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Die Stunde des Wolfs

Die Stunde des Wolfs

Titel: Die Stunde des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Furst
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hinuntergelassen wurde. Zuerst die Kisten, mit schablonengemalten Markierungen: Landminen, 76-mm-Panzergranaten .303 Munition, dann die Bomben, 250- und 500-Pfünder, die bis zur Decke des Laderaums liegend gestapelt wurden. Fünftausend Tonnen insgesamt und weitere, die an Deck befördert werden mussten. Sodann vier Panzer, die vor der Brücke festgebunden wurden, und vorn am Bug zwei Hurricane-Kampfflugzeuge.
    »Du lieber Gott«, sagte Ratter leise. »Wenn was passiert, brauchen wir Tage, bis wir wieder runterkommen.«
    Sie waren die ganze Nacht beschäftigt, und das bei Flutlicht, trotz der Gefahr deutscher Luftangriffe. Alexandria war schon einmal bombardiert worden, und dabei würde es vermutlich nicht bleiben, doch der Konvoi musste beladen werden, und das hieß durchmachen, bis sie fertig waren. Auf der Noordendam arbeiteten sie in Zwölf-Standen-Schichten, mit vier Stunden Schlaf und Butterbroten zu jeder Mahlzeit. De Haan war an Deck und kniete neben Van Dyck – der beim Austausch eines defekten Gangs zum Schutz gegen den heißen Stahl Handschuhe trug –, als sein Arzt erschien.
    Er hatte keine rechte Vorstellung davon gehabt, was ihn erwarten würde. Vielleicht ein Sanitätsoffizier im Ruhestand, der mit seiner Frau im billigen und exotischen Alexandria lebte. Doch so jemand stand nicht am Fuß der Gangway, wo ein britischer Marine-Infanterieposten hinaufrief, »Sagt, er möchte zum Kapitän.«
    »Schicken Sie ihn rauf.«
    Der Mann stieg mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen langsam und vorsichtig, die weiße Hand an dem Seil, das als Reling diente, die Gangway hoch, damit er nicht ins Wasser fiel und von einem Meeresungeheuer verschlungen wurde.
    »Sind Sie Kapitän De Haan?«, fragte er, indem er einen Blick auf einen Zettel warf. »Bin ich auf dem richtigen Schiff?«
    Und was für eine Sprache war das? Kein Holländisch, aber auch nicht ganz Deutsch. Jiddisch demnach, und De Haan wusste genau, was Dickie getan hatte, und empfand unwillkürlich eine Woge der Bewunderung für ihn.
    Der Mann war in den Zwanzigern, trug einen weiten, schwarzen Anzug, eine schmale, schwarze Krawatte, ein weißes Hemd – nach wochenlangem Waschen in Hotelbecken nunmehr grau – und einen schwarzen Hut, vielleicht eine Nummer zu groß. Er hatte eine hohe Stirn und einen besorgten, fragenden Blick – ein hoffnungsvolles Gesicht, auf Enttäuschungen gefasst, mit vorsorglich hochgezogenen Schultern. »Ich heiße Shtern«, sagte er.
    Die Crew an den geöffneten Laderäumen ließ sich nach De Haans Geschmack zu sehr von dem Besucher ablenken, und so nahm er ihn mit in den Kartenraum, wo sie sich an der geneigten Arbeitsfläche auf Schemel setzten.
    »Dr. Shtern, willkommen auf der Noordendam«, sagte De Haan auf Deutsch, »auch wenn sie im Moment gerade Santa Rosa heißt.«
    »Doktor? Also, beinahe.«
    »Sie sind kein Doktor?«
    »Ehemaliger Medizinstudent, Herr Kapitän, für drei Jahre, in Heidelberg.«
    »Sie sind Deutscher?«
    »Jetzt eigentlich gar nichts mehr so recht. Ursprünglich stammen wir aus der Ukraine, aus einer kleinen Stadt.«
    »Drei Jahre«, sagte De Haan, »aber Sie können alles, was ein Doktor so tun muss, nicht wahr?«
    »An Leichen habe ich ausgiebig gearbeitet. Leider haben sie uns gezwungen, Deutschland zu verlassen, und ich musste aufhören.«
    »Dann sind Sie von Deutschland hierher nach Alexandria gekommen?«
    »Also, für eine Zeit lang nach Antwerpen, bis wir versucht haben, nach Palästina zu kommen. Wir konnten es vom Schiff aus schon sehen, aber die Engländer haben uns verhaftet, und wir kamen in ein Lager auf Zypern. Nach ein paar Monaten dann durften wir hierher.«
    »Was wir hier auf dem Schiff brauchen, Herr Shtern, ist ein Doktor, also sind Sie, wenn es Ihnen recht ist, von jetzt an Dr. Shtern.«
    »Mir ist alles recht, Herr Kapitän, so lange Sie dafür sorgen können, dass meine Frau Geld bekommt – es ist sehr schwer für uns gewesen. Wir sind Juden, Herr Kapitän. Flüchtlinge.«
    »Wir?«
    »Meine Frau und drei Kinder, noch klein.« Er lächelte voll Stolz.
    »In der Handelsschifffahrt wird die Besatzung gewöhnlich am Ende einer Reise bezahlt, egal wann, aber wenn Sie uns sagen, wo genau das Geld hingehen soll, können wir es auch telegrafisch an Ihre Frau überweisen lassen.«
    »Haben Sie eine Lazarettapotheke? Instrumente?«
    »Wir besorgen Ihnen alles, was Sie brauchen. Noch heute, Dr. Shtern.«
    »Und, Herr Kapitän, darf ich wohl wegen des Geldes

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