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Die Sünde des Abbé Mouret

Die Sünde des Abbé Mouret

Titel: Die Sünde des Abbé Mouret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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aufrauschende
Regen durchzitterte das Schiff wie Orgelton. In dieser jäh
hereinbrechenden Stille verflog der Grimm des Priesters; Rührung
überschlich ihn. Und mit tränennassem Antlitz und von Schluchzen
geschüttelten Schultern warf er sich wieder vor dem großen
Christusbild nieder. Glühende Danksagung entrang sich seinen
Lippen.
    »Dank, o mein Gott, für die Hilfe, die du gnädig mir zukommen
ließest. Ohne deine Gnade hätte ich vielleicht den Ruf meines
Fleisches erhört und wäre armselig versunken in Sünden. Gegürtet
war ich mit deiner Gnade wie mit kriegerischem Gehänge, deine Gnade
war mir Panzer und Stärke, die innerlich mich aufrechterhielt und
mich nicht schwach werden ließ. O mein Gott! Du warst in mir, du
sprachst aus mir, denn meine niedere Erbärmlichkeit war
geschwunden, ich fühlte Kraft genug, alle Bande meines Herzens zu
zerreißen. Hier ist mein blutendes Herz, es gehört nur dir allein.
Um deinetwillen entriß ich es der Welt. Doch glaube nicht, o mein
Gott, daß dieser Sieg mit Eitelkeit mich erfüllt, ich weiß, daß ich
ohne dich nichts bin. In Demut vergehe ich zu deinen Füßen.«
    Halb sitzend hatte er sich auf die Altarstufen niedergelassen,
die Worte versagten ihm, wie Weihrauch ließ er seinen Atem aufwehen
aus den halb geöffneten Lippen. Die Gnadenfülle versetzte ihn in
unsagbares Entzücken. Er zog sich ganz in sich zurück und suchte
Jesus auf in den Tiefen seines Wesens, in dem Liebesheiligtum, das
er unablässig bereitete, würdig ihn aufzunehmen. Und Jesus war
gegenwärtig, er fühlte es an der
außerordentlichen Süße, die ihn durchdrang. Da begann er eines
jener innerlichen Gespräche mit Jesu, die für ihre Dauer der Erde
ihn entrückten, und redete Mund an Mund mit seinem Gott.
    Er stammelte den Vers des Psalms: »Mein Geliebter ist mein und
ich gehöre ihm; er schlummert unter den Lilien, bis der Tag
aufdämmert und die Schatten schwinden.« Er vertiefte sich in die
Worte der »Nachfolge«: »Eine große Kunst ist es, mit Jesu
Zwiesprache halten zu können, und große Weisheit benötigt es, ihn
sich in der Nähe zu bewahren.« Eine wonnevolle Vertrautheit hob an.
Jesus ließ sich zu ihm nieder, unterhielt sich stundenlang mit ihm
über seine Nöte, sein Glück und sein Hoffen. Zwei Freunde, die nach
einer Trennung sich wiederfinden und abseits gehen, am Ufer
irgendeines einsamen Flusses, können inniger einander sich nicht
mitteilen; denn Jesus geruhte, ihm in göttlicher Ungezwungenheit
Freund zu sein, der beste und treuste, der nie verriet und ihm für
ein wenig Zuneigung alle Schätze des ewigen Lebens schenkte. Dieses
Mal besonders wollte der Priester lange ihn festhalten. Es schlug
sechs in der stummen Kirche, und immer noch lauschte er ihm
inmitten des Schweigens der Kreatur.
    Bekenntnis des ganzen Wesens, freies Zwiegespräch ohne
Sprachhemmung, selbstverständliche Herzensergüsse, die Gedanken
selber zuvorkamen. Der Abbé Mouret breitete sein ganzes Wesen vor
Jesu aus wie vor einem Gott, der aus innigster Zuneigung sich
eingefunden hat, und dem man alles sagen darf. Er gestand ihm, er
liebe Albine immer noch; es erstaunte ihn, vermocht zu haben, sie
zu mißhandeln, zu verjagen, ohne daß seine Eingeweide sich
umgedreht hätten; es verwunderte ihn tief, und er lächelte ruhevoll darüber, wie in Betrachtung einer
wunderbar starken Tat eines anderen. Und Jesus antwortete ihm, dies
dürfe ihn nicht erstaunen, die größten Heiligen seien oft unbewußte
Waffen gewesen in Gottes Hand. Dann bekundete der Abbé Besorgnis,
ob es nicht armselig gewesen sei, sich zum Altar zu flüchten und
bis in das göttliche Leiden des Herrn? War es nicht noch schlimm
bestellt um seinen Mut, da er allein den Kampf nicht aufzunehmen
wagte? Aber Jesus erzeigte sich duldsam: er legte dar, wie
unaufhörlich Gottes Hauptsorge der menschlichen Schwäche gelte,
sprach von der Bevorzugung der kranken Seelen, zu denen er sich
niederließ, wie ein Freund sich an das Lager eines kranken Freundes
niedersetzt. War es denn verwerflich, Albine zu lieben? Nein, wenn
diese Liebe über das Fleischliche hinausfand, wenn sie das
Verlangen nach ewigem Leben durch ein Hoffen stärkte. Weiter, wie
denn sollte er sie lieben? Ohne Worte, ohne Annäherung sollte er
diese reinste Zärtlichkeit aus sich atmen lassen, wie dem Himmel
genehmer Wohlgeruch. Hier lächelte Jesus gütig leise, kam
geständnisheischend näher noch, so daß der Priester nach und nach
wagte, ihm Albines Schönheit genau zu

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