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Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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bearbeiten. Irgendwie sah er sie doch schon auf riesigen Leinwänden in Galerien hängen – und Amy als umschwärmte Künstlerin davor, vielleicht in einem roten Kleid statt der üblichen Cargohosen? Vielleicht inzwischen etwas weicher und runder, weil sie nicht mehr so viel Fahrrad fahren musste?

    Wenn die Institutsleiterin nicht da war, ging man natürlich auch einen Tick früher nach Hause. Es war kurz nach 17 Uhr, als Gilbert Kanu-Ide den Mann sah, der auf dem Parkplatz neben seinem Triumph wartete. Südländischer Typ, schlank, Mitte vierzig. Er trug einen dunkelblauen Anzug und darunter ein schwarzes Hemd.
    »Schöner Wagen«, sagte der Mann, ließ aber gar keine Entgegnung zu, sondern fuhr gleich fort: »Ich will keine Zeit verlieren, Herr Kanu-Ide«, sagte er. »Ich arbeite im Auftrag von Frau Professor Welterlin. Ich heiße Gabriel Tretjak. Frau Welterlin ist, sagen wir, in Schwierigkeiten geraten. Und Sie und ich werden ihr helfen.«
    »Schwierigkeiten? Was für Schwierigkeiten?«
    »Ich werde Ihnen alles erklären, aber nicht jetzt«, sagte dieser Mann. »Jetzt muss erst mal klar sein, dass Sie kooperieren.«
    Der Mathematiker Kanu-Ide hätte sich selbst nie als ausgeschlafenen Typen bezeichnet, aber das hier kam selbst ihm suspekt vor. »Hören Sie«, sagte er, »ich möchte erst mit Frau Welterlin selbst sprechen. Ich werde sie anrufen und …«
    »Das können Sie nicht«, unterbrach ihn der Mann und zeigte ihm ein iPhone. »Das hier ist ihr Telefon.« Und dann sagte er: »Lassen Sie es mich so formulieren: Sie haben keine Wahl. Und damit meine Worte nicht in den Wind geredet sind, werde ich ihnen etwas Nachdruck verleihen.« Sein Gesicht war freundlich, sein Blick klar und aufmerksam. »Wenn Sie nicht kooperieren, Herr Kanu-Ide, wird das verheerende Folgen für Sie haben, für Ihr Leben jetzt – und für Ihre Zukunft. Dafür werde ich sorgen. Und dass ich das kann, werde ich Ihnen beweisen. Ich verstehe, dass Sie mir nicht glauben, also steigen Sie bitte in Ihr schönes Auto und fahren los. Aber achten Sie auf Ihr Telefon. In fünf Minuten werde ich sämtliche Daten löschen, jede SMS, E-Mail, jedes Foto, jede Telefonnummer, jede App, jedes Programm … alles, verstehen Sie? Synchron natürlich auch auf Ihrem Basisrechner. Und ich werde hier weitere zehn Minuten warten. Für den Fall, dass Sie Ihre Daten zurückhaben wollen – und noch einmal über Ihre Kooperation nachdenken.«
    Jetzt war sicher: Dieser Typ war ein Spinner. Kanu-Ide war Mitglied im »White-Horse«-Hackerclub. Nicht nur, dass sein iPhone und sein Computer besonders gewieft gesichert waren, er wusste auch, was möglich war – und was nicht.
    »Auf Wiedersehen«, sagte er, »Herr …«
    »Tretjak«, sagte der Mann. »Bis gleich.«
    Kanu-Ide sah, wie er in einen anthrazitfarbenen BMW stieg und eine Zeitung aufschlug.
    So hatte der Albtraum angefangen. Zehn Minuten später saß er tatsächlich neben Tretjak in dessen BMW, und eine Stunde später war die Sache eingetütet.

    Tretjak hatte es ernst gemeint, er hatte offensichtlich phantastische Verbindungen. Der Mann, der in seinem Auftrag eben mal das gesicherte iPhone gehackt hatte, war Ehud Mandelbaum, eine Legende unter den Hackern, ein Gott. Kanu-Ide hatte die Dokumente gesehen, mit denen Sophia Welterlin terrorisiert worden war, kannte die Recherchen Tretjaks zu dem Thema. Er war sogar eingeweiht worden in die Geschichten aus Welterlins Vergangenheit, den Selbstmord des Professors und die Geburt ihrer Tochter, die dann aber nicht bei ihr groß geworden war. Was diese beiden Informationen betraf, hatte Tretjak sich ziemlich deutlich ausgedrückt: »Sollte das in irgendeiner Form Ihre Lippen oder Ihre Tastatur verlassen, werden Sie Ihres Lebens nicht mehr froh.«
    Da hatten sie immer noch in seinem BMW gesessen, der inzwischen aber in der Rue Mantour geparkt war. Gilbert Kanu-Ide kam die Situation unwirklich vor, aber sie war auch aufregend, spannend. So etwas hatte er noch nie erlebt. Amy würde es gefallen. Tretjak gab ihm einen Schlüsselbund. »Das sind die Schlüssel zu Frau Welterlins Wohnung«, sagte er. »Sie gehen morgen ganz normal ins Institut, aber ab sofort wohnen Sie hier. Ich habe einen guten Rechner installieren lassen, auf dem ist alles gespeichert, was ich Ihnen erzählt habe. Das Passwort ist ›Schubert‹.«
    »Und Sie?«, fragte er. »Wo werden Sie sein? Wie arbeiten wir zusammen?«
    » Zusammen  – das ist sicher nicht das richtige Wort«, sagte er

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