Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
Vom Netzwerk:
Schlitz ermöglichte ihren Augen, die Umwelt wahrzunehmen.
    Die Kriminaltechnikerin hatte das auf einem kleinen Tisch stehende Paket geöffnet und daraus zerknülltes Papier entnommen, das wohl den eigentlichen Inhalt vor Beschädigung oder Ähnlichem schützen sollte.
    »Nachdem ich beim Röntgen feststellte, dass das Paket keinen Sprengsatz enthält, habe ich es geöffnet.«
    Sie zeigte auf den Inhalt und bemerkte lapidar: »Kein bisschen angegammelt. In einer kleinen Plastiktüte vakuumgezogen wie eine Bratwurst vom Fleischer.«
    »Was ist … mein Gott, was ist denn das?«, stieß Nawrod entsetzt hervor.
    »Igitt, ist das … das ist doch … ein … ein Finger?«, rief Yalcin voller Ekel.
    »Richtig!«, stellte Sabine Bauer sachlich fest. »Und wenn ich mich nicht irre, dürfte es der rechte, unmittelbar über dem Handteller fachmännisch abgetrennte Zeigefinger eines Mannes sein.«
    »Das ist doch verrückt, total verrückt. Erst so ein irrer Selbstmörder, der sich enthauptet, und jetzt ein abgetrennter Zeigefinger.« Yalcin schüttelte ungläubig den Kopf und drehte sich weg.
    »Hast du den Zettel unter der Tüte gesehen?«, fragte Nawrod die Kriminaltechnikerin.
    »Natürlich habe ich ihn gesehen. Bin ja nicht blind. Ich wollte erst auf euch warten. So könnt ihr euch ein Bild von dem ursprünglichen Zustand aus dem Innern des Paketes machen.«
    Bauer nahm eine Kamera und drückte aus verschiedenen Perspektiven drei- bis viermal auf den Auslöser. Das Gleiche wiederholte sie, nachdem sie die Plastiktüte entnommen und neben den kleinen Karton gelegt hatte. Danach entnahm sie mit einer Pinzette vorsichtig den Zettel. Mit Hilfe einer zweiten Pinzette faltete sie ihn auseinander und las leise: » Mihi viam monstrabas .«
    »Was ist denn das für eine Sprache?«, fragte Nawrod verwundert.
    »Türkisch ist es nicht. Das ist schon mal sicher«, warf Yalcin ein.
    »Es ist definitiv lateinisch«, bemerkte Bauer. »Ist zwar schon eine Weile her, aber soweit ich das verstehe, könnte es Zeige mir den Weg heißen.«
    Nawrod schüttelte den Kopf. »Kannst du dir darauf einen Reim machen?«
    Sabine Bauer zuckte mit den Schultern. »Es ist zweifellos eine Botschaft und der Absender hat dich und keinen anderen ausgewählt. Das dürfte einen bestimmten Grund haben. Deshalb musst du dir deine Frage selbst beantworten. Gibt es da vielleicht jemanden, der sich an dir rächen will?«
    »Dafür bin ich viel zu kurze Zeit hier. Ich denke, dass der Absender in Heidelberg oder zumindest in der Gegend wohnt.«
    »Das muss nicht unbedingt zutreffen. Hast du vielleicht noch Altlasten aus Stuttgart?«
    »Hm, lass mich mal überlegen.« Nawrod legte die rechte Hand an sein Kinn. »Na ja, ich habe kurz vor meiner Versetzung nach Heidelberg einen Mafioso eingebuchtet, der den Mord an seiner Schwester rächen wollte. Er brachte einen französischen Studenten auf bestialische Weise um. Leider war es der Falsche. Es könnte durchaus sein, dass dieser Guiseppe Taglieri aus dem Knast sein Spielchen mit mir treiben will. Helfershelfer hat er bestimmt genug.«
    »Das wäre eine Möglichkeit. Latein ist mit der italienischen Sprache verwandt. Hast du eine Ahnung, welche Bildung Taglieri genossen hat? Weißt du sonst noch etwas von ihm?«
    »Nein, leider nicht. Nachdem feststand, dass er einen Mord begangen hatte, habe ich über die Staatsanwaltschaft Stuttgart lediglich ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen gestellt, dem stattgegeben wurde. Taglieri wurde daraufhin international zur Festnahme ausgeschrieben. Ein italienisches Zielfahndungskommando heftete sich an seine Fersen. Als sie ihn ausfindig gemacht hatten, wurde ich kollegialerweise zu seiner Verhaftung eingeladen. Er hatte sich unten in Sizilien auf einem einsamen Bauernhof versteckt. Bei seiner Festnahme lieferte er sich mit uns ein Feuergefecht, das sich gewaschen hatte. Gott sei Dank wurde niemand verletzt. Als ihm die Munition ausging, ergab er sich. Den Heldentod wollte er offensichtlich nicht sterben. Typisch italienisch. Ich habe ihm persönlich die Handschellen angelegt. Dabei spuckte er vor mir auf den Boden und schwor mir tödliche Rache. Aber das bin ich ja gewohnt. Jeder zweite Dealer, den ich früher als Rauschgiftfahnder festnahm, hat sich ähnlich verhalten. Hunde, die bellen, beißen nicht.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.« Die Kriminaltechnikerin runzelte die Stirn. »Das Abtrennen und anschließende Verschicken von Gliedmaßen ist eine beliebte Methode der

Weitere Kostenlose Bücher