Die Stunde des Tors
eine Hütte. Ein paar kleine runde Fenster blinzelten ihnen unter Brauen aus Lehmziegeln und Schilfdach zu, während sie sich ihm näherten. Aus dem graubraunen Schornstein aus rundgewaschenen Flußsteinen kräuselte sich träge Rauch in den Himmel.
Was sie am meisten interessierte, war das Boot. Es war am seichten Ufer festgemacht, Wasser leckte sanft an seinem Rumpf. Eine sauber gefertigte Reling umlief das Deck, das ohne Zentralkabine auskam.
Ein schweres Steuerruder ruckte am Heck hin und her. Von einem Einzelmast hing müde ein Gaffelsegel über der Spier.
»Ich hoffe, unser Führer ist genauso widerstandsfähig, wie sein Boot aussieht«, meinte Talea, als sie alle auf die überdachte Veranda des Hauses stiegen.
»Gibt nur einen Weg, das heraus zufinden.« Jon-Tom duckte sich unter das Verandadach. Die Tür in der Vorderfront des Baus bestand aus altem Zypressenholz und hatte weder Fenster noch Guckloch.
Pog fand einen bequemen Querbalken, hängte sich daran und stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Nicht unbedingt luxuriösch vielleicht, aber ein friedlichesch Plätschchen, wo esch schien leben lascht. Flusche haben mir schon immer gefallen.«
»Wie kann dir irgendwas gefallen?« neckte ihn Talea, während sie zusammen mit den anderen das Haus inspizierte.
»Du siehst doch alles verkehrtrum.«
»Fischkacke«, erwiderte der Fledermäuserich mit einem Grunzen. »Ihr scheid esch, die allesch verkehrtrum schehen.«
Clodsahamp klopfte an die Tür. Nichts rührte sich. Er klopfte nochmals, kräftiger. Wieder nichts, also probierte er den Türgriff.
»Abgeschlossen«, kommentierte er knapp. »Ich könnte sie leicht aufzaubern, aber das wäre sinnlos, wenn der Eigentümer nicht zu Hause ist.« Er klang besorgt. »Könnte er vielleicht geschäftlich mit einem zweiten Boot unterwegs sein?«
»Wenn das so wäre, würde es uns nichts schaden«, setzte Jon- Tom an, »eine kleine Wartepause einzulegen, bis...«
Die Tür öffnete sich jäh nach innen. Der Frosch, der ihnen gegenüberstand, war etwas größer als Talea und erreichte nicht ganz das Maß von Mudge. Enge Schlangenhauthosen endeten direkt über den Knien, die langen Fransen an den Säumen reichten allerdings fast bis zu den Knöcheln. Sich schwach wiegend stand er da und begutachtete sie.
Er trug, passend zu der Hose, eine ebenfalls aus Schlangenhaut gefertigte Fransenweste und darunter ein Lederhemd, dessen Ärmel über den Ellbogen endeten. Die Fransen der Weste reichten von dort bis zu den Handgelenken. Eine Kette aus den großen Rückenwirbeln irgendeines mächtigen Fisches lag wie ein weißer Kragen um seinen grüngelb gepunkteten Hals.
Seine Bauchseite war von fahlem Blau, das zur pulsierenden Kehle hin in Rosa überging. Der Rest seines Körpers war dunkelgrün mit gelben und schwarzen Flecken. Verglichen mit Mudge oder Clodsahamp war die Färbung einigermaßen überwältigend, fand Jon-Tom. Der Frosch war nicht so leicht zu übersehen, selbst an einem dunklen Tag.
Er begutachtete seine Besucher eingehend, einen nach dem anderen, ließ auch Pog an seinem Balken bei dieser Examination nicht aus. Der Kopf des Famulus war herum gewirbelt, und er sah den Bootsführer neugierig an.
Der Frosch blinzelte und sagte auf eine eigentümlich monotone Weise, die sich dadurch auszeichnete, daß ihr jede freundliche oder unfreundliche Nuance fehlte: »Bar oder auf Kredit?«
»Bar«, antwortete ihm Clodsahamp. »Vorausgesetzt, daß wir eine Vereinbarung zur beidseitigen Befriedigung ausarbeiten können.«
»Von wegen beidseitig«, sagte der Frosch gleichmütig. »Ich bin es, der zufrieden gestellt werden muß.« Als Clodsahamp darauf nichts erwiderte, trat der Bootsführer kommentarlos zurück ins Haus. »Dann kommt herein. Kein Grund, da draußen im Feuchten zu stehen. Kranke Passagiere sind miese Passagiere.«
Sie gingen hinein; Jon-Tom und Flor zogen es vor, auf dem Boden zu sitzen, anstatt zu riskieren, sich die Köpfe an der niedrigen Balkendecke zu stoßen; außerdem sahen die wenigen Stühle nicht so aus, als könnten sie allzuviel Gewicht tragen.
Der Frosch ging zu einem großen Eisenofen an der Hinterwand, auf dem ein wuchtiger Kessel musikalisch vor sich hinsummte. Er hob den Deckel, rührte den Inhalt, der sich übelriechend bemerkbar machte, ein paarmal mit einer großen Holzkelle um und probierte. Er nahm ein paar Holzstreuer Von einem Regal über dem Herd, schüttete etwas von ihren pulverisierten Inhalten in den Kessel, rührte noch
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