Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
seinem Zimmer gefunden « , erklärte Fox leise. » Bei dem Sturz hat er sich den Kopf angeschlagen. « Er hielt inne, merkte, dass es, abgesehen von einer weiteren Entschuldigung, nichts hinzuzufügen gab. Jude weigerte sich, ihn anzusehen. Als sie den Kopf hob, betrachtete sie die Maschinen. Der Arzt traf ein, er kam Fox unglaublich jung vor – kaum dem Teenageralter entwachsen. Kein weißer Kittel, kein Stethoskop: nur ein Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln und eine Krawatte.
» Keine gebrochenen Knochen, keine Frakturen « , fasste er zusammen und ging die Unterlagen durch, die man ihm ausgehändigt hatte. » Vielleicht brauchen wir noch eine Computertomografie. Wir werden ihn einen Tag oder so hierbehalten … «
» Es war die Rede von einem Schlaganfall « , sagte Fox.
» Hm, das ist eine Möglichkeit. « Fox hatte erwartet, dass der Arzt Mitch mit einer Lampe in die Augen leuchten, ihm den Blutdruck abnehmen und den Puls messen würde … Irgendwie so was. Aber der junge Mann guckte sich den Patienten nur an. Die Aufzeichnungen verrieten ihm, was er wissen musste. » Wenn er wieder zu sich kommt, können wir uns ein besseres Bild machen. «
» Sollten wir versuchen, ihn zu wecken? « , fragte Fox.
» Ist besser, ihn in Ruhe zu lassen. « Der Arzt hatte fertig gelesen. » Computertomografie entweder heute noch oder vielleicht morgen. Danach wissen wir hoffentlich besser Bescheid. «
Und damit war er weitergegangen, widmete sich jetzt einem Patienten auf der anderen Seite des Raums.
Jude sagte nichts, Fox auch nicht. Er hatte sich selten so nutzlos gefühlt. Als ihn jemand von der Schwesternstation fragte, ob er eine Tasse Tee wollte, nickte er und war unendlich dankbar. Jude bat um ein Wasser, und prompt wurden ihnen beide Getränke gebracht. Fox entschuldigte sich noch einmal, und dieses Mal sah ihn Jude an.
» Ihr denkt nie an mich – alle beide nicht « , sagte sie.
» Jetzt nicht, Jude. Heb dir das für später auf. « Fox nickte Richtung Mitch. » Vielleicht hört er dich. «
» Vielleicht will ich ja, dass er’s hört. «
» Trotzdem … «
Sie nahm einen Schluck Wasser aus dem Plastikbecher, den sie mit beiden Händen umfasst hielt. Fox’ Tee war zu stark. Trinkbar wurde er nur, wenn man zwei Päckchen Zucker hineinkippte.
» Sieh mal « , erklärte er seiner Schwester, » ich war gerade bei was ganz anderem, als ich angerufen wurde. Ich konnte nicht klar denken – auch nicht, als ich hier angekommen bin. «
» Für mich ist wohl kein Platz in deinem Schädel, oder wie? «
» Können wir den Märtyrerscheiß mal lassen, Jude, nur dieses eine Mal? «
Es gelang ihm, ihren Blick zu halten, aber nur wenige Sekunden lang.
» Du hast vielleicht Nerven, Malcolm « , sagte sie langsam. » Also wirklich. «
» Besser, man zeigt Nerven, als dass man gar keine Nerven hat, oder? « Er machte den Fehler, auf seine Armbanduhr zu sehen.
» Musst du noch wohin? « , fragte sie.
» Immer. «
» Lass dich bloß von deiner Familie nicht abhalten. «
Er versuchte auszurechnen, wie lange die Fahrt nach Stirling dauern würde. Ob jetzt noch Berufsverkehr war?
» Du lieber Gott, du willst wirklich aufstehen und gehen. « Jude stand der Mund offen. » Egal was es ist, es kann ja wohl kaum wichtiger sein als das hier. «
» Nur weil du’s nicht verstehst, heißt das nicht, dass Dad es auch nicht verstehen würde. «
» Und ich soll einfach hier sitzen bleiben? «
» Du machst, was du willst, Jude, wie immer. «
» Das sagt der Richtige! «
Es fiel ihm schwer zu widersprechen, deshalb versuchte Fox es erst gar nicht. Er fragte sie, ob sie Geld fürs Café bräuchte. Sie ließ ihn auf ihre Antwort warten, bevor sie schließlich zugab, dass sie ihre letzte Kohle für das Taxi ausgegeben hatte. Er legte einen Zwanzigpfundschein aufs Bett, neben ihre Hand, die immer
Weitere Kostenlose Bücher