Die Suche nach der Sonne
denen ich noch nie gehört habe. Was führt euch in diese gottverlassene Gegend?«
»Wir sind Reisende auf der Suche nach Abenteuern.« Maq bedeutete dem Rest der Gruppe hervorzukommen. »Wir haben keine bösen Absichten.«
»Das kann ich sehen«, sagte Sarassim. »Sonst wärt ihr innerhalb unserer Grenzen statt in dieser Ödnis gelandet.« Er deutete auf eine unsichtbare Grenzlinie. »Wärt ihr da drüben gelandet, hätte ich auf euch schießen müssen.«
Ancor ließ den Satz kommentarlos durchgehen. Die Hülle der Shellback war nach ihrer haarscharfen Begegnung mit der neuentfachten Proto-Sonne versengt, aber allein die Tatsache, daß sie diese Tortur überstanden hatte, gab ihm die Gewißheit, daß sie von dem primitiven Luftfahrer nichts zu befürchten hatten. Als die anderen aus dem Schiff kamen, verzog sich das Gesicht des Suzerän vor Belustigung zu einer Grimasse.
»So viele Leute in so einem kleinen Schiff? Ich würde wetten, daß ihr etwas anderes als Gas für den Auftrieb braucht. Aber wenn ihr nach Abenteuern sucht, dann seid ihr hier richtig. Der Krieg wird jede Stunde hektischer.«
»Welcher Krieg?«
»Der mit Suzerän Karnalta, dem Himmelspiraten von Orn. Er hat uns diese Woche dreimal angegriffen, aber wir haben es ihm heimgezahlt. Seine Überfälle haben ihn mindestens ein Dutzend Männer gekostet.«
»Benutzt er Schiffe wie deines?«
»Ja, aber mehr von ihnen – viel mehr.« Sein Blick widmete sich forschend der grünen Schönheit Sine Anuras. »Aber dies ist ein ungewöhnliches Zusammentreffen. Ihr werdet doch in mein Lager kommen, um eure Bäuche zu füllen und Geschichten auszutauschen?«
»Das wäre uns ein Vergnügen«, sagte Ancor. »Ist es weit?«
»Viele Kilometer weit. Aber ihr könnt das Schiff hier lassen, ich stelle eine Wache auf. Wir können meines nehmen. Wir werden in weniger als zwei Stunden dort sein.«
»Sollen wir alle mitkommen?« fragte Tez Maq ängstlich.
»Aber sicher! Schalte die Grav-Fessel ein. Hier gibt es niemanden, der die Shellback erobern könnte.«
Sarassim blickte die Shellback an. In seiner Stimme schwang eine Spur von Neid mit.
»Ich bezweifle, daß irgend jemand sie überhaupt will. Sie ist so häßlich wie ein Eisenfrosch und verkohlt, als ob sie in einen Waldbrand geraten wäre. Aber jeder von uns hält natürlich sein Schiff für das edelste und schnellste am Himmel.«
Drei Wachen stiegen die schwankende Strickleiter hinunter, und die fünf Reisenden kletterten in die Kabine. Sarassim folgte ihnen. Die Ausführung der Kabine überraschte sie. Anstelle von Fenstern hatte sie offene Schlitze, und es gab keine Möbel oder anderen Komfort. Das Holz war mit Schmiedeeisen verkleidet, auf denen sich die Narben vieler Gefechte abzeichneten. Zwei gußeiserne Kanonen mit Pulver und Kugeln stellten die wichtigsten Waffen dar, auch wenn Maq einige bedrohlich aussehende Armbrüste die effektiveren Waffen schienen.
Das Beeindruckendste in der Kabine war allerdings der Motor. Der große, gußeiserne Verbrennungsmotor, der mit dem Gas aus den Säcken über ihnen betrieben wurde, erfüllte die Luft mit dem Knallen seiner Fehlzündungen. Hinter ihnen begann sich ein gewaltiger Holzpropeller schwerfällig zu drehen. Sarassim, der die Steuerseile fest in den Händen hielt, befahl, den Anker loszumachen.
Nach kurzer Zeit empfanden sie die Reise wenige Meter über den Baumwipfeln als erfrischend angenehm im Vergleich zur Enge der Shellback. Innerhalb von anderthalb Stunden gelangten sie zu einem Platz unterhalb eines Gipfels, wo man den Wald gerodet hatte. An dieser Stelle hatte der Suzerän etwas eingerichtet, was er als ›Feldlager‹ bezeichnete. Das Holz der gefällten Bäume hatte man dazu benutzt, eine Reihe von Gebäuden für die Männer und die Ausrüstung zu errichten. Anfangs waren dort auch die sieben Luftschiffe vertäut, aus denen die Flotte bestand, aber die meisten von ihnen wurden kurz nach Sarassims Ankunft weggeschickt, vermutlich auf Patrouille.
Beim Essen stellte sich Sarassim als begnadeter Geschichtenerzähler heraus, der sie mit seinen Erinnerungen an Gefechte mit den Luftschiffen Suzerän Karnaltas bestens unterhielt. Sein ganzes Leben wurde von der Liebe zum Fliegen und zum Kampf bestimmt, und Ancor zeichnete schamlos jedes Wort auf. Er war sich bewußt, daß sich die Gelegenheit, sich mit einem solchen Schwärmer zu unterhalten, vielleicht nie wieder bieten würde.
Während ihrer Unterhaltung war die örtliche Proto-Sonne
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