Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
braune Ohren auf.
„Ein Hase", stellte Leo erleichtert fest.
Schon beim ersten Rascheln hatte Manne seinen Bogen gespannt. Mit der Pfeilspitze verfolgte er jede Bewegung im Gras.
Der Hase hoppelte ein Stück auf Leo zu, dann setzte er zum Sprung an. Mitten in der Luft durchbohrte ihn der Pfeil. Das Tier erschlaffte und fiel zu Boden. „Aber das war doch nur ein Hase", rief Leo erschüttert.
„Das war nicht irgendein Hase, das war der Gemeine Zehenbeißer. Du hast ihn mit der Wurst angelockt." Manne zog den Pfeil aus dem Tier, wischte ihn an einem Grasbüschel ab und steckte ihn wieder in seinen Köcher. Danach packte er den Hasen bei den Ohren und zog das Mäulchen auseinander. Zum Vorschein kam die kleinere Ausführung eines Raubtier-Gebisses.
„Er verbeißt sich in den Zehen seines Opfers und bringt es auf diese Weise zu Fall. Dann macht er sich darüber her."
Leo schüttelte sich. „Der hat schon so einen fiesen Gesichtsausdruck." Während Manne mit dem Hasen hantierte, hatte Phil das merkwürdige Empfinden, dass außer ihnen noch jemand da war. Blitzschnell wirbelte er herum. Für den Bruchteil einer Sekunde glühte zwischen den Blättern der Kastanie ein rotes Augenpaar. Oder hatte er sich das nur eingebildet? Phil wollte um den Baum herumlaufen, blieb jedoch mit der Fußspitze an der Wurzel hängen und stürzte.
„Nanu, was hat dich denn umgehauen?" Manne lachte nicht, dagegen wieherte Leo wie ein Pferd. „Mensch, Phil, für so was bin ich doch zuständig."
Phils Kopf schnellte nach oben, doch in der Baumkrone gab es weder rote Augen noch etwas anderes Verdächtiges. Wahrscheinlich hatte er sich getäuscht.
„Ich dachte, ich hätte was gesehen." Phil rappelte sich wieder auf. Dabei fiel sein Blick in einen Hohlraum, den die Wurzel des Baumes an einer Stelle bildete. Auf dem Boden schimmerte etwas Hellblaues, das ihm irgendwie bekannt vorkam. Er griff in das Loch und angelte ein kleines Seidentuch heraus. „Das gehört meiner Mutter!", rief er. In eine Ecke waren ihre Initialen gestickt worden: A. M.
„Möglicherweise wollte sie ein Zeichen hinterlassen. Wie konnte ich das übersehen?" Der Hase flog ins Gras und Manne umrundete die Kastanie.
Währenddessen faltete Phil das Tuch auf die Größe seiner Hosentasche zusammen und steckte es ein.
„Wir suchen weiter." Manne warf sich den Hasen über die Schulter. „Bleibt immer in meiner Nähe!"
„Es gibt nichts, was ich im Moment lieber täte", murmelte Leo, der vor jedem Schritt das Gras nach braunen Ohren absuchte.
Stück für Stück durchkämmten sie das Gebiet um die alte Kastanie herum. Phil wurde das unbestimmte Gefühl nicht los, dass sie beobachtet wurden, doch so oft er sich auch umdrehte, rote Augen bekam er nicht noch einmal zu Gesicht. Mit der Zeit gab er es auf, ständig nach hinten zu gucken.
Erst als die Dämmerung einsetzte, machten sie sich auf den Heimweg. Frida erwartete sie bereits. Sie hatte das Abendessen vorbereitet und die Terrasse mit Fackeln und Kerzen in ein Lichtermeer verwandelt.
Während Manne den Hasen in einem luftigen Holzschuppen am Ende des Gartens aufhängte, zeigte Phil Frida das Tuch seiner Mutter. Weshalb er darüber gestolpert war, behielt er für sich. Frida bewunderte den zarten Stoff. Anschließend entschuldigte sie sich für ihre Taktlosigkeit und strich Phil tröstend über den Arm.
Bevor Manne ging, fragte Phil, ob er sich genau daran erinnern könne, wer von seinen Eltern den Digitalisierer bei sich hatte.
„Das war dein Vater", antwortete Manne ohne Zögern. „Er hatte den schwarzen Kasten in der Hand, als er entführt wurde. Warum?"
„Ach, nur so."
„Glaubst du, deine Mutter hat deinen Vater allein zurückgelassen?", mischte Frida sich ein.
„Nein, auf keinen Fall! Außerdem wären wir uns zu Hause begegnet", erwiderte Phil schnell.
Manne strich sich über den verfilzten Bart. „Mein Instinkt sagt mir, dass wir deine Mutter bald finden, und auf meinen Instinkt konnte ich mich bisher immer verlassen." Er winkte kurz und verschwand in der Dunkelheit.
„Dass er sich nicht gruselt", flüsterte Leo.
Frida schmunzelte. „Manne fürchtet sich vor nichts und niemandem."
Herr Bertoli
Am Sonntagmorgen erwachte Phil mit knurrendem Magen. Er erinnerte sich an den Proviantbeutel und tastete nach seinem Rucksack. So leise wie möglich zog er den noch unberührten Beutel heraus und beförderte dessen Inhalt auf seine Bettdecke. Sofort roch es im ganzen Zimmer nach frisch geräucherter
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