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Die Stunde des Jägers - EXOCET

Die Stunde des Jägers - EXOCET

Titel: Die Stunde des Jägers - EXOCET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Station war so entworfen worden, daß den Patienten die Wahl zwischen Abgeschiedenheit und Nähe zum Bettnachbarn blieb. Die Nachtschwester saß an ihrem Tisch, auf dem eine abgeschirmte Lampe das einzige Licht spendete. Sie hörte Cussane nicht herankommen, doch plötzlich stand er neben ihr, aus der Dunkelheit aufgetaucht.
    »Wie geht’s Malone?«
      »Unverändert, Pater. Nur geringe Schmerzen. Wir haben die Medikation so ungefähr ausbalanciert.«
    »Kann er klar denken?«

    »Hin und wieder.«
    »Ich werde zu ihm gehen.«

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      Danny Malones Bett, von den anderen durch Bücherregale und Schränke abgetrennt, stand schräg vor einem Fenster, das Ausblick auf das Gelände und den Nachthimmel bot. Die Nachtlampe an seinem Bett ließ seine Gesichtszüge scharf hervortreten. Er war nicht alt, kaum mehr als vierzig, das Haar vorzeitig weiß, das Gesicht wie ein Totenkopf unter straff gespannter Haut, darin eingeätzt die Schmerzen des Krebses, der ihn langsam und unbarmherzig von diesem Leben ins nächste beförderte.
      Als Cussane sich setzte, schlug Malone die Augen auf. Erst schaute er ihn leer an, dann dämmerte es ihm. »Pater, ich hab’ schon gedacht, Sie kommen nicht mehr.«
      »Ich hatte es Ihnen doch versprochen, oder? Nahm nur einen kleinen Schlaftrunk mit Liam Devlin, mehr nicht.«
      »Oh, Pater, da haben Sie aber Glück gehabt, daß es nur bei einem blieb. Hat groß für unsere Sache gestanden, das muß ich Liam lassen. Keiner am Leben, der mehr für Irland getan hat.«
      »Und Sie selbst, Danny?« Cussane setzte sich auf die Bettkante. »Keiner hat tapferer für die Bewegung gekämpft als Sie.«

      »Aber wie viele habe ich getötet, Pater, und wofür? Da liegt der Hase im Pfeffer. Daniel O’Connel sagte einmal in einer Rede, das Ideal der Freiheit für Irland sei zwar eine gerechte Sache, aber kein einziges Menschenleben wert. Als ich noch jung war, stritt ich das ab. Jetzt, wo ich im Sterben liege, glaube ich, daß ich weiß, was er meint.« Er verzog schmerzlich das Gesicht und schaute zu Cussane auf. »Können wir noch ein bißchen darüber reden, Pater? Das hilft mir, meine Gedanken dazu zu ordnen.«
      »Gut, noch ein Weilchen, aber dann brauchen Sie Ihren Schlaf«, meinte Cussane lächelnd. »Zuhören ist eine der größten Tugenden eines Priesters, Danny.«
    Malone lächelte zufrieden. »Gut, wo waren wir stehengeblie
ben? Ach ja, ich erzählte Ihnen von den Vorbereitungen für die
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    Bombenkampagne in Mittelengland und London 1972.«
      »Sie sagten, die Zeitungen hätten Ihnen den Spitznamen ›der Fuchs ‹ gegeben«, sagte Cussane, »weil Sie scheinbar nach Belieben zwischen England und Irland hin- und herpendelten. Alle Ihre Freunde wurden erwischt, nur Sie nicht. Wie kam das?«
      »Ganz einfach, Pater. Der ärgste Fluch, der auf diesem Land lastet, ist das Denunziantentum, und der zweitschlimmste die Wurstelei bei der IRA. Leute, die nur Revolution und Ideologie im Kopf haben, spucken große Töne, aber es fehlt ihnen oft völlig an gesundem Menschenverstand. Deshalb zog ich es vor, mich an die Profis zu halten.«
    »Profis?«

      »Das, was Sie als kriminelle Elemente bezeichnen würden. Zum Beispiel gab es in den Siebzigern in England kein einziges konspiratives Haus der IRA, das nicht früher oder später auf den Listen des Staatsschutzes bei Scotland Yard auftauchte. Deshalb wurden so viele erwischt.«

    »Und Sie?«
      »Kriminelle, die auf der Flucht sind oder eine Verschnaufpause brauchen, wenn es zu heiß wird, haben Häuser, in denen sie sich verstecken können, Pater. Zugestandenermaßen teure Verstecke, aber sichere, und die benutzte ich. Ein Platz zum Beispiel lag in Schottland südlich von Glasgow in Galloway und gehörte den Brüdern Mungo. Ein stiller Ort auf dem Land sozusagen. Die beiden sind allerdings miese Typen.«
      Die Schmerzen wurden plötzlich so stark, daß er nach Luft rang. »Ich hole die Schwester«, sagte Cussane besorgt.

      Malone packte ihn an der Soutane. »Nein, lassen Sie das. Keine Schmerzmittel mehr. Die Schwestern meinen es gut, aber genug ist genug. Reden wir weiter, Pater.«
      »Gut«, willigte Cussane ein. Malone legte sich zurück, schloß kurz die Augen, schlug sie dann wieder auf. »Auf jeden Fall,

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    wie ich sagte, waren diese Brüder Mungo, Hector und Angus, die miesesten Typen.«
      Devlin ging ruhelos im Zimmer auf und ab. »Glauben Sie das?« fragte Fox.
      »Klingt logisch und würde

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