Die Suche nach der Sonne
die Landschaft unter ihnen endlos erstreckte.
Aus diesen Informationen schlossen sie, daß die Käfigwelt bewohnbar war. Der Computer berechnete einen Kurs, der sie um die Käfigwelt herum zu dem Loch auf der gegenüberliegenden Seite der Mars-Schale führen sollte. Sie drängten sich gespannt in der Beobachtungskuppel, um die großen Städte zu erspähen, die sie jeden Augenblick überfliegen würden. Sie alle waren auf der Mars-Schale aufgewachsen, auf der die durchschnittliche Bevölkerungsdichte bei über 5000 Einwohnern pro Quadratkilometer lag. Deshalb rechneten sie für die 500 Millionen Quadratkilometer Oberfläche der Käfigwelt mit über einer Billion Einwohner, immer vorausgesetzt, daß sich Zeus an die übliche Aufteilung von Land und Wasser gehalten hatte. Angesichts der Knappheit an Siedlungsraum in Solaria schien es unvorstellbar, daß Zeus ein derart riesiges Gebiet unbevölkert gelassen haben könnte. Trotzdem legten sie über 2000 Kilometer zurück, ohne eine einzige Siedlung zu erblicken.
Der Anblick der endlosen leeren Flächen, die sich offensichtlich zur Besiedlung eigneten, hatte etwas Zermürbendes an sich. Hier war ein Meer, dort lag eine Landenge und dort eine riesige, fruchtbare Ebene, die nur von Seenketten und Flüssen unterbrochen wurde – ihre Anordnung erschien willkürlich, ja launisch. Die Größenverhältnisse der Landschaft waren viel kleiner als auf der Mars-Schale, aber trotzdem waren alle Charakteristika vorhanden. Der Flug über den menschenleeren Planeten hatte etwas Unwirkliches an sich.
Maq nahm den Speicherchip, den ihm Land-a gegeben hatte, und führte ihn in den Leseschlitz des Computers ein. Vielleicht konnte er das Rätsel lösen. Die ersten Daten beschrieben die physikalischen Parameter des Kraterrands von Han-sa-Arim. Er schloß daraus, daß ein ähnlicher Flug bis an diese Stelle bereits stattgefunden hatte. Die Schockwelle, die sie beim Einflug in den Zwischenraum erfaßt hatte, wurde allerdings nicht vermerkt, und viele der Zahlen zu M13 waren vage, ganz so, als ob man sie gefolgert und nicht gemessen hätte. Entweder war ihr Flug der erste, der bis zu der Käfigwelt vorgedrungen war – oder ihre Vorgänger waren nie zurückgekehrt, um Bericht zu erstatten.
Er wollte die Daten gerade an den Computer weiterleiten, als er eine Fußnote bemerkte, die offensichtlich von menschlicher Hand eingefügt worden war. Sie lautete:
DIE EXOSPHÄRISCHE BEOBACHTUNG VON M13 DEUTET DARAUF HIN, DASS ES SICH BEI IHR UM EINE RANDWELT HANDELT, ALSO EINE WELT, DIE NICHT DEN SPEZIFIKATIONEN FÜR MENSCHLICHE BESIEDLUNG GENÜGTE. M13 WAR WAHRSCHEINLICH ZUMINDEST TEILWEISE BESIEDELT, ABER DIE KÄFIGWELT WIRD NICHT MEHR IM SOLAREN REGISTER GEFÜHRT. ES IST DAVON AUSZUGEHEN, DASS SIE UNBESIEDELT IST.
»Maq«, Sine Anura war am Interkom, »wir sehen einige seltsame Formen am Horizont. Sie könnten natürlichen Ursprungs sein, aber der Radar zeigt einige größere Objekte an, die vielleicht Gebäude sind. Sollen wir sie uns ansehen?«
Ancor warf dem Bildschirm einen wehmütigen Blick zu. »Werden wohl kaum Gebäude sein. Aber wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, ist es Zeit, die Waffen zu entsichern.«
Kapitel 9
Als sie näher herankamen, zeigte sich, daß sich sowohl Ancor als auch Sine Anura getäuscht hatten. Es gab Gebäude, aber nicht dort, wo Ancor sie vermutet hatte, und sie waren klein und offensichtlich provisorischer Natur. Was Sine Anura dagegen für Gebäude gehalten hatte, entpuppte sich als riesige Erdbewegungs-Maschinen, die Teil eines größeren Terraforming-Projekts waren. Eine 250 Kilometer lange, tiefe Rinne zeigte an, wo ein neuer Wasserlauf geformt wurde. Allerdings führte der klaffende Abgrund noch kein Wasser. Die riesigen, automatisch gesteuerten Maschinen häuften zu beiden Seiten Erde und Felsen auf, um eine kleinere Hügelkette zu formen.
Die Größenordnung der Arbeiten war bemerkenswert, aber die Aufmerksamkeit der Reisenden richtete sich hauptsächlich auf die sonderbare Ortschaft. Diese schien weit hinter dem vorrückenden mechanischen Zug angesiedelt zu sein, in einem Gebiet, in dem der frisch aufgebrachte Mutterboden bereits mit natürlichem Grün überzogen war. Auf den breiten, unregelmäßig geformten Landstücken schien man eine reisähnliche Pflanze anzubauen, aber dennoch deutete nichts an dieser menschlichen Enklave auf etwas Bleibendes hin. Es drängte sich der Eindruck auf, daß sich die Gemeinde nur für eine Jahreszeit bis
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