Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde des Tors

Die Stunde des Tors

Titel: Die Stunde des Tors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
wußten nicht, ob der Ruf eine Warnung oder nur ein freundlicher Gruß gewesen war...

VI
    Am folgenden Nachmittag umschifften sie eine Windung des Flusses, und Jon-Tom glaubte, daß diese bestimmt ihre letzte sein müsse.
    Das Vorgebirge ringsum war unaufhörlich angestiegen. Es war beeindruckend, wurde aber von den Klippen, die jäh wie eine Wand vor ihnen aufragten, zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Wolken verhüllten ihre Gipfel, teilten sich nur kurzzeitig, um schimmernde weiße Kappen auf den höheren Erhebungen zu enthüllen - Schnee und Eis, die nie schmolzen. Gesprenkelte Kiefern, deren Reihen bis in den Dunst hineinwuchsen, schienen dünn wie Zweige.
    Die graue Klippe, die vor dem Floß aufragte, zeigte weder Einschnitte noch Fugen - solider alter Granit, unpassierbar und kalt.
    Bribbens war durch diese ungangbare Barriere weder überrascht noch beunruhigt. Er lehnte sich kräftig gegen das Ruder und wendete das Boot nach Backbord. Zuerst dachte Jon- Tom, sie würden auf die Felsbrocken, die das Ufer säumten, auflaufen, aber als sie einen massigen, scharfen Felsen umrundeten, sah er den winzigen Strand, auf den ihr Bootsführer zuhielt.
    Es war ein trockener Einschnitt in der Flanke des Berges. Warmes Wasser schwappte gegen seine Stiefel, als er das Boot zusammen mit den anderen an Land zog. Treibholz mischte sich mit den schwärzlichen Überbleibseln vieler Lagerfeuer. Die Miniaturbucht war der letzte Anlandungspunkt des Flusses.
    Zumindest des sichtbaren Flusses.
    Der Wind fiel heftig die steilen Klippen hinab. Er schien zu sagen: »Geht zurück ihr Narren! Ab hier gibt es nur noch Fels und Tod. Geht zurück!« Und eine plötzliche Bö ließ Mudge und Talea taumeln, in Richtung Westen, als wolle sie der Abreise nachhelfen.
    Jon-Tom watete in den Fluß hinaus, bis das Wasser über die Oberkante seiner Stiefel schwappte. Er beugte sich um einen großen glitschigen Felsen und konnte sehen, warum Bribbens sie in den geschützten Einschnitt gelenkt hatte.
    Einige hundert Meter stromabwärts gab es kein Stromabwärts mehr. Ein unaufhörliches Mahlen und Krachen dröhnte vom Ende des Flusses herüber. Ein ungeheures Durcheinander aus Stämmen und Äxten, Knochen und anderen Baumresten kochte wie klumpiger Pudding vor dem grauen Gesicht des Berges. Schaum brandete wie kühle Lava über Felsen und Holz.
    Er konnte wegen des Treibguts nicht erkennen, wo das Wasser in den Berg verschwand, aber von Zeit zu Zeit wurde ein Stamm oder Ast unter den Vorsprung der Klippe gesaugt, vermutlich in die darunterliegende Höhle. Die Dichte des angestauten Materials legte nahe, daß die Öffnung in der Bergflanke nur ein paar Fingerbreit über der Wasseroberfläche lag. Wäre sie höher gewesen, hätte er sie als dunklen Fleck erkennen müssen, und wäre sie niedriger, hätte der Fluß sich aufstauen und ausbreiten müssen, unter anderem auch über die Bucht, in der sie lagerten.
    Aber die Öffnung mußte ziemlich tief sein, denn der Fluß hatte sich verengt, bis er kaum mehr dreißig Meter breit war, und doch war die Strömung nicht kräftiger als üblich.
    »Was tun wir jetzt?« Flor war neben ihn gewatet. Sie sah zu, wie Stämme von mehreren Metern Durchmesser herumwirbelten und gegen den Fels schlugen. Sie waren mit Wasser vollgesogen und mußten mehrere Zentner wiegen. »Es gibt keine Möglichkeit, irgendwas von dem Zeug gegen eine solche Strömung flußaufwärts zu bringen.«
    »Das macht sowieso nichts«, erklärte er ihr. »Selbst wenn Clodsahamp sie beiseite zaubern könnte, wäre die Öffnung immer noch zu niedrig, um ein Boot durchzulassen.«
    »So scheint es.« Bribbens stand auf dem Ufersand hinter ihnen. Er holte Vorräte aus dem Boot. »Aber wir werden so auch gar nicht hinein gelangen. Das heißt, wir werden schon, andererseits aber auch wieder nicht.«
    »Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte Jon-Tom. »Wart's ab. Du bezahlst dafür.« Bribbens grinste breit. »Warum, glaubst du, wird der Sloomazayorle-Weentli auch der Doppel-Fluß genannt, der Zweifache Fluß?«
    »Ich weiß nicht.« Jon-Tom ärgerte sich über seine Unwissenheit. »Ich dachte, daß er sich irgendwo flußaufwärts gabelt. Das erklärt mir aber nicht, wie wir hier durchkommen«, er deutete auf die mahlende, rumpelnde Masse Treibgut.
    »Das stimmt schon, sofern du Bescheid weißt.«
    »Was machen wir also als erstes?« fragte er; er war der Rätsel müde.
    »Zuerst nehmen wir alles, was schwimmt, vom Boot herunter«, ordnete der Schiffer

Weitere Kostenlose Bücher