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Die Suche nach der Sonne

Die Suche nach der Sonne

Titel: Die Suche nach der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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wahrscheinlich innerhalb ihrer Berechnungen, egal, ob wir beschleunigen oder abbremsen. Unsere einzige Hoffnung ist eine scharfe Kehre im rechten Winkel zur einströmenden Gasscheibe.«
    »Kehre?« Cherry war entsetzt. »Hast du irgendeine Vorstellung davon, was die Massenträgheit mit uns anstellt, wenn wir bei unserer gegenwärtigen Geschwindigkeit eine scharfe Kehre versuchen?«
    »Bei 23 Kilometern in der Sekunde könnte von uns nur ein dünner Film an der Wand übrigbleiben. Aber wir haben keine Wahl. Wenn wir nicht hier wegkommen, werden wir eingeäschert. Du schnallst dich im Cockpit an, und die übrigen drei steigen in ihre Rettungskokons.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Ich unterhalte euch in der Zwischenzeit mit meinem Stöhnen.« Er gab den anderen seine Anweisungen und wandte sich wieder dem Illusionisten an der Steuerung zu. »Bring uns durch die engste Kurve, die du dir zutraust, Cherry, oder wir werden gebraten.«
    Der anfängliche Ausdruck von Sorge auf Cherrys Gesicht machte wirklicher Angst Platz, als die Trägheitskräfte, die sein zögerlicher Kurswechsel verursachte, ihn tief in den gepolsterten Sessel preßten. Das Fleisch auf seinem Gesicht sank um seinen knochigen Kiefer ein, bis er wie ein Skelett aussah. Ancor, der nicht einmal die dürftigste Polsterung hatte finden können, würde von der gewaltigen Kraft gegen das Deck gequetscht. Der Druck auf seinen Brustkorb machte selbst das Atmen zur Qual. Beide Männer waren sich der Gefahr für den Fall bewußt, daß Cherry das Bewußtsein verlor, aber ihnen war keine Zeit geblieben, den Kurswechsel in den Autopiloten einzugeben.
    Von seinem Platz aus konnte Maq Cherrys hageres und ausgemergeltes Gesicht sehen, aber nicht die Instrumententafel. Er konnte deshalb nicht den Verlauf ihres Fluges verfolgen. Maq konnte auch nicht beurteilen, ob Cherry immer noch bei Bewußtsein war, denn der Druck formte das Gesicht des Illusionisten zu einer ausdruckslosen Maske. Schließlich stieg in ihm die furchtbare Gewißheit auf, daß Cherry die Kontrolle über das Schiff verloren hatte, und sie weiter ihrem langen, kreisförmigen Kurs durch das All folgen würden, bis entweder der Treibstoff verbraucht war, oder sie vom feurigen Atem einer neuentfachten Proto-Sonne verzehrt wurden.
    Es war schließlich genau dieser Zündblitz, der über ihr Schicksal entschied. Obwohl die photo-empfindlichen Scheiben sofort undurchsichtig wurden, um die Passagiere zu schützen, war das Licht grell und unerträglich. Dem Blitz folgte Dunkelheit. Die Alarmsysteme heulten laut auf, als die Strahlenschirme sich der Überlastung näherten. Diese Reize mußten Cherry aus der Bewußtlosigkeit geholt haben, denn seine Finger gruben sich zuckend in das Steuerungsmodul, das er mit der Faust umklammert hatte. Der Druck ließ nach.
    Dann war Maq wieder auf den Beinen, versicherte Cherry, daß er die Situation unter Kontrolle hatte, und eilte zu den Rettungskokons. Niemand hatte sich ernsthafte Verletzungen zugezogen. Schließlich kehrte er zum Orter zurück und blickte auf den Schirm. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen, noch bevor der Computer die ersten Zahlen lieferte. In unmittelbarer Nähe erhellte eine neue Proto-Sonne die Öde des Widder-Raums, aber der Zufall hatte die kleine Shellback genau in jene Grenzregion verschlagen, in der die der Strahlung keine permanenten Schäden mehr verursachte. Versengt, aber ansonsten intakt, schoß das tapfere Schiff weiter auf die 30 Millionen Kilometer entfernte Erd-Schale zu.

 
Kapitel 15
     
    Die Erd-Schale war kleiner als die Mars-Schale, aber dennoch waren ihre Ausmaße bemerkenswert; ihre Gesamtoberfläche betrug beeindruckende 260 Billiarden Quadratkilometer. Wenn die durchschnittliche Bevölkerungsdichte nur 4000 Menschen pro Quadratkilometer festen Bodens, der die Hälfte der Oberfläche ausmachte, betrug, dann bestand die gesamte Bevölkerung der Schale aus über fünf Trillionen Menschen.
    Beim Anblick der gewaltigen Metropolen unter ihnen waren die Reisenden bereit, eine solche Zahl ohne Vorbehalte zu glauben. Zu ihrer Verwunderung orteten sie keine exosphärischen Schiffe, obwohl sie Flugverkehr in den unteren Schichten der Atmosphäre feststellten. Die Reichweite dieser Flugzeuge mußte notwendigerweise auf wenige tausend Kilometer begrenzt sein. Es schien, als ob die Städte der Erd-Schale es nicht nötig gehabt hätten, Langstrecken-Exosphärenfahrzeuge zu entwickeln, wie sie die Mitgliedsstaaten der

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