Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
»Dann bin ich nach Har’punaptra gegangen und habe Nova getroffen. Ich meine Pienova Nord, Sohn von Kapitän Neremias No …«
»Du bist aus den Trümmern des Schiffs gestiegen und nach Har’punaptra gegangen. Keine Verletzungen?« Der Vorsitzende der Magierschaft runzelte die Stirn.
»Ja … also, nein. Meine Rippen waren gebrochen. Aber sie sind wieder heil.«
Palairons buschige Augenbrauen berührten fast den Haaransatz.
»Jemand hat mich gefunden. Also, gerettet. Ihm verdanke ich mein Leben.«
Ein Raunen ging durch die Halle. Auf eine Geste Palairons hin erstarb es so augenblicklich, dass er vielleicht mit Magie nachgeholfen hatte. »Wer ist dein Retter? Hat er auch einen Namen?«
Hel hörte ihr Herz schlagen. Sie öffnete den Mund. »Ich … weiß nicht. Er hat mir seinen Namen nicht verraten.«
Die Magier starrten sie durchdringend an. Hel war sich
fast sicher, dass sie die Lüge in ihren Augen ablesen konnten.
»Das ist nun sehr wichtig«, begann Palairon mit dunkler Stimme. »War der Mann, der dich gefunden hat, einer aus dem Isenvolk?«
Die Frage war so unerwartet, dass Hel sie erst gar nicht verstand. »Äh, nein. Nein, er war kein Ise.«
»Bist du sicher?«, hakte eine der Magierinnen nach und lehnte sich vor. Hel nickte. »Ich bin ganz sicher.«
Die Magier auf der Empore tauschten Blicke. Dann wandte sich die Frau abermals an sie: »Du sagtest, du hättest ein Funkeln im toten Land gesehen, bevor das Schiff angegriffen wurde. Wie dürfen wir das verstehen? War da jemand?«
»Nein, ich kann, ich sehe Lirium. Im Land. Ich habe diese zweite Sicht … alles Lebendige hat eine Aura. Ein Licht. Wie bei Geistern.«
Palairon und der Magier zu seiner Rechten, ein hagerer Mann mit wässrigen Augen, nickten; offenbar wussten sie von ihrer Gabe, während alle anderen verblüfft dreinblickten. Als keiner mehr eine Frage vorbrachte, erhob er sich.
»Vielen Dank für deinen Bericht, Hel. Wir würden uns gerne noch mit dir unterhalten, am besten gleich anschließend. Solange darfst du wieder Platz nehmen.«
Hel verneigte sich und kehrte zurück. Erst als sie wieder saß, sickerten die Worte zu ihr durch. Mit ihr unterhalten … ein Übelkeit erregendes Flattern breitete sich in ihr aus. Wieso hatte sie ihnen Mercurins Namen nicht genannt? Sie wusste es nicht, und doch spürte sie, dass sein Name ein Geheimnis war, das sie hüten musste. Nur durch Zufall hatte sie ihn erfahren - das gab ihr nicht das Recht, ihn zu verraten. Auch wenn es vielleicht keine Rolle spielte, Mercurin hatte ihr das Leben gerettet, und alles, was sie ihm dafür geben
konnte, war ihre Verschwiegenheit. Ob sie sich je wiedersahen oder nicht, ob er es jemals erfuhr oder nicht - er konnte sich auf sie verlassen.
Hel war so vertieft in ihre Gedanken, dass sie den Magiern nur halb lauschte. Doch dann merkte sie, dass es still geworden war, und sah auf. Palairon stand noch immer, den Mund zu einem schmalen Strich zusammengekniffen. Hel hatte nicht mitbekommen, was er gerade gesagt hatte, doch die Anspannung in seiner Miene verhieß nichts Gutes. Als er wieder zu sprechen begann, war sie einen Moment sicher, dass sie sich verhörte.
»… also müssen wir heute mit Bedauern verkünden, dass die Liga der Sturmjäger bis auf Weiteres aufgelöst ist.«
Chaos brach aus. Doch kaum waren die Sturmjäger aufgesprungen, erscholl ein dumpfer, alles erschütternder Knall: Der Stab des Magiers bebte. Hel biss sich auf die Lippe, aus Angst, einen Schreckenslaut auszustoßen.
Eisige, unwirkliche Stille umwehte Palairon. Die Säume seines Gewandes zitterten. »Wir haben die Entscheidung nach sorgfältiger Überlegung getroffen, meine Freunde. Die Liriumerträge der letzten zwei Jahre konnten nicht einmal zur Hälfte decken, was wir aus unseren Vorräten, den Vorräten von Jahrhunderten, entnehmen mussten. Wir alle wissen …« Er räusperte sich. »Wir wissen alle, dass das Land ausstirbt. Und hier in Aradon sucht man dringlichst nach Lösungen für das Problem. Seid versichert, dass wir einen Weg finden werden. Doch die Angriffe auf unsere Schiffe erfordern rasches Handeln.« Palairon nahm seinen Stab und schritt die Empore herab. Mit langsamen Schritten ging er die Reihen der Sturmjäger entlang. »Fünf Schiffe wurden angegriffen. Fünf von zweiundzwanzig! Innerhalb einer
Mondphase. Solange wir nicht wissen, wer hinter den Angriffen steckt, und wir unseren Gegner nicht unschädlich gemacht haben, riskiert jeder, der sich auf Sturmjagd
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