Die Suche nach der Sonne
aus dem Funkgerät.
»Maq! Wir haben hier Ärger. Sie haben Carli geschnappt.«
»Wie, zum Teufel…?«
»Ein paar Typen unterhielten sich mit Cherry. Er glaubte, er könnte ein gutes Geschäft machen, also öffnete er die Luke. Sie stürzten sich auf uns, und ich wurde bewußtlos geschlagen. Als ich aufwachte, war Carli verschwunden.«
»Verflucht! Wie lange ist das her?«
»Ich weiß nicht genau… zehn, vielleicht 15 Minuten, schätze ich. Aber ich kann jetzt keine Spur mehr von ihr finden.«
Zurück auf dem Schiff wurde sofort klar, daß sie nicht herausfinden konnten, wohin genau man Carli in dem lasterhaften Komplex von Mandersport entführt hatte. Einen Augenblick lang erwogen sie, das ganze Gebiet abzusuchen, sahen aber schnell die Unmöglichkeit eines solchen Unternehmens ein. Schließlich wandte sich Maq an Sine.
»Einige unserer Freunde da draußen sind über die Maßen gierig, während es ihnen gleichzeitig an Raffinesse mangelt. Es könnte sein, daß sie es noch einmal versuchen; sie sind ja bereits einmal damit durchgekommen. Sie interessieren sich offensichtlich für Frauen. Wie wäre es, wenn wir ihnen mehr davon anbieten?«
Sine Anura grinste gelassen. »Das werden sie bereuen.«
»Vielleicht! Aber laß es sie nicht zu früh bereuen. Wir müssen darauf setzen, daß sie dich an denselben Ort wie Carli bringen. Ich werde euch folgen.«
»Warum sollten sie es überhaupt noch einmal versuchen?«
»Denke genau nach, Sine. Kannst du dich erinnern in ganz Mandersport irgendwo eine Frau gesehen zu haben, die nicht von einem Beschützer begleitet wurde? Das ist ihre Lebensart.«
»Was soll ich machen?«
»Unternimm einfach einen Spaziergang. Wenn man versucht, dich zu entführen, dann wehr dich zum Schein, aber mehr nicht. Bei der Abschlußparty werde ich dabei sein.«
Kaum hatte er den Satz beendet, verließ er die Shellback und verschwand zwischen den auf dem Landefeld wartenden Schiffen. Sine sah Tez und Cherry an, die sich noch von den Schlägen auf den Kopf erholten, und schnitt eine Grimasse. »Verlaßt auf keinen Fall das Schiff, Jungs. Wenn das Ganze so heftig wird, wie es aussieht, sind wir auf einen Blitzstart angewiesen.«
Kapitel 17
Ancors Voraussagen erwiesen sich größtenteils als zutreffend. Sine Anura hatte kaum die Ausläufer Mandersports betreten, als sie ein harter Schlag von vorne in eine Gasse schleuderte. Dort packte jemand von hinten ihre Hände und zog ihr eine Drahtschlinge über die Handgelenke, die sich immer schmerzhafter zuzog, je mehr sie sich gegen sie wehrte. Ihre Schreie, die nicht gespielt waren, wurden von den Passanten nicht beachtet. Sie hörte auf zu schreien, als sie eine scharfe Messerspitze an ihrer Kehle spürte, und eine Stimme sagte: »Etwas weniger Krach, bitte, wenn du weiterleben willst. Ich kann dich genauso gut töten wie dich mitnehmen. Zwing mich nicht, so hübsches Fleisch derart zuzurichten. Auf dem Markt gibt es viel bessere Verwendung dafür. Und jetzt geh!«
Sine ging. Sie spürte, wie die Messerspitze in ihren Rücken stach, und bald hatte sie eine Eskorte aus vier Männern, die schnellen Schrittes kleinere Straßen und Gassen des Komplexes durchquerten. Daß eine solche Entführung vor den Augen zahlreicher Zeugen geschehen konnte, ohne mehr als ein flüchtiges Interesse zu erregen, war der bisher bezeichnendste Hinweis auf die völlige Verderbtheit der Stadt. Sine sah sich nach Maq um, konnte aber keinen Hinweis auf ihn finden. Sie fragte sich, ob alles zu schnell gegangen war. Hatte er die Entführung überhaupt mitbekommen?
Schließlich gelangten sie zu einer großen Halle, in der sich hölzerne Stände befanden, einige davon offen, andere mit vorgezogenen Vorhängen. Die Halle war voller Männer, die langsam umherwanderten und den Inhalt der Stände begutachteten; meistens gingen sie weiter. In jedem Stand befand sich eine Couch, ein Mädchen in Ketten und ein Händler, der ihre exzellenten Körper anpries und unverhohlen über den Preis feilschte. Hin und wieder ließ sich ein Mann in Versuchung führen. Dann erhielt der Händler sein Geld und verließ den Stand, und der Kunde ging hinter den Vorhang, um das Mädchen zu nehmen, egal, ob sie dazu bereit war oder nicht. In einem der Stände saß Carli in Ketten; sie war in Tränen aufgelöst, und ihr Kleid war halb zerrissen.
Dann bemerkte Sine aus dem Augenwinkel heraus Maq, der sich unauffällig in der Menge bewegte. Mit einem unmerklichen Nicken bedeutete sie ihm den
Weitere Kostenlose Bücher