Die Sünde des Abbé Mouret
mit dem Schmutzring, den
ihm sein unablässiges Schlammwühlen in Augenhöhe zeichnete. Es
trabte umher, stieß die Hühner auseinander und fraß eilends weg,
was man ihnen hingeworfen hatte; der enge Hof war ganz ausgefüllt
von seinen plötzlichen Wendungen. Seine Ohren flatterten ihm über
die Augen, sein Rüssel grunzte erdwärts; auf seinen dünnen Beinen
nahm es sich wie ein Tier auf Rädern aus. Und von rückwärts
betrachtet, schien sein Schwanz das anbindende Fadenendchen zu
sein.
»Dies Tier dulde ich hier nicht,« rief der Pfarrer geärgert
aus.
»Sergius, bester Sergius,« bat Desiderata aufs neue, »sei nicht
bös … Sieh doch, wie unschuldig es ist, das liebe Kleinchen.
Abwaschen will ich es und sehr sauber halten. Die Teusin hat es
sich für mich schenken lassen. Man kann es jetzt nicht mehr
zurückgeben … Wie es dich ansieht; es wittert dich. Hab' keine
Angst, es tut dir nichts.«
Sie unterbrach sich; ein Lachanfall verschlang das übrige.
Das kleine Schwein, verdutzt, war der Ziege zwischen die Beine gefahren und brachte sie zu Fall. Es nahm
seinen Lauf wieder auf, schrie, wälzte sich und jagte den ganzen
Hof in Angst.
Desiderata mußte ihm zur Beruhigung einen ganzen Kübel mit
Spülwasser hinstellen. Daraufhin verschwand es bis zu den Ohren in
der Terrine; es gurgelte und schnarchte, während über seine rosige
Haut kurze Schauer liefen. Sein Schwänzchen hing ungeringelt.
Dem Abbé Mouret war es äußerst ekelhaft, dies Geplätscher im
schmutzigen Wasser zu hören.
Seit er im Hof war, ging ihm der Atem aus, Hitze flog ihm über
Hände, Brust und Gesicht. Nach und nach begann der Kopf ihm zu
schwimmen. In verpestetem Hauch schlug ihm entgegen der lauliche
Gestank der Kaninchen und Hühner, der unzüchtige Geruch der Ziege,
die fettige Schalheit des Schweines. Wie eine mit Befruchtung
geladene Luft war es, die zu schwer lastete auf seinen
jungfräulichen Schultern. Desiderata erschien ihm größer, breiter
in den Hüften; sie fuchtelte mit riesigen Armen und wirbelte in
ihren Rockfalten vom Boden den starken Geruch auf, der ihm die
Sinne vergehen ließ. Er fand gerade noch Zeit, die Lattentür zu
öffnen. Seine Füße klebten am mistfeuchten Pflasterboden, so sehr,
daß er sich zurückgehalten wähnte von einem Druck der Erde. Und
plötzlich, ohne daß er sich dagegen zu wehren vermochte, kam ihm
das Paradeis wieder in den Sinn mit seinen großen Bäumen, den
schwarzen Schatten, dem kräftigen Duft.
»Jetzt wirst du ganz rot im Gesicht,« sagte Desiderata und kam
ihm nach auf die andere Seite der Schranke. »Bist du nicht froh,
alles gesehen zu haben? … Hörst du sie rufen?«
Als die Tiere sie weggehen sahen, stießen sie
sich an die Trennungswand unter kläglichem Wehgeschrei. Das kleine
Schwein zumal gab ein langes, messerscharfes Gekreisch von
sich.
Sie machte ihnen Verbeugungen, warf ihnen Kußhände zu und lachte
darüber, sie in verliebtem Gedränge zu sehen. Dann schmiegte sie
sich an ihren Bruder und begleitete ihn in den Garten.
»Eine Kuh möchte ich haben,« sagte sie ihm ins Ohr und wurde
ganz rot. Er sah nach ihr hin und machte schon eine abwehrende
Bewegung.
»Nein, nein, jetzt nicht,« fing sie lebhaft an. »Später werd'
ich dir wieder davon sprechen. Platz wäre genug im Stall. Eine
schöne weiße Kuh mit rötlichen Flecken. Du würdest staunen über die
gute Milch, die wir dann hätten. Eine Ziege ist zu klein … Und
wenn erst die Kuh kalbt!«
Sie tanzte herum, klatschte in die Hände. Der Priester fand den
Hof, den sie in ihren Röcken mit sich trug, in ihr wieder. So ließ
er sie hinten im Garten auf der Erde, mitten in der Sonne vor einem
Bienenstock, dessen Bienen, ohne sie zu stechen, wie Goldkugeln
ihren Hals umsurrten, ihre bloßen Arme, ihre Haare.
Kapitel 11
Bruder Archangias aß jeden Donnerstag in der Pfarre. Gewöhnlich
kam er schon frühzeitig, um über Pfarreiangelegenheiten zu reden.
Er war es, der den Abbé seit drei Monaten auf dem laufenden hielt
und über das ganze Tal aufklärte. An diesem Donnerstag gingen sie, in Erwartung des Rufes zu Tisch, mit
kleinen Schritten vor der Küche auf und ab. Der Priester war sehr
erstaunt, als der Bruder nach Wiedergabe seiner Unterredung mit
Bambousse die Antwort des Bauern ganz verständlich zu finden
schien.
»Recht hat er, der Mann,« sagte der Bruder. »Man vergeudet sein
Eigentum nicht so … Die Rosalie ist nicht viel wert; aber es
ist immer hart, mit ansehen zu müssen, wie die eigene
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