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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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sagen konnte. »Hi, ich bin Kitty Norville, ich habe eben mit Detective Gladden wegen Ben O’Farrell telefoniert.«
    Er sah gut aus, in der Art eines Mittzwanzigers auf dem Weg nach oben in dem von ihm gewählten Beruf. Außerdem schien er sein einschüchterndes Starren einzuüben, versuchte ich, an seiner Miene abzulesen, was passiert
    war, was er von Ben wusste, doch sein düsterer Blick verriet nichts. Ich riss mich zusammen und gab nicht klein bei.
    »Detective Gladden hat mich gebeten herzukommen und ein paar Fragen zu beantworten«, beharrte ich.
    Schließlich sagte er etwas. »Ich werde ihm Bescheid geben, dass Sie hier sind. Warten Sie einen Augenblick.«
    Wie ein nervöser Wolf ging ich in dem winzigen Wartezimmer des Büros auf und ab, mit seinem dünnen Teppich, Plastikstühlen und ein paar Las-Vegas-Tourismuspostern an der Wand. Was passiert in Vegas ...
    Darüber wollte ich gar nicht erst nachdenken.
    Ben war verschwunden. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Mein Verstand versperrte sich dem Gedanken. Er hatte Poker gespielt. Dieses Turnier. Verschwunden - was bedeutete das? Hatte er sich in Luft aufgelöst? Dabei kam mir Grant in den Sinn. War Ben weggegangen als niemand hingesehen hatte? Vegas war voller Menschen - hatte denn niemand etwas bemerkt?
    Wenigstens eine Antwort war offensichtlich: Wir befanden uns in einem Hotel, das eine Waffenausstellung beherbergte, mit einer Mini-Versammlung aufs Übernatürliche spezialisierter Kopfgeldjäger, die sich in der Bar trafen. Evan, Brenda, Sylvia, Boris. Jeder von ihnen könnte seine Finger im Spiel gehabt haben. Ich verschränkte die Arme fester und ging schneller auf und ab.
    Der FBl-Agent ließ mich eine Viertelstunde warten, trieb mich in den Wahnsinn. Ben konnte auf sich selbst aufpassen, sagte ich mir immer wieder. Bestimmt konnte er das. Dies war alles ein Missverständnis.
    »Ms Norville? Ich bin Detective Gladden.« Ein Mann der in etwa so aussah, wie der FBI-Agent wahrscheinlich in zwanzig Jahren aussehen würde, erschien an der Tür und streckte mir seine Hand entgegen, die ich schüttelte. Abgesehen davon wirkte er erschöpft, gequält. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und einen leicht ranzigen Geruch an sich, als trage er seit zwei Tagen denselben Anzug. Dank unseres Telefonats erkannte ich seine Stimme wieder.
    »Hi«, sagte ich. »Was ist Ben zugestoßen? Was geht hier vor?«
    »Wenn Sie hier entlangkommen, können wir uns hinsetzen und ich werde Ihre Fragen beantworten. Kaffee?«
    »Ja klar. Danke.« Er nickte dem FBI-Agenten zu, der angesichts der Aufgabe finster dreinblickte, aber trotzdem ging, um den Kaffee zu besorgen.
    Das abgedunkelte Zimmer mit den unzähligen Bild schirmen der Fernsehüberwachungsanlage, die das Ge schehen im Casino von jedem erdenklichen Winkel aus beobachtete, und die in jeder Fernsehsondersendung über die Security in den Casinos von Vegas vorkam, be kam ich nicht zu sehen. Stattdessen wurde ich an etli chen Arbeitsnischen, Schreibtischen, Computern und Aktenschränken wie in jedem anderen Büro vorbeige führt. Dies mochte ein privates Sicherheitsunternehmen sein, doch es roch und fühlte sich ähnlich an wie jedes P olizeirevier, auf dem ich je gewesen war: abgenutzte Möbel und Ausstattung, blanke Nerven, schlechter Kaffee, der schon zu lange warm gehalten wurde. Alles irgendwie einschüchternd. Das Zimmer, in das Gladden mich brachte, war wie jedes andere Polizeisitzungszimmer - wie jeder Verhörraum -, in dem ich je gesessen hatte. Es gab zwei Videobildschirme. In Vegas erhielt man die meisten Beweise auf Video.
    Der FBI-Agent brachte mir meinen Kaffee, und ich nahm ihn dankbar entgegen. Es ging mehr darum, meine Hände zu beschäftigen, als tatsächlich davon zu trinken.
    Gladden bot mir einen Platz an, und ein anderer Mann trat ein, groß und breit, mit brauner Haut, kurzrasierten Haaren, einem zurechtgestutzten Bart und durchdrin gendem Blick. Diesem Kerl entging nichts, da war ich mir ganz sicher.
    »Das ist Allen Matthews, der Leiter der Security hier im Casino.« Wir schüttelten uns die Hände, und es gelang mir, noch nervöser zu werden. Das hier hatte etwas mit dem Pokerturnier zu tun, darauf ging ich jede Wette ein.
    »Danke, dass Sie hergekommen sind, um sich mit uns zu unterhalten, Ms Norville«, sagte Matthews. »Wir hoffen, die Sache rasch aufklären zu können.«
    Und was meinte er mit »aufklären«? Ich gab mir Mühe, nicht hysterisch zu klingen, und meinte vorsichtig: »Können Sie

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