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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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ich mir Sorgen, dass die Kameras nicht richtig funktionierten, dass die Mikrofone meine Stimme nicht übertrugen, dass irgendeine Kleinigkeit schiefginge und die ganze Sendung ruinieren würde. Doch aus diesem Grund hatten wir Techniker. Es war ihre Aufgabe, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich musste nur die Show am Laufen halten.
    Wie schaffte Oprah das jeden einzelnen Tag?
    Abgesehen davon, dass sich meine Eltern im Publikum befanden, was dem Abend etwas von einer Schul- aufführung verlieh (vor der Sendung hatte Mom darauf bestanden, mich zu umarmen und mir zu sagen, dass ich es prima hinkriegen würde, da war sie sich ganz sicher) entdeckte ich Dom. Er stand hinten, strahlte seine elegante post Mafia Gangsteraura aus und ließ den Blick durch das Theater schweifen, als gehöre es ihm und als habe er die Sendung selbst auf die Beine gestellt. Das weckte das dringende Bedürfnis in mir, ihn ans Mikrofon zu rufen, nur um zu sehen, ob das seine selbstzufriedene Miene erschütterte. Aber ich hatte es versprochen.
    Andere Lykanthropen roch ich nicht im Theater. Es gab noch ein paar Vampire abgesehen von Dom. Aber nichts Tierisches, nichts, das auf einen Lykanthropen hinwies. Ich war enttäuscht. Eigentlich bildete ich mir ein, die Sendung für sie zu machen. Dass es ihnen half, wenn ich von meinen eigenen Erfahrungen erzählte. Doch keiner von ihnen war hergekommen. Dom hatte gesagt, es gäbe keine, abgesehen von der Show im Hanging Gardens. Vielleicht hatte ich gehofft, dass sich wenigstens einer von ihnen in der Menge befände.
    Nachdem ich mich von Arty verabschiedet hatte, wechselte ich zwischen Fragen von Anrufern und aus dem Publikum ab. Während der Werbepausen musste ich die Menge bei der Stange halten - keine Chance, sich während der Station-ID zurückzulehnen und zu strecken, wie ich es im Radio tun konnte. Ich verteilte Werbegeschenke, veranstaltete Verlosungen anhand der Seriennummern auf den Eintrittskarten. CDs, T-Shirts, Ausgaben meines Buches, alles Mögliche. Sie liebten es, und das war alles, was zählte. Wenn das Publikum - ob es nun sitzt oder einem im Radio zuhört - einen liebt, folgt es einem überallhin. Es machte Spaß - auf die gleiche Art, wie auch Bungee-Jumping Spaß machen musste. Nicht dass ich Letzteres je ausprobieren wollte.
    Ich nahm einen weiteren Anruf entgegen. »Hallo, ich habe unseren nächsten Anrufer in der Leitung. Wie lautet deine Frage?«
    »Hi! Würde Sonnenschutzmittel bei einem Vampir funktionieren, der unbedingt bei Tageslicht hinaus will?«
    Ich betrachtete spöttisch das Mikrofon. »Ich weiß nicht recht, ob diese Frage jemals gestellt worden ist. Und ich bin mir nicht wirklich sicher, ob ich die Antwort kenne. Außer dass ich nicht möchte, dass es die Vampire ausprobieren, die ich tatsächlich mag.«
    »Ich spreche von Sunblockern. Das richtige Hochleistungszeug mit Lichtschutzfaktor 60.«
    »Es gibt Lichtschutzfaktor 60? Wow! Aber damit es funktioniert, müsste man wohl davon ausgehen, dass es die UV-Strahlen sind, die den Vampiren schaden. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine begründete Annahme ist. Weißt du was, ich habe hier ein paar Vampire im Publikum - möchte einer von euch versuchen, Dans Frage zu beantworten?«
    Und da kam Lisa auf das Mikrofon unterhalb der Bühne zu, von dem aus die Leute ihre Fragen stellten. Heute hatte sie ein cooles rotes Kleid an und trug die Haare in einem Pferdeschwanz, der bei jeder ihrer Bewegungen mitschwang. Grinsend winkte sie mir zu. Zweifellos der lebhafteste Vampir, dem ich je begegnet war.
    Gemurmel ging durch das Publikum, Köpfe wurden zusammengesteckt, es wurde geflüstert. Normale Leute, die vielleicht genau aus diesem Grund hier waren – um live einen echten Vampir oder so etwas zu sehen. Die Sache war die, dass sie schon die ganze Zeit dort gesessen hatte und Leute, die nicht wussten, worauf zu achten war, würden sie niemals als Vampir erkennen. Doch jetzt war sie unheimlich. Mit einem verschlagenen Lächeln und einem Glitzern in den Augen ließ Lisa den Blick über die Menge schweifen und bestärkte sie in all ihren Vorstellungen von dem, was es bedeuten konnte dass sie ein Vampir war. Dann drehte sie sich wieder mir zu.
    »Hi Kitty!«
    »Hallo! Und was kannst du uns sagen?«
    »Ich bin erst seit etwa fünf Jahren ein Vampir, aber ich kann dir verraten, dass es völlig egal ist, wie viel Zeug man sich draufschmiert, es hilft nicht. Es ist genau, wie du schon gesagt hast, es sind nicht die UV-Strahlen,

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