Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
indem er sich mit einem Pfefferminztee im Café begnügte, wo er einen guten Ausblick auf den Hügel und das Denkmal oben hatte. Wallace galt als Patriot: Konnte man dasselbe auch über Francis Vernal sagen? Waren seine Haltung und seine Taten legitim gewesen – dieser Begriff, über den MacIver hatte diskutieren wollen? Und was würden beide von dem Schottland halten, in dem Fox heute lebte: War es noch dasselbe Land, für das sie gekämpft und ihr Leben gelassen hatten? Im Laden neben dem Infotresen stand Kundschaft. Die beiden Besucher diskutierten, ob sie Strandtücher kaufen sollten, die wie Kilts aussahen. Ihr Schottland war wahrscheinlich ein romantisches, mit Tälern und Burgen, Single Malt Whisky aus Speyside und Volkstänzen. Es gab auch noch andere Schottlands, wenn man sich die Mühe machte, sie zu entdecken, und heutzutage schauten ohnehin viele Menschen lieber nach vorne anstatt sehnsuchtsvoll auf die Nation, die sie hinter sich gelassen hatten. Immer mehr Gäste nahmen an den Tischen um ihn herum Platz. Er schenkte sich keine zweite Tasse aus dem Kännchen ein. Als er zu seinem Wagen zurückkehrte, klingelte sein Handy. Aber es war nicht Alison Pears.
» Mr Fox? Hier ist die Schwester vom Lauder Lodge. Ich fürchte, Ihrem Vater geht’s nicht gut … «
Wie benommen fuhr er nach Edinburgh zurück. Erst als er das Krankenhaus erreichte, merkte er, dass auf der gesamten Fahrt das Radio eingeschaltet gewesen war. Er konnte sich nicht erinnern, irgendwas gehört zu haben. Die Schwester hatte ihm geraten, es zunächst in der Notaufnahme zu versuchen. Mitch war in seinem Zimmer auf dem Boden liegend gefunden worden.
» Möglicherweise ist er bloß gestürzt « , hatte sie Fox erklärt, ihre Stimme ließ aber vermuten, dass sie ihren eigenen Worten nicht glaubte.
» War er bei Bewusstsein? «
» Nein … «
Fox parkte auf einer doppelt durchgezogenen Linie im Anfahrtsbereich der Krankenwagen und ging hinein. Am Empfang stand bereits ein Besucher, also wartete er, bis er an die Reihe kam. Im Warteraum saßen nur zwei oder drei Personen. Sie starrten auf einen Fernseher in der Ecke. Die Rezeptionistin schien es nicht eilig zu haben, weshalb Fox an ihr vorbeiging und die Station betrat. Niemand hielt ihn auf oder fragte ihn, was er wollte. Patienten lagen au f T ragen, einige in mit Vorhängen abgetrennten Nischen. Fox machte die Runde durch den Raum. Eine Mitarbeiterin saß an einem Computer. Er fragte sie, wo er Mitchell Fox finden könne.
» Er wurde vor einer Stunde hergebracht « , erklärte er, » aus dem Lauder-Lodge-Altenheim. «
» Dann ist er vielleicht noch gar nicht im System. « Sie ging an eine Tafel und studierte sie. Dann fragte sie eine andere Mitarbeiterin, die nickte und auf Fox zuging.
» Sind Sie mit ihm verwandt? «
» Ich bin der Sohn. «
» Mr Fox wird gerade geröntgt. Danach kommt er direkt auf die Station. «
» Wie geht es ihm? «
» Wir wissen bald mehr. Da hinten ist ein Warterau… «
» Kann ich zu ihm? «
» Das wird man Ihnen am Empfang sagen können. «
Sie wies Fox den Weg zurück zum Empfang. Als er dort ankam, war die Schlange verschwunden, er gab seinen Namen an und wurde gebeten, Platz zu nehmen. Er machte es sich so gut es ging auf dem harten Plastikstuhl bequem und starrte an die Decke. Niemand sah mehr fern; alle waren damit beschäftigt, auf die Displays ihrer Handys zu starren. Eine Frau mit einem bandagierten Arm ging herum. Immer wenn sie sich der Tür näherte, öffnete sich diese automatisch, und von draußen wehte ein kalter Wind herein. Die Frau schien Gefallen an dem Vorgang zu finden. In der Nähe stand ein Schrank, der immer wieder von den Mitarbeitern auf- und wieder zugeschlossen wurde. Fox konnte nicht sehen, was sie
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