägers - EXOCET
Ihnen ungefähr zehn Exocets der neuesten Baureihe in Aussicht stellen, bis nächsten Montag!«
Garcia starrte ihn fassungslos an. »Ist das Ihr Ernst, Senor?«
»Aber ja. Überlassen Sie es mir, Sie brauchen nur eines zu tun. Ich möchte, daß mir ein argentinischer Luftwaffen-Offizier
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bei dieser Sache assistiert. Bitte kein Schreibstubentyp. Möglichst ein erstklassiger Pilot. Es sind ja nur fünfzehn Flugstunden von Buenos Aires nach Paris. Wenn Sie gleich heute abend telefonieren, könnte er morgen oder übermorgen hier sein.«
»Selbstverständlich, Senor. Ich werde mich sofort darum kümmern. Und die finanzielle Seite?«
»Darüber reden wir später.«
Garcia verabschiedete sich, und Bobst ging zum Barschrank und schenkte Whisky ein.
»Was haben Sie vor?« fragte Below.
Bobst reichte ihm ein Glas. »Was würden Sie sagen, wenn ich die Argentinier in die Bredouille brächte, indem ich ihnen die Exocets lieferte? Wenn die Franzosen die diplomatischen Beziehungen abbrächen und wenn es einen richtigen internationalen Skandal gäbe? Wie würde Ihnen das gefallen?«
»Ich denke, es würde mir sehr gefallen«, antwortete Below. »Erzählen Sie mehr.«
Bobst tat es, ohne eine Einzelheit auszulassen.
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Ferguson machte an diesem Abend Überstunden in seinem Büro im Hauptquartier, denn Gruppe Vier hatte neuerdings mehr als genug zu tun. Neben seiner Funktion als Mann an der Spitze der Terrorismusbekämpfung, in der er unter anderem dafür sorgen mußte, daß keine argentinischen Geheimagenten nach London geschleust wurden, hatte er nun auch noch die Aufgabe, alle mit den Exocets verbundenen Operationen zu koordinieren, eine Verantwortung, die ihm der Geheimdienstchef persönlich übertragen hatte.
Der erschöpft aussehende Harry Fox kam mit aufgekrempelten Hemdsärmeln ins Zimmer. »Ich habe eben Nachricht aus
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Peru bekommen. Unsere Leute dort haben heute morgen zusammen mit Guerillas einen Militärkonvoi aufgerieben, der fünf Exocets zu einem Luftwaffenstützpunkt bei Lima befördern sollte. Von dort sollten die Dinger nach Argentinien gebracht werden.«
»Gott sei Dank. Und die Libyer?«
»Ghaddafi scheint noch zu überlegen. König Hussein und die ägyptische Regierung haben ihn aufgefordert, sich herauszuhalten.«
»Bleiben also nur noch die Hersteller, Harry. Sicher, wir wissen, daß es eine gewisse technische Hilfe der Franzosen gibt, aber das haben die Umstände einfach mit sich gebracht. Die betreffenden Experten waren schon dort, als es losging.«
»Eine interessante Frage, Sir: Was würden wir tun, wenn wir Exocets hätten und Schwierigkeiten damit bekämen? Von den Franzosen erwarten, daß sie uns technische Hilfe leisteten?«
»Gut, daß es nur eine theoretische Frage ist. Gehen Sie wieder an die Arbeit, Harry.«
Regen trommelte an die Scheiben. Er trat ans Fenster, sah hinaus und erschauerte, denn er mußte daran denken, daß die Flotte im südlichen Atlantik lag und bald auch noch mit dem Winter zu kämpfen haben würde.
»Gott helfe den Seeleuten, die in solch einer Nacht draußen sind«, sagte er sich.
In dem kleinen Arbeitszimmer der Residenz des Präsidenten in Olivos bei Buenos Aires war es sehr still. General Leopolde Fortunato Galtieri, argentinischer Staatspräsident, hatte seinen Uniformrock ausgezogen, ehe er sich an den Schreibtisch setzte und einen Stapel von Schriftstücken zu studieren begann.
Er war ein bulliger Mann, der kein Blatt vor den Mund nahm, ein Offizier, wie ihn die Soldaten liebten, und man hatte ihn oft mit George S. Patton, dem Haudegen unter den US-Generälen des Zweiten Weltkriegs, verglichen.
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Es klopfte, und ein junger Armeehauptmann öffnete die Tür.
Der Präsident blickte auf. »Was ist, Martinez?«
»General Dozo ist da, Herr General.«
»Gut, führen Sie ihn herein. Sorgen Sie dafür, daß wir nicht gestört werden. Die nächste halbe Stunde keine Anrufe.« Er lächelte und wirkte plötzlich entspannt und liebenswürdig. »Wenn Sie allerdings Nachricht bekommen, daß die Hermes oder die Invincible versenkt worden ist, können Sie stören, soviel Sie wollen.«
»Zu Befehl, Herr General.«
Martinez zog sich zurück, und einen Augenblick später trat Brigadegeneral Basilio Lami Dozo, Befehlshaber der argentinischen Luftwaffe, ins Zimmer. Er war ein gutaussehender Mann, dessen Uniform vollendet saß, ein Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle, und der
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