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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Stallknechte ebenfalls, ganz, wie er es erwartet hatte.
    Er hatte sich große Mühe mit dem Wortlaut der Note gegeben und sie so formell und neutral wie möglich gehalten. Er hatte, so schrieb er, Lord Dunsany mitgeteilt, dass man Fraser, sollte dieser einen Brief zu schreiben wünschen, ganz gleich an wen (diese Worte waren unterstrichen; er wusste ja, dass Fraser insgeheim an seine Familie in den Highlands schrieb, wenn es ihm möglich war), Papier und Tinte zur Verfügung stellen sollte und die Briefe ohne weitere Fragen unter Dunsanys Siegel verschicken sollte. Die Briefe, so fügte er vorsichtshalber hinzu, würden von niemandem außer ihren Adressaten gelesen werden.
    Er hatte daran gedacht, den Brief an Fraser adressiert an einen Balken oder eine Box zu heften, wo er leicht zu finden war. Doch jetzt überlegte er es sich anders; er wusste ja nicht, ob die anderen Stallknechte lesen konnten und ob sie genug Respekt vor Fraser hatten, um ihre Neugier im Zaum zu halten. Weder er noch Fraser würden wollen, dass die Sache allgemein bekannt wurde und für Gerede sorgte.

    Sollte er den Brief bei Dunsany lassen, damit man ihn Fraser persönlich übergab? Das war ein wenig heikel; er wollte nicht, dass sich Fraser von Dunsany gedrängt fühlte - nur von dir , dachte er grimmig. Er zögerte einen Moment, doch dann stieg er die Leiter zu dem Heuboden hinauf, von dem er wusste, dass Fraser dort schlief. Sein Herz schlug dabei wie eine Trommel.
    Auf dem Heuboden war es nicht besonders hell, aber selbst im gedämpften Licht konnte er auf Anhieb sehen, welcher Schlafplatz Fraser gehörte. Auf dem Boden lagen drei mit gestreiftem Stoff bezogene Matratzen, neben denen jeweils eine kleine Holztruhe für Kleider und persönliche Habseligkeiten stand. Neben zweien davon lagen Pfeifen, Tabaksbeutel, lose Knöpfe, schmutzige Taschentücher, leere Bierkrüge und Ähnliches verstreut. Die linke, die etwas abseits von den anderen lag, war nackt und kahl bis auf eine kleine Statue der Jungfrau Maria und eine Kerze, die natürlich jetzt nicht brannte.
    Er ertappte sich dabei, dass er den Atem anhielt, und zwang sich, normal zu gehen. Seine Schritte hallten auf den Holzdielen wider.
    Eine Wolldecke lag ordentlich auf der Matratze ausgebreitet, war allerdings mit Strohhalmen übersät. Die Matratzen waren wie Nester mit aufgehäuftem Stroh umgeben; die Stallknechte mussten sich wohl zusätzlich damit zudecken, um nicht zu frieren. Kein Wunder; sein Atem war weiß, und die Kälte ließ seine Finger taub werden.
    Der Impuls, den Deckel der Kiste anzuheben und nachzusehen, was sich darin befand, war beinahe unwiderstehlich. Doch er hatte Jamie Fraser schon genug angetan; in diese letzte kleine Bastion seiner Privatsphäre einzudringen, wäre unverzeihlich gewesen.
    Dieser Erkenntnis folgte eine weitere auf dem Fuße; es ging nicht. Selbst wenn er den Brief auf die Truhe legte oder ihn diskret unter die Decke schob, was sein erster Gedanke gewesen war, würde Fraser wissen, dass Grey hier gewesen war - an sich schon eine Intimität, die der Mann als Affront empfinden würde.

    »Ach, hol’s der Teufel«, knurrte er vor sich hin und stieg die Leiter wieder hinunter. Er suchte sich einen Eimer, um sich darauf zu stellen, und heftete die Note über den Türsturz der Sattelkammer, deutlich sichtbar, aber so hoch, dass nur Fraser sie problemlos erreichen konnte.
    Als er den Stall verließ, blickte er zu den Hügeln auf und suchte sie nach Reitern ab, doch außer dahintreibenden Nebelfetzen war nichts zu sehen.

21
    Feige
    Ihre Abreise hatte sich um zwei Wochen verschoben, weil die nötigen Nahrungsvorräte und Ausrüstungsgegenstände noch nicht vollzählig eingetroffen waren. Es wurde schon Abend, als Grey in Percys Unterkunft eintraf, triefend nass und bis auf die Knochen durchgefroren, nachdem er den ganzen Tag bibbernd im Regen auf den Docks verbracht hatte, wo er die Bedingungen aushandeln musste, unter denen der gottverdammte Lieferant aus Liverpool die Fässer mit dem Pökelfleisch, für die er einen Kontrakt besaß, tatsächlich liefern würde, um dann die Bedingungen auszuhandeln, unter denen die Besatzung des Schiffes - deren Kontrakt besagte, dass sie besagte Fässer zu tragen hatte - die gottverdammten Fässer tatsächlich in den gottverdammten Frachtraum des gottverdammten Schiffes laden und die gottverdammten Luken über ihnen verschalken würde.
    Percy rieb ihn trocken, gab ihm etwas Frisches zum Anziehen, forderte ihn auf, sich

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