Die Sünde
absolut sicher, dass am Tatort nicht mehr die kleinste Spur zu finden war.
»Gibt es hier einen guten Spürhund?«, fragte Nawrod. Spannung lag in seiner Stimme.
»Nicht nur einen«, gab Wegner zur Antwort. »Wir haben bei der Hundestaffel mindestens drei Superspürnasen, die bei der Suche nach Vermissten oder Leichen schon sehr erfolgreich waren.«
»Ich brauche nur einen, und das möglichst bald. Können Sie das arrangieren? Wir treffen uns am Tatort.«
Als sich Nawrod und Yalcin eine halbe Stunde später dem Dienstwagen näherten, gebärdete sich der Deutsche Schäferhund in seiner engen Hundebox wie ein bissiger Wolf in der Falle.
»Steht ja ganz schön unter Strom, das Teil. Den möchte ich nicht zum Feind haben«, sagte Yalcin ehrfürchtig.
»Ich denke, es ist besser, wenn wir etwas Abstand halten«, entgegnete Nawrod und blieb stehen. Der Kollege im grünen Overall kam ihnen entgegen.
»Dahlmann ist mein Name, Tag zusammen.« Der Hundeführer schüttelte zuerst Yalcin, dann Nawrod die Hand. »Ihr habt mich angefordert? Was liegt an?«
»Gestern wurde hier eine enthauptete Leiche in einem Porsche entdeckt. Der Kopf lag fein säuberlich auf dem Schoß des Opfers.«
»Ach ja, diese Geschichte. Ich habe sie im Infoaustausch gelesen. Ziemlich mysteriös, oder? Wie kann ich euch helfen?«
Nawrod räusperte sich kurz. »Na ja, ich habe da eine Idee … es ist nur so ’ne verrückte Idee … muss nichts dran sein.«
Dahlmann schaute Yalcin fragend an.
»Mir hat er sie auch noch nicht verraten«, sagte sie mit einem schelmischen Lächeln.
»Kleine Mädchen müssen auch nicht immer alles wissen«, grinste Dahlmann. Und an Nawrod gewandt: »Hab ich recht?«
»Und ob! Die können nämlich nichts für sich behalten. Das liegt einfach in der Natur des weiblichen Geschlechts.«
Yalcin blökte beleidigt: »Ha, ha, ha! Noch so ein Scherz – Kugel ins Herz. Dieser Schwachsinn wäre eine Meldung bei der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragtentante wert. Aber ich will mal nicht so sein und schreibe eure Kommentare der typisch männlichen Psyche zu.«
»Bist wohl gut im Meldung machen?«, raunzte Nawrod verärgert.
»Bevor ihr euch jetzt in die Haare kriegt, würde ich vorschlagen, ihr sagt mir endlich, was zu tun ist«, versuchte der Hundeführer den kleinen Konflikt aus der Unterhaltung zu nehmen. Ich will hier keine Wurzeln schlagen.«
»Ich möchte, dass dein Hund den Wald rechts und links des Weges absucht. Hier kam der Porsche des Getöteten zum Stehen.« Nawrod deutete auf eine dicke Buche, die keine fünf Meter entfernt von ihnen stand. »Und von da ist er gekommen.« Er zeigte in die entgegengesetzte Richtung. »Lass mal deinen … wie heißt er eigentlich?«
»Dragon von Arminius ist sein richtiger Name. Ich nenne ihn nur Drago.«
»Okay, dann lass mal deinen Drago von Dingens ab hier suchen.«
»Was soll er denn suchen?«
»Das weiß ich noch nicht so genau. Irgendetwas, was nach Mensch riecht.«
Dahlmann ging zu seinem Wagen und befreite Drago aus seiner engen Box. Der Hund kam sofort auf Nawrod und Yalcin zugeschossen. Ein lautes »Aus« ließ ihn gerade noch rechtzeitig auf der Stelle kehrtmachen.
»Am besten, ihr bleibt hier stehen. Ich werde euch winken, wenn Drago etwas gefunden hat. Wie weit soll er den Weg absuchen?«
»Von hier aus so an die 100 Meter und maximal drei Meter in den Wald hinein. Ist das zu machen?«
»Klar doch, kein Problem«, antwortete Dahlmann. Er rief seinen Hund zu sich und setzte ihn mit einem langgezogenen »Such« am linken Wegrand an. Drago tauchte seine Schnauze sofort auf den Boden. In unregelmäßigem Zickzack ging der Vierbeiner langsam vor Dahlmann her, ohne auch nur einmal seinen Kopf zu heben. Nach etwa 70 Metern kam eine scharfe Biegung. Drago drang plötzlich nach links in den Wald hinein und fing an zu bellen. Dahlmann winkte, worauf sich Nawrod und Yalcin in Bewegung setzten. Als sie bei Dahlmann ankamen, saß der Hund etwa fünf Meter vom Wegrand entfernt und wartete auf weitere Kommandos seines Herrn. Er hechelte laut. An seiner weit heraushängenden Zunge hingen kleine Tropfen klaren Speichels.
»So ist es brav, Drago«, sagte Dahlmann zu ihm. Und zu Nawrod gewandt: »Er hat dort etwas gefunden. Es muss vergraben sein. Soll er es ausbuddeln oder wollt ihr diesen Job erledigen?«
»Lass ihn mal machen. Er möchte sicher seinen Erfolg genießen«, antwortete Nawrod und lächelte.
Dieses Mal klang das zweimalige Kommando »Such« kurz
Weitere Kostenlose Bücher