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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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gesehen! Auf der linken Seite, dritte Reihe von hinten - du hast mich ausspioniert!«
    Er versuchte gar nicht, es zu leugnen, und es schien ihm auch nichts auszumachen. Seine entspannte, liebenswürdige Miene änderte sich nicht. »Ich wollte sehen, wie ein dressierter Werwolf aussieht.«
    »Tja ich hoffe, du hast dich köstlich in der Freakshow amüsiert...«
    Ben legte eine Hand auf meinen Arm. »Kitty. Beruhige dich.« Meine Zähne waren gefletscht. Ich verschränkte die Arme und knurrte.
    Evan fuhr fort: »Ich möchte ja nicht allzu unverschämt klingen, aber ich hätte nicht erwartet, euch beide bei einem gemeinsamen Drink anzutreffen.«
    »Das hören wir öfter«, meinte ich. Ich fragte mich, ob er es mir ansah. Wenn ich nicht derart in der Öffentlichkeit bekannt wäre, würde er trotzdem erkennen, dass ich ein Werwolf war? Sah er es Ben an?
    »Kitty ist meine Mandantin«, sagte Ben. Das schon wieder. Was würde er sagen, wenn wir bald die gleichen Ringe trugen?
    »Ich muss schon sagen, das ist ganz schön komisch«, sagte er.
    »Das hören wir auch öfter«, sagte ich. Evan lachte höflich.
    »Bist du lange in der Stadt?«, fragte er Ben.
    »Bloß übers Wochenende.«
    »Vielleicht könnten wir zusammen Mittagessen gehen oder so, falls du Zeit hast.«
    »Vielleicht.«
    »Ich ruf dich an. Hast du noch die alte Nummer?«
    »Soweit ich weiß schon.«
    Die Haare in meinem Nacken kitzelten, und die Muskeln in meinen Schultern spannten sich an. Eine Frau betrat die Bar. Wir drehten uns alle nach ihr um.
    Sie war so groß wie ich, hatte aber eine Präsenz, die den ganzen Raum zu füllen schien. Dunkle kurze Haare, die ihr voll um die Ohren wogten. Spitze Ohrringe, roter Lippenstift. Eine dunkle Sonnenbrille, die sie abnahm, zusammenklappte und in eine Tasche ihrer Lederjacke gleiten ließ, während ihr Blick durch die Bar schweifte. Und ihr Outfit. Das war der Hauptgrund, weshalb alle sie anstarrten: kniehohe Lederstiefel mit Vierzehn-Zentimeter-Pfennigabsätzen, perfekt geformte Beine, ein Lederrock, bei dem ich ständig am Saum herumgezupft hätte, doch sie trug ihn so natürlich wie eine zweite Haut, ein figurbetontes Oberteil aus Seide und Spitze, und eine kurze Lederjacke - alles selbstverständlich in Schwarz.
    Ihr Bild hätte auf einem Flugblatt sein können, das an ein Straßenschild draußen auf dem Strip geklebt war. Jeder heterosexuelle Mann in dem Laden stand mit offenem Mund da, und jede heterosexuelle Frau klammerte sich ein wenig fester an ihren Partner.
    Abgesehen von mir, weil ich selbstbewusster bin. Im Großen und Ganzen. Vielleicht war ich ein klein wenig näher an Ben herangerückt. Andererseits stand ihm nicht der Mund offen. Er hatte eine Braue in die Höhe gezogen und schürzte die Lippen.
    Sie sah uns an und verzog die scharlachroten Lippen zu einem Lächeln. Dann kam sie auf uns zu. Obwohl sie übernatürlich aussah - in gewisser Hinsicht -, roch sie menschlich. Ja, sogar einfach. Kein Parfüm, keine Extras. Leder, saubere Seife und Waffenöl. Ich ging jede Wette ein, dass sie unter der Jacke eine Waffe in einem Halfter trug. Vielleicht noch eine weitere hinten in den Rockbund gesteckt. Und wahrscheinlich ein Messer im Stiefel, Stilette in den Ärmeln, Wurfsterne in den Taschen und Gott weiß was sonst noch. Sämtliche Anwesende mochten sie anstarren, aber keiner kam herangeschlendert und bot an, ihr einen Drink zu spendieren, denn sie war die furchterregendste Person im Raum.
    »Brenda, Brenda, Brenda, ich habe mich schon gefragt, wann du auftauchen würdest«, sagte Evan lächelnd und streckte ihr die Hand entgegen.
    Sie warf einen Blick darauf, schlug aber nicht ein. Die Hände auf den Hüften, betrachtete sie uns, als seien wir über und über mit dreckigem Teichwasser beschmutzt.
    Evan grinste, als sei er nichts anderes von Brenda gewöhnt. Und Herrgott, sie sah überhaupt nicht wie eine Brenda aus! Mehr wie eine Veronica oder vielleicht eine Blaze. Er fuhr fort: »Brenda, kennst du Ben? Ben, das ist ...«
    »Oh, wir sind uns schon begegnet«, sagte Ben.
    »Ist 'ne Weile her. Wie geht es dem Knie?«, fragte Brenda und musterte ihn Kopf bis Fuß. Ich rückte noch näher an ihn heran. War das alles Schau?, fragte ich mich. So auffällig war doch bestimmt niemand von Natur aus.
    »Gut. Danke«, sagte Ben ausdruckslos. Okay, das war eine Geschichte, die ich ihm bei Gelegenheit unbedingt aus der Nase ziehen musste.
    Dann sah sie mich an. Musterte mich genauso von Kopf bis Fuß, und

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