Die Stunde des Spielers
Teil dieser Welt war. Vielleicht vermisste er sie sogar.
»Ich möchte trotzdem alles über dich und Brenda wissen«, sagte ich.
»Eifersüchtig?«
»Fangfrage, Süßer.«
»Ich möchte bloß wissen, wie sie es schafft, in High Heels zu rennen, ohne langsamer zu werden, und ich trage Laufschuhe, stolpere über einen Kieselstein und reiße mir ein Band, so dass mein Knie acht Wochen lang geschient ist.«
»Das Universum steckt voller Geheimnisse. Und worauf habt ihr damals Jagd gemacht?«
»Cormac.«
Ich hob eine Braue. Was zur Hölle hatte Cormac angestellt, dass Ben und Brenda Jagd auf ihn machten? Und warum wusste ich nichts davon? Und warum ... Die Fragen waren endlos.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte er.
»Darauf möchte ich wetten. Und wie lautet Evans Geschichte? Ist er noch so ein Mandant von dir?«
»Nein, es ist die Konkurrent. Arbeitet von Seattle aus. Obwohl Cormac wohl keine Konkurrenz mehr hat.«
»Früher bin ich immer davon ausgegangen, dass Cormac einzigartig ist, oder dass es vielleicht ein halbes Dutzend von der Sorte gibt, höchstens. Wie viele Vampir- und Werwolfjäger gibt es tatsächlich? Außer Evan, Brenda, Boris, Sylvia ...« Ich zählte sie an den Fingern ab. Es waren schon zu viele.
Er zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen. Es ist nicht einfach, ein wachsames Auge auf so eine Gruppe zu haben. Leute verschwinden, Leute setzen sich zur Ruhe und keiner hängt wirklich etwas an die große Glocke. Es ist, wie Evan sagte: Hauptsächlich basiert alles auf Klatsch und Gerüchten. Aber so erfährt man, wo sich die Vampire und Lykanthropen befinden, und wo es Arbeit gibt.«
»Wie viele von ihnen saßen dort in der Bar?«
»Vielleicht ein Dutzend«, sagte Ben schließlich. »Ich habe viele Gesichter wiedererkannt, selbst wenn ich die Leute nicht sonderlich gut kenne.«
»Findest du das nicht beunruhigend?«
»Vielleicht«, sagte er. »Früher bin ich viel mit solchen Leuten abgehangen. Wahrscheinlich fällt es mir schwer, mich selbst als den Feind zu sehen.«
Das war seine alte Welt. Es machte nichts, dass er jetzt die Zielscheibe war. So sehr er es vielleicht auch wollte, er konnte nicht zu seinem früheren Leben zurückkehren. Sein Wolf musste ihm das gesagt haben.
Ich erwiderte den Druck seiner Hand und ging dicht neben ihm, so dass wir einander berührten. Am liebsten wäre ich ihm mit den Fingern durch die Haare gefahren. Dazu war immer noch Zeit, sobald wir auf unserem Zimmer waren.
»Was passiert, wenn sie die Sache mit dir herausfinden?« Wenn sie erfuhren, dass er jetzt, für sie, zu den Bösewichten gehörte.
»Sie werden mich wahrscheinlich nicht sofort erschießen, wenn du das meinst«, sagte er. »Du hast ganze zehn Minuten in der Bar herumgestanden, und niemand hat auf dich geschossen.«
»Aber ich gehe einmal davon aus, dass sich einige in nerlich schon die Lippen geleckt haben.«
Er lachte in sich hinein, doch es klang traurig. Dann sagte er: »Ich glaube, sie empfänden Mitleid mit mir. Aber es wäre mir wirklich lieber, wenn sie es nicht wüssten.«
Vor den Aufzügen trat ein Schatten aus einem Seitengang und versperrte uns den Weg. Ich zuckte zusammen und konnte gerade noch ein Knurren unterdrücken. Ben berührte mich am Arm, und ich konnte spüren, dass wir beide zwischen Flucht und Angriff schwankten, einerseits zusammenbleiben wollten, um einander zu schützen, uns andererseits aber trennen wollten, um unseren Feind zu verwirren ...
Der Schatten stellte sich als Odysseus Grant heraus, der mit ernstem Blick auf uns herabsah. Er war groß, und war wie aus Stein gemeißelt. Ich war mir nicht darüber im Klaren gewesen, wie groß er war. Seine Körpergröße hatte ich der Bühnenpräsenz zugeschrieben. Er trug seinen Smoking, mit Jackett und Fliege, als sei er gerade von seiner Show gekommen. Vielleicht war er die ganze Zeit über da gewesen, und meine Einbildungskraft hatte ihn zu einem Schatten werden lassen, so dass ich mir eingeredet hatte, er sei einfach so aus dem Nichts aufgetaucht. Vielleicht hatte er auf uns gewartet
»Mr Grant«, sagte ich, atmete durch und versuchte meinen Herzschlag zu verlangsamen. Einen Mann im Smoking musste ich einfach mit Mister anreden.
»Ms Norville. Mr O’Farrell.« Er nickte Ben zu, und ich musste mich nicht fragen, ob er wusste, dass Ben ein Werwolf war oder ob er es ihm ansah. Er wusste es und quittierte den Umstand mit einem leichten Nicken. Doch woher kannte der Magier Bens Namen? »Es tut mir leid,
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