Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Titel: Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
Vom Netzwerk:
Overall gehüllt, mit Latexhandschuhen und Schuhüberziehern, platschte er durch die rußschwarze Pfütze und betrat den Hof des Hotels. Man hätte sich durchaus hinter den Torpfosten aus Granit verstecken und hoffen können, dass gerade niemand hinschaute, während man sich einen runterholte, aber das hätte vermutlich die romantische Atmosphäre verdorben … Zwei Meter hinter der Einfahrt stand ein riesiger Rhododendron. Perfekt – wenn wirklich jemand in die Richtung schaute, würde er nur Blätter und Schatten sehen. Logan ging durch das nasse Gras auf den Rhododendron zu und spähte unter den Mantel aus dunkelgrünen, wachsartigen Blättern. In der feuchten Erde, gleich vorne unter dem Busch, war ein deutlicher Fußabdruck zu erkennen.
    Der Hotelbesitzer war ein wenig besorgt, wie seine Gäste auf das blaue Plastikzelt der Spurensicherung reagieren würden. Es war ja schon schlimm genug, dass die Straße seit gestern Abend gesperrt war, aber dass nun auch noch ein Haufen Leute auf dem Hotelgelände herumlief, als würde hier irgendein Fernsehkrimi gedreht, das war einfach … Nun ja, er war sich nicht ganz sicher, was es eigentlich war, aber immerhin ließ er ihnen von einem netten jungen Mann eine große Thermoskanne Tee, eine weitere mit Kaffee sowie ein Tablett voll Plunderteilchen bringen. Insch war entzückt.
    Und auch sonst sah es gar nicht so schlecht aus. Die Blätter hatten wohl nicht nur den Brandstifter trocken gehalten, während er an sich herumgespielt hatte, sie hatten auch geholfen, die Spuren zu erhalten, die er zurückgelassen hatte. Neben dem Fußabdruck hatten sie auch hier wieder ein weggeworfenes Papiertaschentuch gefunden, das nach Sperma roch. Und die Spusis krochen noch immer unter dem Rhododendron herum und suchten nach Fasern, Materialspuren, Fingerabdrücken und allem, was man sonst noch verwerten konnte.
    Insch verputzte gerade mit Begeisterung sein drittes Teilchen, als vor dem abgebrannten Haus gegenüber ein Streifenwagen hielt und ein wohlbekannter glatzköpfiger klinischer Psychologe ausstieg. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, spazierte er im Garten umher und beäugte alles neugierig.
    »Na prima«, meinte Insch und wischte sich die Krümel vom Kinn. »Wollen Sie sich mit Professor Besserwisser rumschlagen, oder soll ich das übernehmen?« Am Ende wateten sie beide über die Straße zu Dr. Bushel. Er hockte gerade vor einer großen weißen Plastikplane, auf der vier offene Leichensäcke ausgebreitet waren. In jedem lagen sorgfältig arrangiert diverse Personenteile. Ein angesengter Oberschenkelknochen, ein geschwärztes Schlüsselbein, die Leiche, die Logan unter der Haustür entdeckt hatte, ein Klumpen verbranntes Fleisch, der einmal der Rumpf eines Kindes gewesen war … Logans leerer Magen hob sich warnend. Der Psychologe sah lächelnd zu ihnen auf, als sie sich näherten, und seine kleinen runden Brillengläser funkelten im Sonnenlicht.
    »Inspector, Sergeant – schön, Sie wiederzusehen«, sagte er, indem er sich aufrichtete. »Ein glücklicher Zufall, dass ich gerade hier war, finden Sie nicht? Der Polizeipräsident hat mich gebeten, ein Profil Ihres Brandstifters zu erstellen. Es wird eine Weile dauern, bis ich es ausformuliert habe, aber ich kann Ihnen jetzt schon sagen, worauf es im Kern hinausläuft – falls es Sie interessiert?« Offensichtlich eine rhetorische Frage. »Die Psychopathologie des Täters ist ganz eindeutig von Hass bestimmt. Die Vorbereitung – das Zuschrauben der Tür, das Benzin –, er will unbedingt verhindern, dass irgendjemand entkommt. Und sein Hass richtet sich immer gegen Familien. Ist Ihnen das schon aufgefallen?« Insch wies ihn darauf hin, dass die erste Gruppe von Opfern gar keine Familie gewesen sei. Bloß ein paar Hausbesetzer, die zufällig zusammengewohnt hätten. Dr. Bushel lächelte nachsichtig. »Ah ja, gewiss, Inspector«, sagte er, »aber es handelte sich gleichwohl um eine Familieneinheit: Sie wohnten zusammen, zogen gemeinsam ein Kind groß. Ich denke, der Täter hegt einen tief sitzenden Groll gegen seine Familie, den er durch diese Taten auslebt.« Er nickte bescheiden, als hätte ihm gerade jemand zu seiner brillanten Schlussfolgerung gratuliert. »Und sehen Sie sich die Haustür an: zugeschraubt. Es ist ein sublimierter Akt der Penetration. Möglicherweise leidet er unter einer Form von erektiler Dysfunktion – in diesem Punkt bin ich noch unschlüssig –, aber allein die Tatsache, dass er Schrauben gewählt

Weitere Kostenlose Bücher