Die Stunde des Jägers - EXOCET
sich meine Mutter bereit erklärte, mit mir zurück nach Rußland zu gehen. Als Paul Tscherny mich mit fünfzehn als Exemplar mit interessantem Potential fürs KGB aussuchte.« Er setzte sich wieder. »Hätte man meine Mutter und mich in Dublin in Frieden gelassen, wer weiß, was ich dann aus meiner einzigen großen Begabung gemacht hätte? Vielleicht wäre ich ans Abbey Theatre gekommen, ans Old Vic, nach Stratford?« Er zuckte die Achseln. »Statt dessen…«
Devlin empfand tiefe Traurigkeit und vergaß für den Augenblick alles andere außer der Tatsache, daß er diesen Mann über Jahre hinweg mehr gemocht hatte als die meisten anderen.
»So geht’s im Leben«, meinte er. »Immer irgendein Arsch, der einem Vorschriften macht.«
»Unser Leben bestimmt, meinst du?« fragte Cussane. »Le h
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rer, die Polizei, Gewerkschaftsführer, Politiker, Eltern?«
»Selbst Priester«, fügte Devlin sanft hinzu.
»Ja, ich glaube, ich verstehe jetzt, was die Anarchisten meinen, wenn sie sagen: ›Erschießt eine Autoritätsperson – heute.‹« Auf einem Stuhl lag die Abendzeitung mit einer Schlagzeile über den Papstbesuch. Cussane griff nach ihr. »Den Papst, zum Beispiel.«
»Ein schlechter Scherz«, entgegnete Devlin.
»Warum sollte ich scherzen?« fragte Cussane. »Weißt du, was über die Jahre hinweg mein Auftrag war? Was Maslowski mir einschärfte? Chaos zu erzeugen, Unruhe, Angst und Unsicherheit im Westen. Ich habe mitgeholfen, den irischen Konflikt am Leben zu halten, indem ich kontraproduktive Ziele wählte und oft der katholischen und protestantischen Sache schweren Schaden zufügte; IRA, UVF, und ich habe sie alle mit hineingezogen. Aber hier«, er hob die Zeitung mit Johannes Pauls Bild auf der Titelseite, »wäre das nicht das kontraproduktivste Ziel aller Zeiten? Was würde man in Moskau dazu sagen?« Er nickte Tanja zu. »Sie müssen Maslowski inzwischen gut genug kennen. Gefiele ihm das?«
»Sie sind ja wahnsinnig«, flüsterte sie.
»Mag sein.« Er warf ihr ein Stück Schnur zu. »Fesseln Sie ihm die Handgelenke auf dem Rücken. Keine Tricks, Liam.«
Er blieb in sicherer Entfernung und richtete die Stetschkin auf sie. Devlin blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Das Mädchen band ihm ungeschickt die Hände. Cussane stieß ihn mit dem Gesicht nach unten neben den Kamin.
»Legen Sie sich neben ihn«, befahl er Tanja.
Er zog ihr die Arme auf den Rücken und fesselte ihr erst Hand-, dann Fußgelenke. Dann zog er die Schnur an Devlins Händen fest und band auch ihm die Füße zusammen.
»Du willst uns also nicht umbringen?« fragte Devlin.
»Wozu?«
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Cussane erhob sich, ging durchs Zimmer und riß mit einem Ruck die Telefonleitung aus der Wand.
»Wo willst du hin?«
»Nach Canterbury«, sagte Cussane. »Will sagen, dort ist Endstation.«
»Warum Canterbury?«
»Dort macht der Papst am Samstag einen Besuch. Alle Würdenträger werden da sein; die Kardinale, der Erzbischof von Canterbury, Prinz Charles. Ich weiß da genau Bescheid, Liam. Vergiß nicht, daß ich im Sekretariat das Pressebüro leite.«
»Laß uns doch einmal vernü nftig reden«, meinte Devlin. »Du kommst nie an ihn heran. Das Letzte, was die Briten wollen, ist, mit einem toten Papst dazustehen. Die Sicherheitsvorkehrungen in Canterbury werden so scharf sein, daß selbst der Kreml aufmerken würde.«
»Eine echte Herausforderung«, versetzte Cussane gelassen.
»Um Himmels willen, Harry, du willst den Papst erschießen. Zu welchem Zweck?«
»Warum nicht?« Cussane zuckte die Achseln. »Weil er dort ist. Weil ich nirgendwohin kann. Wenn ich schon sterben muß, dann wenigstens unter spektakulären Umständen.« Er lächelte hinab. »Und du kannst ja immer noch versuchen, mich daran zu hindern, Liam, du und McGuiness und Ferguson und seine Leute in London. Selbst das KGB würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um mir Einhalt zu gebieten, wenn das möglich wäre. Es hätte nämlich allerhand zu erklären.«
Devlin explodierte. »Und mehr bedeutet dir das nicht, Harry? Ist das nur ein Spiel?«
»Das einzige, das den Einsatz wert ist«, sagte Cussane. »Seit Jahren bin ich von anderen Leuten manipuliert worden, war nichts als eine Marionette. Diesmal bestimme ich selbst. Sollte eine interessante Abwechslung werden.«
Er entfernte sich. Devlin hörte, wie die Terrassentür geöffnet
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und geschlossen wurde. Dann herrschte Stille. »Er
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