Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
ohne deine Eltern zurechtkommst. Ich möchte mich gern hier umsehen. Wie wäre es, wenn du mich durch euer Haus führst?"
Anstatt Phil die Hand zu geben, zog sie Einweghandschuhe über ihre knochigen Finger und eine Folie mit Gummizug über jeden ihrer blank geputzten Schuhe. Anschließend steuerte sie schnurstracks auf das Arbeitszimmer zu. In der Tür zuckte sie zurück, als wäre ein Blitz vor ihr niedergegangen.
„Bei uns ist eingebrochen worden. Die Polizei war schon hier", entschuldigte sich Phil.
Frau Zimlicke warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Soso, wann war das denn?"
„Gerade eben – wir hatten noch keine Zeit zum Aufräumen." Im Gästezimmer herrschte ebenfalls Chaos. Einzelne Socken und eine zerknautschte Unterhose lagen vor der Tür. Frau Zimlicke machte ein Gesicht wie jemand, der eine sonnengereifte Abfalltonne inspiziert, und zog es vor, den Raum nicht zu betreten.
„Das ist mein Zimmer, das heißt, ich wohne vorübergehend dort. Ich bin für die Sicherheit des Jungen zuständig", ließ sich Arne vernehmen. Mit seiner Dienstmarke berührte er um ein Haar ihre Nasenspitze.
„Soso, für seine Sicherheit also." Die Frau starrte zuerst auf seine buschigen Haare und dann auf die ausgefranste Jeans. „Als Vorbild für einen Minderjährigen scheinen Sie mir, zumindest, was die Ordnung betrifft, eher ... ungeeignet."
Arne strahlte sie an. „Verehrte Kollegin, lassen Sie sich um Himmels willen nicht von Äußerlichkeiten täuschen. Wichtig ist es doch in erster Linie, den jungen Menschen innere Werte zu vermitteln. Und da ist Phil Marten bei mir in den allerbesten Händen."
Daraufhin entspannten sich die verkniffenen Züge der Frau ein wenig, bis sie einen Blick in Phils Zimmer und das Schlafzimmer seiner Eltern geworfen hatte. Mit angewidertem Gesichtsausdruck holte sie einen Schreibblock aus ihrer Handtasche und begann, mit einem Rotstift verdächtig viele Notizen zu machen.
„Darf ich mal einen Blick in die Küche werfen, meine Herren?", fragte sie. Ohne eine Antwort abzuwarten, stolzierte sie die Treppe hinunter. Die Schutzfolie raschelte unter ihren Absätzen. In der Diele zögerte sie einen Augenblick. Offenbar war sie nicht sicher, welche Tür sie nehmen sollte.
„Immer der Nase nach", rief Arne fröhlich. „Hab ich was Falsches gesagt?", raunte er Phil zu, als Frau Zimlicke die Küchentür so heftig aufriss, dass sie gegen den Türstopper knallte.
Lu stellte gerade eine Schüssel mit dampfendem Inhalt auf den Tisch. Frau Zimlicke beugte sich über die bräunliche Flüssigkeit, in der kleine Nudeln schwammen. Ihre Nasenflügel blähten sich. „Was ist das?"
„Gnädige Frau, es handelt sich hierbei um Wurstsuppennudeln. Belieben Sie, mit uns zu speisen?" Lu machte eine besonders galante Verbeugung.
„Nein, danke. Im Übrigen bezweifle ich die Nahrhaftigkeit dieser ... Brühe. Ein heranwachsender junger Mann braucht doch vor allem Gemüse und Fleisch. Ich vermisse beides."
„Er bekommt jeden Tag gesunde Kost, nur heute war das aus gegebenem Anlass unmöglich", erklärte Lu. Seine Augen begannen zu flackern.
Phil befürchtete, dass Lu mit der Situation überfordert war, und kam ihm zu Hilfe: „Lu macht alles selbst, am besten kann er Spagetti und Pizza."
„Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen."
„Nein, nein, Sie verstehen das falsch, bei uns gibt es nicht nur Pizza und Nudeln. Lu kocht die außergewöhnlichsten Sachen, so was kennen viele gar nicht", startete Phil erneut den Versuch, die Dinge ins rechte Licht zu rücken.
„Das reicht mir. Ich denke, ich habe genug gesehen." Frau Zimlicke klappte ihren Schreibblock zu. „Ich werde von nun an regelmäßig nach dem Rechten sehen. Sollte ich das Gefühl haben, dass der Junge in diesem", sie rümpfte die Nase, „Haushalt nicht anständig versorgt wird, werde ich die erforderlichen Schritte in die Wege leiten."
In Phils Kopf wurde die erste Warnstufe ausgerufen. „Was heißt erforderliche Schritte?"
„Nun, möglicherweise bist du woanders besser aufgehoben. Ich werde diesen Sachverhalt prüfen." Beim Einstecken des Schreibblocks achtete Frau Zimlicke darauf, dass die Ecken nicht geknickt wurden. „In solchen Angelegenheiten bin ich sehr gewissenhaft", fügte sie hinzu. „Also, dann will ich Sie nicht länger davon abhalten, Ihre Brühe zu sich zu nehmen. Guten Tag, die Herren!" Erhobenen Hauptes verließ Frau Zimlicke das Haus.
Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, schimpfte Phil: „Diese hochnäsige
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