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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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soll.«
    Gabriela war inzwischen zu ihrem Onkel ans Fenster getreten. Auf dem Exerzierplatz bemerkte man sie. Einzelne Gestalten zeigten zu dem Fenster hinauf. Missbilligend stellte von Bretton fest, dass es seiner Nichte zu gefallen schien, wenn fremde Männer auf sie zeigten. Offensichtlich kannte sie keinerlei Schamgefühl … Zumindest nicht in diesen Dingen.
    »Ich denke, unser Jäger sollte in jedem Fall persönlich erzählen, wie er den Wolf zur Strecke gebracht hat. Bei dieser Gelegenheit solltest du erklären, dass du gedenkst, ihn in Zukunft wirklich als Meldereiter einzusetzen, weil er so trefflich bewiesen hat, dass er auch in Gefahr einen kühlen Kopf zu bewahren vermag. So mag er manchmal tagelang verschwunden sein, um dann wieder in deinem Hause aufzutauchen und sich zum Beispiel an einer deiner Jagdgesellschaften zu beteiligen.«
    Der General hatte ein Gefühl, als würde ihm der Boden unter seinen Füßen weggezogen. Schwer stützte er sich auf das Fenstersims und starrte seine Nichte fassungslos an. »Habe ich das richtig verstanden? Du beabsichtigst, immer wieder in die Haut des Mannweibs zu schlüpfen!«
    »Dafür kann ich dir versichern, dass ich mich als deine Nichte in Zukunft immer damenhaft verhalten werde. Sieh den Jäger als die Verkörperung meiner schlechten Eigenschaften, die mir nur deshalb zum Nachteil gereichen, weil ich eine Frau bin. Wenn ein Kanonier aus deinem Regiment den Wolf erlegt hätte, würde man die Kühnheit deiner Männer rühmen. War es hingegen deine Nichte, ist dieselbe Tat ein Skandal. Mein Vater hat mich wie einen Knaben erzogen … Gestattete mir, dass ich mich wenigstens im Schutz einer Maske so verhalte, wie ich es gelehrt worden bin. Als Dame vermag ich nicht zu bestehen … Glaube nicht, dass ich nicht wüsste, wie man über mich redet. Dass man über meinen festen Schritt lächelt. Ich verstehe mich nicht auf Handarbeiten und die geschliffenen Sticheleien, die die Frauen deiner Offiziere austauschen, wenn sie sich des Nachmittags treffen. Es langweilt mich auch, Voltaire und die anderen großen Franzosen zu lesen und mir bei der Auslegung ihrer Schriften den Geist zu verrenken. Doch all dies will ich auf mich nehmen, wenn du mir gestattest, wenigstens manchmal in die Gestalt des kühnen Jägers zu schlüpfen.«
    »Du gelobst also, dass mein Leben ruhiger werden wird, wenn ich dir meinen Segen zu diesem infamen Schwindel gebe!«, grollte von Bretton düster. »Wie kann ich ruhig sein, wenn mit meinem Wissen jeder meiner Männer betrogen wird? Wenn ich dein Ansinnen dulde, dann mache auch ich mich zum Betrüger. Ich war ein aufrichtiger Mann, bis du in mein Leben getreten bist. Was im Namen aller Heiligen habe ich getan, dass mir der Herrgott eine solche Prüfung auferlegt?«
    »Habe ich denn ein Unrecht getan?«, entfuhr es Gabriela.
    »Das fragst du noch? Wenn Gott es gewollt hätte, dass du die Taten eines Mannes vollbringst, so hätte er dir wohl auch den Leib dazu geschenkt.« Von Bretton schüttelte den Kopf. »Wie einen Keiler auf der Hatz hast du mich in die Enge getrieben! Was soll ich nun tun? Einen Kirchenmann rufen und dein gottloses Treiben offen kundtun? Man würde mir das Kommando entziehen, wenn ruchbar würde, was in meinem Hause geschieht. Also werde ich es auch weiterhin dulden müssen, Nichte. Doch eines rate ich dir! Treibe es mit deinen Torheiten nicht zu arg! Sonst werde ich höchstselbst dein Richter sein! Lieber werde ich mein eigen Fleisch und Blut richten, als zu dulden, dass der Name von Bretton auf alle Zeit mit Schande besudelt sein wird. Und nun geh! Es mag sein, dass ich den klug ersonnenen Betrug nicht zu verhindern mag, doch sei gewiss, wo immer man dich als Mann antrifft, werde ich nicht zu finden sein!«

7. KAPITEL
    Vom Hof ertönte der Lärm schwerer, eisenbeschlagener Räder. Gabriela beendete ihr Gespräch mit Branko, um aus den Ställen zu treten und nachzusehen, wer dort gekommen war. Es waren nur noch zwei Wochen bis zum Christfest, doch in diesem Jahr kam der Winter ungewöhnlich spät, und obwohl der Frost mit seinem eisigen Atem im Land regierte, war kaum Schnee gefallen. Von allen Schornsteinen der Stadt stieg graublauer Rauch in den kristallklaren Himmel und wurde von den eisigen Böen, die über die spitzen Giebel der Bürgerhäuser hinwegjagten, schneller zerrissen als eine verirrte Ziege von einem Rudel ausgehungerter Wölfe.
    Als Gabriela aus dem Stall trat, erhob sich vor ihr ein siebenköpfiger Drache, der

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