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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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Hast du das vergessen?«
    »Wie könnte ich! Bei dem Mief, den du verbreitest!«
    Obwohl Nawrod mit Schallgeschwindigkeit duschte und frische Kleidung anzog, schien die vorgesehene Fahrzeit von zwei Stunden Utopie zu werden. Ab Baden-Baden kamen sie trotz Kojak und Martinshorn nur noch langsam voran. An engen Baustellen hatten sich mehrere Staus gebildet. Nach fast drei Stunden stoppte Yalcin den Wagen direkt vor dem Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg in der Schoferstraße 2. Nawrod stieg mit weichen Knien aus und atmete kräftig durch. Solange sie auf der Autobahn gewesen waren, hatte er keine Probleme mit Yalcins Fahrweise gehabt. Während der Fahrt durch Freiburg hatte sich bei ihm aber wieder eine leichte Übelkeit eingestellt.
    »Es ist überall das Gleiche«, bemerkte Yalcin sarkastisch, als sie sich dem großen, imposanten Portal des Ordinariates näherten. »Egal, welche Religion es ist, ihre obersten Hüter sind immer bestens untergebracht und versorgt. Das ist bei uns in der Türkei nicht anders.«
    »Wo du recht hast, hast du recht«, sagte Nawrod. Auch ihm war sofort die riesige, zweiflügelige Eingangstür aufgefallen. Sie war mit vielen goldfarbenen Beschlägen verziert und würde bei Gefahr sicher so manchem Ansturm standhalten. Der aus rotem Sandstein bestehende mächtige Rundbogen über der Tür verjüngte sich nach hinten in drei kleinere Bögen, die allesamt mit Ornamenten geschmückt waren. Rechts und links waren sie auf insgesamt sechs Säulen gestützt. Direkt über dem Portal befand sich ein großes Relief mit Kreuz, dessen Bedeutung Nawrod nicht erkennen konnte.
    Sie gingen drei Treppenstufen hoch und standen nun direkt vor der Tür. Da er keine Klingel sah, zog Nawrod an dem dicken Knauf. Zu seinem Erstaunen bewegte sich die Tür. Mit einiger Kraftanstrengung zog er sie auf. Yalcin im Gefolge trat er in das Gebäude ein. Vor ihnen befand sich eine weitere Treppe mit acht Stufen, an deren Ende hinter einem Tresen ein Pförtner saß. Das war also der Wächter der bischöflichen Festung, der von dort oben mühelos alle Besucher taxieren konnte.
    »Ich bin Kriminalhauptkommissar Nawrod von der Mordkommission Heidelberg und das ist meine Kollegin Yalcin. Wir möchten den Erzbischof sprechen. Es ist dringend!« Nawrod stieß den letzten Satz mit solchem Nachdruck hervor, dass der Pförtner für einen Moment die Augen weit aufriss.
    »Sind Sie angemeldet?«, erwiderte er sichtlich beeindruckt.
    »Nein, dafür war keine Zeit«, log Nawrod. Da er das Überraschungsmoment nutzen wollte, wäre ihm nicht im Traum eingefallen, seinen Besuch anzukündigen.
    »Wie ich schon sagte, ist es sehr dringend. Tun Sie mir also den Gefallen und sagen Sie mir, wo ich Ihren Oberhirten finden kann!«
    Der Pförtner hob die Augenbrauen. Seine Entrüstung konnte er nicht verbergen. Offensichtlich hatte sich Nawrod in der Bezeichnung des Bischofs etwas vergriffen. Er schüttelte abweisend den Kopf.
    »Seine Exzellenz wird nicht sehr erbaut sein, wenn er jetzt gestört wird«, erwiderte er pikiert.
    »Ich sage es Ihnen jetzt zum letzten Mal«, fuhr Nawrod ihn an. »Melden Sie mich schleunigst dem Bischof, sonst würge ich Ihnen eine Anzeige wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen rein, ist das klar?«
    Der Pförtner griff zum Telefon. Sein Zeigefinger zitterte merklich, als er die Tasten betätigte.
    »Hier sind zwei Mordkommissionen«, stotterte er. »Äh, ich meine zwei Kriminalbeamte von der Mordkommission. Sie wollen …«
    Weiter kam er nicht. Er antwortete nur noch mit »Ja, sehr wohl … ich werde … sehr wohl, ja.« Unterwürfig legte er auf. Schweiß stand auf seiner Stirn.
    »Gehen Sie bitte durch die linke Glastür«, sagte er eingeschüchtert. »Dann eine Treppe höher und links den Flur entlang. Zimmer 210. Man erwartet Sie.«
    Der Empfang war frostig. Ein kleinerer, korpulenter, etwa 55-jähriger Mann im schwarzen Ornat saß hinter seinem Schreibtisch. Nawrod grüßte und stellte sich und Yalcin vor. Ohne zurückzugrüßen, fragte der Geistliche in herablassendem Ton: »Was ist so eilig, dass Sie hier ohne Anmeldung auf einem Gespräch mit seiner Exzellenz bestehen?«
    »Wir arbeiten in Heidelberg an einem Mordfall«, antwortete Nawrod. »Der Täter hat eine Geisel genommen, sie verstümmelt und ihr schließlich bei lebendigem Leib das Herz herausgeschnitten. Danach hat er ein zweites Opfer gekidnappt und mit seiner Ermordung gedroht. Eine Spur, von der wir glauben, dass sie sehr wichtig ist,

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