Die Sünde des Abbé Mouret
fragte: sie den Priester
einfach:
»Dann kann ich also Farbtöpfe und Pinsel auf den Speicher
bringen?«
»Ja,« erwiderte er, »für jetzt bin ich fertig, später können wir
uns mit dem übrigen befassen.«
Sie ging voraus und nahm alles mit, schwieg aus Angst, zuviel zu
sagen. Und da der Abbé Mouret die beiden vertrockneten Sträuße in
der Hand behalten hatte, schrie ihn Bruder Archangias an, als sie
am Hof vorüberkamen:
»Weg damit!«
Der Abbé ging gesenkten Hauptes noch einige Schritte weiter;
dann schleuderte er die Blumen über das Gatter auf den
Misthaufen.
Kapitel 5
Der Bruder hatte schon gegessen, er blieb und saß rittlings auf
einem gewendeten Stuhl bei der Mahlzeit des Priesters. Seit dieser
im Artaud zurück war, kam er fast jeden Abend und richtete sich
häuslich ein. Nie hatte er sich dort so grob eingedrängt als jetzt.
Seine klobigen Schuhe lärmten auf dem Steinboden, seine Stimme
hallte, unter seinen Fäusten krachten die Möbel, während er von der
Tracht Prügel sprach, die er morgens den kleinen Mädchen verabfolgt
hatte, oder seine Moralanschauungen niederlegte in Formeln, hart
wie Stockhiebe. Aus Langeweile war ihm der Einfall gekommen, mit
der Teusin Karten zu spielen. Sie spielten
endlos »Krieg,« kein anderes Spiel war der Teuse beizubringen. Der
Abbé Mouret hatte über die ersten wild auf den Tisch gehauenen
Karten gelächelt, dann versank er nach und nach in tiefe Gedanken;
so konnte er sich stundenlang vergessen, entgleiten unter den
mißtrauischen Seitenblicken des Bruders.
An diesem Abend war die Teusin so schlecht gelaunt, daß sie
gleich nach dem Tischabdecken sagte, sie ginge zu Bett. Aber der
Bruder wollte sein Spielchen. Er gab ihr Püffe auf die Schultern
und brachte es fertig, sie zum Sitzen zu bringen, mit solcher
Nachdrücklichkeit, daß der Stuhl krachte. Schon mischte er die
Karten. Desiderata, die ihn nicht ausstehen konnte, war mit ihrem
Nachtisch verschwunden, jeden Abend fast nahm sie das Nachgericht
mit hinauf und aß es im Bett.
»Die Roten will ich,« sagte die Teusin. Und der Kampf begann. Zu
Anfang entführte die Teuse dem Bruder einige gute Karten. Dann
fielen zwei Asse zu gleicher Zeit auf den Tisch.
»Schlacht,« rief sie in äußerster Erregung.
Sie warf eine Neun aus und entsetzte sich; da aber der Bruder
nur eine Sieben dagegen spielte, raffte sie die Karten siegreich an
sich. Nach Ablauf einer halben Stunde blieben ihr wieder nur die
beiden Asse und die Möglichkeiten waren ausgeglichen. Nach drei
Viertelstunden war sie es, die ein As verlor. Das Hin und Her von
Buben, Damen, Königen hatte etwas von einem Gemetzel.
»Eine famose Partie, was?« sagte Bruder Archangias, zum Abbé
Mouret gewendet. Grob erhob er die Stimme, als er das unbestimmte
Lächeln gewahrte, die tiefe Versunkenheit.
»Nun, Herr Pfarrer, sehen Sie uns denn nicht
zu? Das ist nicht höflich … Spielen wir doch nur um
ihretwillen und um Sie aufzuheitern … Hoppla, passen Sie nur
immer auf. Das ist Ihnen gesünder als so zu träumen. Wo waren die
Gedanken denn wieder?«
Der Priester erwiderte nichts und gab sich mit flatternden
Augenlidern Mühe, dem Spiel zu folgen. Die Partie nahm ihren
leidenschaftlichen Fortgang. Die Teusin gewann ihr As zurück,
verlor es wieder. An manchen Abenden machten sie sich stundenlang
die Asse streitig; oft sogar gingen sie erbost zu Bett, weil keiner
den anderen besiegte.
»Eben fällt mir ein,« rief plötzlich die Teusin, in großer Angst
vor dem Verlieren, »der Herr Pfarrer sollte doch heute abend einen
Gang machen. Er hat dem langen Fortunat und der Rosalie
versprochen, das Zimmer einzusegnen, wie es Sitte ist… Schnell,
Herr Pfarrer! Bruder Archangias begleitet Sie.«
Der Abbé Mouret war schon auf den Beinen und suchte nach seinem
Hut. Bruder Archangias aber zürnte, ohne die Karten hinzulegen:
»Lassen Sie's doch! Warum soll der Schweinestall auch noch
eingesegnet werden. Für das Saubere, was in dem Zimmer dort
getrieben werden soll!… Auch ein Gebrauch, der abgeschafft werden
müßte. Ein Priester hat seine Nase nicht unter die Bettücher der
Neuvermählten zu stecken… Bleiben Sie. Spielen wir zu Ende. Das ist
besser.«
»Nein,« sagte der Priester, »ich gab mein Versprechen. Die
braven Leute könnten gekränkt sein… Bleiben Sie nur und endigen Sie
die Partie, bis ich wiederkomme.«
Die Teusin betrachtete beunruhigt Bruder Archangias.
»Also gut! Ja, ich bleibe,« verkündete
dieser. »Es ist doch zu
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