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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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aus jedem seiner Mäuler Flammen spie. Auf seinem Rücken ritt ein Weib mit lüsternen Zügen, gehüllt in kostbarste Gewänder, die doch in all ihrer Üppigkeit kaum ihre Scham bedeckten. Umgeben war das Ungeheuer von einem halben Dutzend Engel mit brennenden Schwertern, die den Drachen in Schach zu halten versuchten. So echt wirkten all diese Gestalten, die auf die Seite eines großen Planwagens gemalt waren, dass Gabriela für einen Augenblick wie versteinert stehen blieb.
    »Dort sah ich eine Frau auf einem scharlachroten Tier sitzen, das über und über mit gotteslästerlichen Namen beschrieben war und sieben Köpfe und zehn Hörner hatte. Die Frau war in Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold und Edelsteinen und Perlen geschmückt. Sie hielt einen goldenen Becher in der Hand, der mit dem abscheulichen Schmutz ihrer Hurerei gefüllt war.« Ein Mann in einem grauen Radmantel sprang vom Kutschbock und landete neben Gabriela. Sein Gesicht war fast gänzlich hinter einem dicken, roten Wollschal verborgen. Auf dem Kopf trug er eine riesige abgewetzte Pelzmütze wie die Kosaken, die in Diensten der Zarin von Russland standen. Darunter lugten graue Augen hervor und musterten Gabriela mit spöttischem Blick. In der Rechten hielt der Kerl einen großen Bronzepokal, über dessen Rand unheimlicher, roter Rauch quoll.
    »Ich habe sie gesehen, die Hure Babylon«, tönte eine dunkle Stimme. »Heute regiert sie in den Straßen von Paris und in den Gemächern der Pompadour. Sie hat mir ihren Kelch geliehen und … « Fauchend schlug eine helle Flamme aus dem Pokal. Gabriela hörte hinter sich Branko aufschreien. Sie selbst war von dem hellen Licht so geblendet, dass ihr die Augen tränten.
    Der Fremde verbeugte sich und lachte dabei lauthals. »Wer sein Leben dem Studium des Feuers weiht, der muss ein Weiser oder ein Narr sein! Manche gar wähnen, dass nur wenige Männer auf Erden wandeln, die den Flammen der Hölle so nahe sind wie ich. Doch was schert es mich, solange ich es verstehe, das Feuer nach meinem Willen zu formen. Gestattet, dass ich mich vorstelle … Magister Gregorius, der jüngste und umstrittenste unter den Meistern aus der Zunft der Nürnberger Feuerwerker.«
    Gabriela machte einen fast formvollendeten Hofknicks. »Gabriela Plarenzi, geborene von Bretton. Die Nichte des Festungskommandanten. Ich heiße Euch willkommen in Olmütz und hoffe sehr, dass Ihr ein wenig Feuer in diese gar zu ruhige Stadt bringen werdet.« Sie lächelte zweideutig.
    Der Feuerwerksmeister schob seinen Schal zur Seite und erwiderte ihr Lächeln. Dann zog er seine Pelzmütze, um sich zu verbeugen. »Das Feuer zu bringen, ist mir nicht nur eine Berufung, sondern auch ein ausgemachtes Vergnügen, wenn ich von so zartem Munde darum gebeten werde und … «
    »Magister Gregorius! Endlich!« Der General trat hinter dem hohen Planwagen hervor. »Sapperlot, wo habt Ihr nur so lange gesteckt. Ich dachte schon, ich müsste Euch noch einen Reiter schicken.«
    »Nun, der hätte wohl lange nach mir suchen müssen. Auf Tage hab ich mit meinen Männern in den Bergen bei Domstadl im Schnee festgesessen. Wir mussten warten, bis die Pässe wieder halbwegs frei waren, und sind froh, dass wir es überhaupt noch in diesem Jahr geschafft haben.«
    Gabriela bemerkte, wie ihr Onkel die Brauen runzelte. »Bei Domstadl? Ihr kommt also aus dem Schlesischen?«
    Der Feuerwerker hielt dem Blick des Festungskommandanten stand. »Gewiss, daher komme ich. Vor einem Monat erst habe ich bei Brandenburg ein kleines Feuerwerk abgebrannt. Ich hoffe, Ihr stört Euch nicht daran.«
    Von Bretton räusperte sich leise. »Bei den Preußen also wart Ihr … «
    »Kommt, vergesst Euren Ärger, Freund! Wäre ich ein Kriegsmann, müsste man mich wohl einen Söldling nennen, denn meine Dienste kann jeder erwerben, der sie zu bezahlen weiß. So sind schließlich auch wir zueinandergekommen, Herr General. Doch keiner meiner Dienstherrn hat sich bislang über mangelnde Loyalität beklagen müssen.«
    »Gut«, grunzte der Festungskommandant kurz angebunden, und Gabriela kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er dem Feuerwerker seinen Ausflug nach Preußen noch längst nicht vergeben hatte. »Wenn ich Euch einen Rat geben darf, Magister … Unterlasst in Zukunft solche Kapriolen wie Euren Spaß, mit dem Ihr meine Nichte zu beeindrucken suchtet. Ich habe Euch von der Treppe aus beobachtet und muss Euch darauf hinweisen, dass der Bischof von Olmütz ein äußerst gestrenger und

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