Die Stunde des Spielers
ihm hoch, bis ich mit gespreizten Beinen auf ihm saß, und küsste ihn, während ich ihn nach hinten auf das Bett stieß.
Zum Abendessen kamen wir ein wenig zu spät.
Sechs
Ich hatte einen Tisch im Steakhouse Napoli reserviert, angeblich eines der besten Restaurants in Vegas. Mein Geschmack war nicht allzu kultiviert - ein gutes Steak war ein gutes Steak, doch ich wusste ein gutes, nicht durchgebratenes Steak viel mehr zu schätzen, seitdem ich zum Werwolf geworden war. Der eigentliche Grund, weshalb wir dorthin gingen, war, dass ich nach dem Abendessen mit Dominic sprechen wollte, dem Vampirgebieter von Las Vegas. Ben hatte ich noch nichts davon erzählt. Ich wartete auf den richtigen Moment. Komisch, dass dieser sich irgendwie noch nicht ergeben hatte.
Ben hatte sich richtig herausgeputzt und war sehr GQ in Anzug und Krawatte. Ich trug einen knielangen, weiten Blümchenrock, eine rote taillierte Bluse und Stöckelschuhe. Mein Haar hing offen über meine Schultern. Wir hatten uns beide mächtig schick gemacht.
Das Napoli befand sich zwei Blocks weiter auf dem Strip, und wir beschlossen, zu Fuß zu gehen, da wir dachten, die frische Abendluft täte uns gut. Ha! Ich hatte damit gerechnet, dass die Nacht kühler und angenehmer wäre als der Tag. So funktionierte der Sommer in Colorado. Doch hier kühlte sich die Hitze lediglich von »qualvoll« auf »so gut wie unerträglich« ab.
Jetzt in der Dunkelheit stellte ich fest, dass Erica mit den Vampiren recht gehabt hatte.
Ich konnte sie in Casinos und Bars riechen, sie waren sogar auf offener Straße unterwegs. Nicht viele, und nicht alle auf einem Haufen, aber sie waren überall, hier und dort verstreut. Eine Frau, die an einer Bar saß, ein Mann, der ein paar Blackjack-Tische im Blickfeld hatte, eine andere Frau, die zu einem High Roller am Würfeltisch gehörte, ihm als Glücksbringer auf die Würfel pustete und ihn mit hungrigem Blick anstarrte. Ich konnte sie riechen, kalte Inseln inmitten eines Meeres aus lebendigen, schwitzenden, atmenden Menschen.
Sie waren auf der Suche nach Beute. Ein betrunkener Geschäftsmann auf einer Gewerbeausstellung würde sich vielleicht nicht einmal mehr an die temperamentvolle Brünette erinnern, die mit ihm auf sein Zimmer gegangen war - und ihn dann in den Hals gebissen hatte. Vampire mussten ihre Opfer nicht umbringen, wenn sie ihr Blut saugten, und ich vermutete, dass sie es auch nicht taten. Trotz seines anrüchigen Rufes war Vegas nicht als Hauptstadt des Verbrechens bekannt, ungeachtet von CSI. Schlecht für den Tourismus. Und das wussten die Vampire.
Sie lebten von den Touristen, genau wie alle anderen in der Stadt.
Andere Lykanthropen witterte ich nicht. Ich hatte gedacht, es gäbe vielleicht welche, aber ich konnte es meinen Artgenossen nicht verübeln, dass sie dieses Chaos mieden, die Menschenmengen und die ständig vorhandene, unterschwellige Panik. Vielleicht fühlte ich mich deshalb so überwältigt, nicht weil ich neu in der Stadt war, sondern weil ich ein Werwolf war. Vielleicht würde es sich nie legen. Lykanthropen gefiel es hier nicht, also hielten sie sich fern.
Ein paarmal blieben die Vampire, an denen wir vorübergingen, stehen. Jedes Mal sah ich mich um und stellte fest, dass sie uns leicht überrascht mit großen Augen nachblickten. Als seien sie es nicht gewohnt, hier in der Gegend Werwölfe zu sehen.
»Erst die Waffenausstellung und jetzt auch noch Vampire«, flüsterte Ben mir zu, als wir die Lobby des Napoli betraten. »Vegas sollte eigentlich nicht so gruselig sein.«
»Dann gibst du es also zu. Der Waffenkongress ist ganz schön unheimlich.«
»Die Vampire sind unheimlich«, sagte Ben. »Die Waffenausstellung ist bloß eine Waffenausstellung.«
»Ich fürchte, wir werden uns nicht darauf einigen können, was von beidem furchteinflößender ist«, sagte ich. Jetzt war definitiv nicht der rechte Moment, den Besuch bei Dominic anzusprechen.
Die Ausstattung im Napoli war ganz falsche italienische Renaissance. Deckengemälde mit pastellfarbenen Putten und Frauen in wallenden Togen wölbten sich über uns; Gold- und Kristallkronleuchter sprenkelten Licht über rote Marmorkacheln. Hinter einem Torbogen, der auf ionischen Pfeilern ruhte, lag das Casino mit Millionen weiterer blinkender Lichter, rasselnder Spielautomaten und elektronischer Pokermaschinen, ln der Mitte der Inseln aus Spiel- geräten befanden sich Brunnen, deren plätscherndes Wasser in dem Lichterchaos glitzerte. Der ganze Ort stand
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