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Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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zu jung. Luca war ja der ältere Bruder, einige Jahre älter, glaubte Treysa sich zu erinnern.

    Er kam zurück. Setzte sich wieder hin, stellte die schwarze Handtasche vor sich hin auf den Tisch. »Was wollen Sie hier?«
    »Das sagte ich doch schon.«
    »Hören Sie auf, Sie faseln irgendwas von Gabriel Tretjak. Ich glaube Ihnen kein Wort. Was wollen Sie?«
    »Ich kann mich nur wiederholen. Ich würde gern Luca Tretjak kennenlernen. Deshalb bin ich nach Amsterdam gekommen«, sagte Treysa.
    »Na gut«, sagte er und öffnete seine Handtasche. Er zog eine kleine goldene Pistole heraus und richtete sie auf Treysa. »Schönes Ding, nicht wahr?«

14
    Pescatore
    Anders als beim ersten Mal zeigte der See gar kein freundliches Gesicht. Wie eine düstere, graue Masse hing er zwischen den Bergen. Nebelschwaden hatten sich auf ihm niedergelassen wie riesige Quallen. Der Himmel war nicht zu sehen, die Silhouette der Berge war mehr eine Ahnung als ein tatsächlicher Anblick. Es regnete in geraden, trostlosen Fäden.
    Sophia Welterlin saß an einem der großen Fenster des Restaurants »Pescatore« vor einem Tisch mit dunkelroter Tischdecke. Sie war allein. Das Restaurant hatte noch geschlossen, es war Viertel nach elf Uhr vormittags. In dem Holzofen krachte es erst seit ein paar Minuten, ein anderes Fenster war weit geöffnet, um die verbrauchte Luft vom Abend loszuwerden. Es war noch kalt und ungemütlich in diesem Raum. Warum hatte sie sich am Flughafen nicht schnell noch eine Jacke gekauft?
    Anders als beim ersten Mal war Sophia Welterlin nicht mit dem Zug in Maccagno angekommen, der vom Flughafen Mailand am Lago Maggiore entlangtuckerte, sondern auf dem Rücksitz eines Taxis. Sie hatte eine Nacht in einem lauten Hotel am Flughafen in Rom hinter sich, dann einen verspäteten Frühflug nach Mailand. Sie hatte keine Lust gehabt, irgendwo auch nur eine unnötige Minute warten zu müssen. Wahrscheinlich hatte sie deshalb den einzigen Taxifahrer in ganz Italien erwischt, der kein Navigationssystem im Wagen hatte. Zweimal hatte er unterwegs angehalten, um auf einer Landkarte den kleinen Ort umständlich anzupeilen.
    Der Mann, den sie einfach mit seinem Vornamen Luigi ansprechen sollte, war ihr von Tretjak schon als sehr schweigsam beschrieben worden. Aber in gewisser Weise übertraf er diese Beschreibung noch. Er brachte ihr gerade unaufgefordert ein großes, heißes Glas Latte macchiato und zwei Mandelhörnchen und legte ihr eine angenehme, dunkelrote Fließdecke über die Schultern. Bis jetzt hatte er tatsächlich noch nicht ein einziges Wort gesprochen.

    »Wenn ich mich bei Ihnen mit dem Satz melde ›Es ist alles aufgeklärt‹, dann bedeutet das höchste Alarmstufe«, hatte Tretjak ihr in ihrer verschmierten Küche erklärt. »Dieser Satz ist unser Zeichen, dass etwas schiefgegangen ist.«
    Er hatte sie genau instruiert, was sie in diesem Fall tun sollte: Sofort alles stehen- und liegenlassen, sich auf den Weg nach Maccagno machen, kein einziges Telefonat mehr, keine einzige SMS, Handy ausschalten. Zur Sicherheit auf der Strecke Umwege machen. In Maccagno im Restaurant »Pescatore« dem Wirt Luigi ein Stichwort sagen. Dieser Mann würde dann alles Weitere übernehmen.
    »Es ist alles aufgeklärt – egal ob ich das am Telefon sage, als E-Mail schicke, als SMS, in welcher Form auch immer … reagieren Sie sofort.« Tretjak hatte den Satz mit seinem Füller auf ein Stück Papier geschrieben.
    »Das kann ich mir merken«, hatte sie gesagt. »Ich habe Abitur.« Es war das erste Mal an diesem Tag, dass ihr nach einem kleinen Scherz zumute gewesen war.
    »Nein, das können Sie nicht«, hatte Tretjak sehr ernst erwidert. »Sie wissen jetzt nicht, wann und in welcher Situation Sie die Nachricht erreicht, und dann sind Sie plötzlich unsicher über den genauen Wortlaut.« Er schrieb noch etwas auf das Papier, faltete es zusammen und reichte es über den Tisch. »Stecken Sie das ein, bitte. Das Stichwort für Luigi heißt: ›Amarone‹.«
    Sie hatte laut klopfen müssen, vorhin, an der Tür des »Pescatore«, und der Mann, der die Tür geöffnet hatte, hatte nur mit Kopfbewegungen kommuniziert, kleinen, fast unmerklichen Bewegungen.
    Kopf leicht nach oben: Was wollen Sie?
    »Sind Sie Luigi?«
    Kopf kurz nach unten: Ja.
    »Amarone. Das soll ich Ihnen sagen.«
    Da war er dann zur Seite getreten und hatte mit einer Kopfbewegung ins Innere des Hauses gedeutet.

    Der Mann fragte nichts, er sagte nichts. Er setzte sich auch nicht zu ihr,

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