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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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nachweisen. Inzwischen waren schon über zwanzig Jahre vergangen.
    War es Otte, der vor ihm in dieser Zelle gefangengehalten worden war? Wenn ja, was war mit ihm geschehen? War er in eine andere Zelle gebracht worden? Es musste Otte gewesen sein, und man hatte ihn vermutlich ebenso gefoltert. Von wem sonst hatten die beiden seinen Namen erfahren? Aber warum hatte Otte nicht gleich auch den Dritten verraten, der damals dabei gewesen war? Er war es doch, der es am schlimmsten mit den Jungs getrieben hatte. Wieso haben sie mich mit Strom traktiert, bis ich ihnen den Namen des anderen preisgegeben habe, fragte er sich. Otte wusste doch auch, wer der Dritte gewesen war.
    Radecke kam es wie eine Ewigkeit vor, bis sich zum ersten Mal die Tür öffnete. Jetzt würde dieses fürchterliche, sadistische Spiel endlich zu Ende sein, hoffte er. Er lag gerade auf der Pritsche und dachte an seinen Lebenspartner. Bestimmt hatte Daniel Weiß schon Vermisstenanzeige erstattet. Ganz bestimmt! Oder doch nicht? Er hatte von anderen Schwulen schon oft gehört, dass manchmal ein Partner tage- oder gar wochenlang verschwand, weil er über Nacht einen heißblütigen Lover kennengelernt hatte, mit dem er sich in ein Liebesnest zurückzog. Er selbst war auch schon einmal eine Nacht weggeblieben. Eine riesige Eifersuchtszene war die Folge gewesen und er hatte schwören müssen, so etwas nie wieder zu tun. Daniel hätte sich sonst auf der Stelle von ihm getrennt.
    »Aufstehen!«, befahl ihm der Uniformierte, der unter der Tür stehen blieb. Radecke schreckte in die Höhe. Er versuchte, die Situation abzuschätzen. Was hatte man mit ihm vor? Konnte er einen Fluchtversuch wagen? Der andere wog bestimmt zwanzig Kilogramm weniger und war auch nicht ganz so groß wie er. Mann gegen Mann hätte er sicher Vorteile. Doch Radecke sah den Elektroschocker in der rechten Hand des anderen. Er musste sich beherrschen, nicht in Panik zu verfallen. Zu frisch waren noch die Bekanntschaft mit dem Folterinstrument und die damit verbundenen Schmerzen.
    Bevor er weiter überlegen konnte, landeten metallene Hand- und Fußfesseln laut scheppernd direkt vor ihm auf dem Fußboden.
    »Leg dir die Dinger an!«, befahl der Uniformierte. »Aber mach ja keine Mätzchen! Sonst hörst du die Engel schneller singen, als dir lieb ist.«
    Langsam bückte er sich nach dem Fesselwerkzeug.
    »Die Fußfessel zuerst!«, sagte der Uniformierte mit schneidender Stimme. Das Metall fühlte sich kalt und schwer an. Die Gedanken an einen Fluchtversuch gingen ihm nicht aus dem Kopf, obwohl ihm bewusst war, dass es keinen Sinn hatte. Er hatte nicht die geringste Chance. Um Zeit zu gewinnen, kam er dem Befehl nur zögernd nach. Absichtlich tat er so, als ob er nicht wüsste, wie man mit diesen Fesseln umgeht, obgleich sie ein sehr beliebtes Hilfsmittel zur Steigerung der Lust bei den gerne von ihm praktizierten sadomasochistischen Spielen mit männlichen Prostituierten waren.
    Als der harte Stab des Elektroschockers auf seinen Kopf niedersauste, vernahm er für den Bruchteil einer Sekunde noch das Geräusch von verdrängter Luft und dann spürte er auch schon den dumpfen Schmerz, der ihm fast die Besinnung raubte.
    »Du hältst mich wohl für blöde?«, hörte er den anderen brüllen. »Ich kann deine Gedanken lesen, du Arschloch. Willst wohl abhauen! Ich warne dich! Eine falsche Bewegung und ich mach dich alle! Hast du mich verstanden?«
    Radecke richtete sich benommen auf. Er tastete mit der Hand seinen Kopf ab und fühlte eine hühnereigroße Beule, die höllisch schmerzte. Der Schmerz verstärkte sich, als er sich wieder nach unten beugte, um sich die Fußfesseln anzulegen. Er stöhnte laut.
    »Und jetzt die Hände«, befahl der andere. Radecke zitterte wie Espenlaub. War es der Schmerz oder die Angst vor dem, was noch kommen mochte? Nackt und mit gekrümmtem Rücken, gefesselt an Händen und Füßen, gab er ein jämmerliches Bild ab. Er hatte keine andere Wahl, als zu gehorchen. Bevor er aus seiner Zelle geführt wurde, zog der andere eine schwarze Kapuze aus der Jackentasche und stülpte sie ihm über den Kopf.
    Durch die Fußfesselung konnte er nur kleine Schritte machen. Er spürte, dass die Hand, die ihn am Oberarm packte, sehr kräftig war und keinen Widerstand zuließ. Radecke hatte keinerlei Orientierung. Er hörte lediglich, dass eine andere Tür geöffnet wurde, bevor man ihn mit einem kräftigen Ruck zum Anhalten zwang.
    »Gab es Probleme?« Die Stimme gehörte dem blonden

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