Die Stunde des Tors
Jon-Tom und Mudge den Inhalt des Geheimfachs zum Vorschein: Münzen ergossen sich auf die Tischfläche.
Als das Zählen abgeschlossen war, zeigte sich, daß Jon-Toms hastig eingesammelte Spielgewinne sich auf achtundsechzig Gold- und zweiundfünfzig Silberstücke beliefen. »Nicht ganz genug.«
»Bitte«, sagte Flor, »reicht es wirklich nicht? Wir zahlen dir den Rest...«
»Später. Ich weiß.« Der Flußschiffer gab nicht nach. »Später ist ein anderes Wort für nie, Frau. Würdet ihr wollen, daß ich euch fast bis zum Ende des Flusses befördere, und euch dann den Rest des Weges schwimmen lasse? Aus demselben Grund werde ich nicht akzeptieren, daß ihr mir fast das festgesetzte Entgelt zahlt.«
»Wenn du genauso fähig bist wie stur, bist du bestimmt der beste Bootsführer des Flusses«, brummte Jon-Tom verdrießlich.
»Da ist noch etwas.« Talea lehnte immer noch im Türrahmen, sah jetzt aber hinaus. »Was ist mit unserem Wagen und dem Gespann?«
»Natürlich!« Jon-Tom erhob sich, stieß fast mit dem Kopf an und sah auf Bribbens hinunter. »Wir haben einen Wagen, der der Stolz jedes Bauern oder Fischers wäre. Er ist so groß, daß er uns alle und mehr bequem befördern kann, und so stabil, daß er das den ganzen Weg von Polastrindu bis hierher geschafft hat. Es gibt Geschirre und Joche, vier gesunde, kräftige Zugechsen, Ersatzräder und Vorräte, alles aus bestem Material. Wir haben ihn direkt vom Stadtrat Polastrindus bekommen.«
Bribbens schien verunsichert. »Ich bin kein Händler.«
»Sieh ihn dir wenigstens an«, drängte ihn Flor.
Der Frosch zögerte und tappte dann obeinig, Pog ignorierend, auf die Veranda. Die anderen drängten hinter ihm hinaus.
Händler oder nicht, Bribbens inspizierte den Wagen und das Gespann aufs genaueste, vom Zustand des Geschirrleders bis zu den Zähnen der Echsen.
Als er, unter dem Wagen angelangt, fertig war, krabbelte er hervor und sah Clodsahamp an. »Ich akzeptiere. Das reicht für den Fehlbetrag.«
»Wie großzügig von dir!« Caz hatte sich an dem Handel nicht beteiligt, aber sein Gesicht zeigte, daß er mit dem Ergebnis nicht sonderlich zufrieden war. »Der Wagen allein ist zwanzig Goldstücke wert. Du läßt uns abgebrannt und mittellos zurück.«
»Vielleicht«, gab Bribbens zu, »aber ich bin der einzige, der überhaupt eine Chance hat, euch abgebrannt und mittellos an eurem gewünschten Ziel zurück zulassen. Ich werde nicht mit euch streiten.« Er hielt inne und meinte dann noch: »Das Essen ist soweit, es könnte überkochen. Entscheidet euch.«
»Wir haben kaum eine Wahl«, meinte Clodsahamp, »und für den Wagen sowieso keine weitere Verwendung.« Er warf Caz einen leicht erbosten Blick zu, der drehte sich jedoch nur um und sah beleidigt auf den Fluß. »Wir stimmen zu. Wann können wir abfahren?«
»Morgen früh. Ich muß meine Vorbereitungen treffen und Vorräte einlagern. Ich schlage vor, daß ihr alle euch während dessen eine gute Mütze voll Schlaf holt.« Bribbens sah auf die Klippen, die sich im Osten erhoben.
»In die Zähne!« Er richtete eines seiner vorgewölbten Augen auf Jon-Tom. »Da drin wirst du keine Verwendung für Geld haben, und auch nicht auf der anderen Seite, falls es eine gibt. Meine Nachkommenschaft wird es hier finden, wenn ich nicht zurück komme, und es wird ihnen mehr nützen als den Toten.« Damit drehte er sich um und tappte vor sich hinsummend zu seinem Haus zurück.
Sie übernachteten wieder im Wagen; wie Bribbens kaltschnäuzig erklärte, schloß die Bezahlung nur seine Dienste und die Beförderung ein, nicht den Gebrauch seines Heims. Am folgenden Morgen war er vor der Sonne aufgestanden und, kaum daß sie wach geworden waren, bereit abzulegen. »Ich fahre gern früh los«, erklärte er ihnen, als sie sich für die Reise bereitmachten. »Bei mir erhaltet ihr Leistung für euer Geld. Ihr bezahlt für eine Tagesreise, also bekommt ihr eine Tagesreise.«
Caz rückte sein Monokel zurecht. »Durchaus angemessen, eingedenk des Umstandes, daß du wahrscheinlich für jeden Tag, den wir reisen werden, die Bezahlung eines Monats von uns erhältst.«
Bribbens sah ihn ungerührt an. »Ich habe mal einen Hasen gesehen, dem man sein ganzes Fell abrasiert hatte. Er sah ziemlich komisch aus.«
»Und ich«, erwiderte Caz mit genauso großem Selbstbewußtsein, »habe einmal einen Frosch gesehen, dessen Mund zu groß für seinen Kopf war. Er hat einen schrecklichen Unfall gehabt.«
»Was für einen Unfall?« erkundigte sich
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