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Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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erhalten, alles. Alleinerbin Marcella, die Frau mit dem schönsten Busen der Welt. Mal sehen, dachte er, wie sie wohl damit klarkommen wird, reich zu sein.

    Kurz nachdem sich Mario an den Tisch gesetzt hatte, versuchte er, den Regler auf dem Handy zu erreichen. Vergeblich. Kopfschüttelnd steckte er das Telefon weg. In diesem Augenblick kamen die Schmerzen wieder, und der Mann, der sich auch Tretjak nannte, brach schreiend zusammen. Es herrschte große Aufregung, der Notarzt wurde gerufen, Tische wurden zusammengestellt, damit man ihn hinlegen konnte. Als er sich auf den Tischen wieder zusammenkrümmte, kam die zweite SMS auf sein Handy: Lieber Herr Katt. Rufen Sie doch mal diese Nummer an: 00 31 – 64 05 45 89. Es wird Sie überraschen. Schönen Tag noch.

    Es war das Letzte, was Peter von Kattenberg in seinem Leben tat: Er las die SMS und gab Mario das Handy. Dann blickte er zur Seite und sah, dass der Notarzt einen gelblichen Fleck auf seinem Kittel hatte. Ekelhaft.

5
    Im Haus Nummer 8 1 ⁄ 2
    Oberhaselbach war ein winziges Dörfchen in Niederbayern, zwischen den Kleinstädten Straubing und Landshut. Es wurde umrahmt von Mittelhaselbach und Unterhaselbach. Alle drei zusammen hatten knapp vierhundert Einwohner. Die Häuser, einige davon Bauernhäuser mit Balkonen voller roter Geranien, gruppierten sich um eine beachtlich große Kirche. Es gab Straßen, aber keine Straßennamen, nur Hausnummern: Oberhaselbach 1, Oberhaselbach 1 1 ⁄ 2 , Oberhaselbach 2, Oberhaselbach 2 1 ⁄ 2 . Die halben Nummern gab es wohl, damit die Nummern insgesamt nicht zu hoch wurden. Überhaupt schien Oberhaselbach kein Ort für besondere Extravaganzen zu sein. Man setzte hier auf den Gemeinsinn. Es gab einen Schützenverein, einen Burschenverein und eine Freiwillige Feuerwehr. Es war nicht schön hier, das würde keinem einfallen. Aber das Wort Idylle drängte sich geradezu auf. Klein, beschaulich – musste das nicht idyllisch sein?
    August Maler dachte an eine Erzählung des russischen Schriftstellers Leo Tolstoi, die sich darum drehte, dass kein Papier der Welt ausreichen würde, vollständig und genau aufzuschreiben, was in einem Menschen an einem einzigen Tag vorging. Vermutlich passierte selbst in einem Ort wie Oberhaselbach hinter den Hausmauern eine ganze Menge, Banales, aber auch Gewichtiges. Zum Beispiel im Haus Nummer 8 1 ⁄ 2 . Ein stattliches Einfamilienhaus mit Garten. Ein grüner Rasen, noch durchnässt vom Regen der letzten Tage. Eine Hollywoodschaukel ohne Polster. Ein Stall mit zwei, drei Kaninchen. Ein Apfelbaum, einige Blumen, einige Pflanzen, allesamt gelb. Konnte man einem Haus das Glück oder das Unglück darin von außen ansehen?

    August Maler drückte an diesem späten Montagmorgen die Klingel am Haus Nummer 8 1 ⁄ 2 , und erst einmal tat sich nichts. Maler drückte wieder. Funktionierte die Klingel nicht, oder war niemand da? Doch dann öffnete sich die Tür, und eine rundliche Frau tauchte auf.
    »Ja, bitte«, sagte sie überraschend freundlich, in bayrischem Ton. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich würde gerne Herrn Christian Senne sprechen.«
    »Und um was geht’s, bitte?«, fragte sie.
    »Mein Name ist Maler. Ich bin von der Polizei, Mordkommission.« Er hob seinen Ausweis in die Höhe, einen Ausweis, der vor sieben Monaten abgelaufen war.
    »Und was wollen Sie von meinem Mann?«
    »Komplizierte Geschichte. Darf ich reinkommen?«
    »Natürlich, entschuldigen Sie. Kommen S’ rein.«

    Ein langer Flur mit ein paar Bildern an der Wand. Naive Malerei nannte man das wohl. Kühe, grüne Wiesen, solche Sachen. Eine großräumige Küche mit Esstisch, er würde sagen, Landhausstil. Maler musste sich immer zwingen, auf Wohnungen und Inneneinrichtungen zu achten. Rainer Gritz war darin immer ein Meister gewesen. Er war in ein Wohnzimmer gekommen und hatte sofort gewusst, wie es um die Leute finanziell stand. Manchmal war es das abgenutzte Sofa gewesen, aber auch mal eine sündteure Kuckucksuhr. Die hatte über dem Esstisch eines Zollbeamten gehangen. Gritz war aufgefallen, dass sie sehr edel restauriert worden war, unter anderem mit einem speziellen italienischen Lack. Und das konnte sich ein Zollbeamter mit 1600 Euro Monatsgehalt leisten?
    Malers Sache waren immer die Menschen. Er brauchte nur ein paar Blicke, um zu erkennen, was mit Frau Senne los war. Er sah den Alkohol in ihrem Gesicht, die aufgequollene Haut, die wässrigen Augen. Er sah die Angst. Wobei Inge immer sagte: Du siehst

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