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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Krankheit. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Kapiert?«
    »Aber ...«
    Ich schmiss sie aus der Leitung. »Ich habe immer das letzte Wort. Ha!«
    Während des Anrufs der PETA-Lady ging eine Tür im hinteren Teil des Theaters auf. Dieser Umstand an sich erregte nicht weiter meine Aufmerksamkeit. Wir hatten keine Pause, also waren die Leute den ganzen Abend über hinein- oder hinausgeschlüpft, normalerweise während der Werbeunterbrechungen. Als sich die Tür dieses Mal öffnete, witterte ich etwas - den Geruch, den ich bisher vermisst hatte. Mensch und Tier, vereint, unzertrennlich. Lykanthrop.
    Ein Mann schlenderte den Gang links außen hinunter und ging auf das Mikrofon in der Nähe der Bühne zu. Neben ihm stolzierte ein hüfthoher Leopard. Das Tier war geschmeidig, Muskeln spielten unter Fell und Haut. Sein Schwanz schnellte hinter ihm hin und her. Mit gesenktem Kopf starrte er aus gelb-grünen Augen wütend geradeaus. Der Hauch eines menschlichen Bewusstseins glitzerte in diesen Augen - ein Lykanthrop. Ein paar Leute schrien schockiert auf. Andere versuchten auszuweichen, lehnten sich in ihren Sitzen zurück, drängten sich an ihre Sitznachbarn, eine instinktive Reaktion, der Versuch, von diesem aus dem Käfig gelassenen Raubtier wegzukommen. Die Katze achtete nicht auf das Durcheinander; der Mann neben ihr lächelte.
    Er war durchschnittlich groß, hatte dichte braune Haare, wie Mahagoni, und das sonnengebräunte, knabenhaftschöne Gesicht zu einer schalkhaften »Ich habe ein Geheimnis«-Miene verzogen. Ein Lykanthrop, irgendeine Spielart, die mir bisher noch nicht untergekommen war. Es war nicht nur der Geruch, sondern auch die Haltung. Er bewegte sich katzenhaft, die Muskeln bewegten sich unter seinem beinahe zu engen schwarzen T-Shirt und Jeans, die gerade eng genug war. Anmutig, souverän, Der Ausdruck »die Katze lässt das Mausen nicht!«, traf ganz bestimmt auf ihn zu. Und zwar buchstäblich.
    Als die beiden das Mikrofon erreichten, sprang die Raubkatze auf die Bühne. Das entlockte dem Publikum weitere Entsetzenslaute. Zwei Sicherheitsleute stürzten aus den Seitenkulissen. Ich sprang von meinem Stuhl hoch, um den Wachmännern zuvorzukommen.
    »Nein, warten Sie!« Mit ausgestreckten Armen brachte ich sie zum Stehen, und die beiden stämmigen Kerle zögerten, wollten eigentlich ihre Arbeit tun, sahen mich jedoch unsicher an. Dass sie sich auf einen Werleoparden stürzten und möglicherweise noch gekratzt oder gebissen wurden, war jedoch das Letzte, was ich wollte.
    Der Leopard stolzierte an der Bühnenkante entlang, wobei er nachdenklich den Schwanz hin und her bewegte. Ohne mich aus den Augen zu lassen, setzte er sich brav hin, höchstens einen Meter von seinem Begleiter entfernt. Wir betrachteten einander, und ich widerstand dem Verlangen zu starren, obwohl mein Herz wild pochte und die Nackenhaare der Wölfin gesträubt waren. Ich musste ein Knurren unterdrücken - zuerst galt es herauszufinden, worum es bei der Sache ging. Dann konnte ich mich über ihr Eindringen ereifern. Die Unverfrorenheit, einen Lykanthropen in Tiergestalt in einen überfüllten Raum wie diesen zu bringen, war einfach unglaublich. Meine Wölfin hätte die Flucht ergriffen und sich dabei nötigenfalls einen Ausweg erkämpft. Doch ich musste die Selbstbeherrschung dieses Lykanthropen bewundern. Er stand vor einer Menschenmenge und schien, es kaum zu bemerken. Vielleicht hatten sie bloß eine Frage für die Sendung.
    Der Leopard leckte sich die Tatzen, letztlich wie eine große alte Katze. Die menschliche Hälfte des Duos sah zu mir hinauf; sein Starren forderte mich nicht wirklich heraus aber er taxierte mich definitiv. Wollte sehen, wer
    zuerst blinzelte.
    Ich blinzelte nie als Erste. Jedenfalls fast nie. Doch ich warf immer wieder einen Blick auf diese riesige Raubkatze, die einen knappen Meter von mir entfernt hockte. Sie konnte mich mit einem Sprung umwerfen.
    Ich schenkte dem Mann das Lächeln eines Jägers. »Gibt es keine Gesetze gegen das Freilassen wilder Tiere aus ihren Käfigen?«
    »Du meinst Kay hier? Er ist völlig ungefährlich«, sagte er. Der Leopard blinzelte mich an. Er war wirklich ein schönes Tier. Ich fragte mich, wer in seinem Innern steckte.
    »Woher willst du wissen, dass ich von ihm gesprochen habe?«, sagte ich mit hochgezogener Augenbraue. Der Typ zwinkerte mir tatsächlich zu. Oh, ich hoffte, dass die Kameras das alles aufnahmen. Gold für die Einschaltquoten. »Und was führt euch in die

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