Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
anderen Grund? «
» Charles möchte, dass ich weniger große Stücke auf Francis halte, damit er selbst in meinem Ansehen steigt. «
» Er will nachweisen, dass sich Ihr Mann mit Terroristen und mit Frauen eingelassen hat? «
Sie lächelte kraftlos. » Um meine Bekehrung auf dem Sterbebett vorzubereiten. Ich leiste Abbitte und presse Charles an meine Brust – metaphorisch oder sonst wie. «
» Scheint mir unwahrscheinlich. «
» Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Charles war immer ein guter Freund; liebevoll und loyal. «
» Wobei die Zuneigung aber nicht in dem Maß auf Gegenseitigkeit beruhte, wie er sich das gewünscht hätte. «
» Nein. «
» Und dass er Ihren Mädchennamen in den Kanzleinamen aufgenommen hat? «
» Das war Teil seines Werbens um mich « , pflichtete sie ihm bei. » Ich sollte mich geschmeichelt fühlen. «
Fox fiel keine Erwiderung darauf ein. Als er das riesige, spärlich eingerichtete Wohnzimmer verließ, konnte er ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe sehen, ebenso wie sie seines.
Fox lag in jener Nacht im Bett und dachte an Imogen Vernal. Sie hatte die Chemo aufgegeben, aber nicht den Glauben ans Leben. Sie liebte ihren Mann noch immer. Und Charles Mangold liebte sie. Fox fragte sich, ob die Witwe reich war – von ihren Eltern geerbt hatte; oder ob ihr Mann ihr Geld hinterlassen hatte – oder bezahlte etwa Mangold Eileen Carpenter und alles andere? Er dachte an seinen eigenen Vater, der gegen die Demenz ankämpfte, an die regelmäßigen Besuche von Sohn und Tochter, die Strandausflüge nach Portobello, Eiskrem am Kinn, bis ein Taschentuch zur Hand war …
Die Briefe von Alice Watts an Francis Vernal glichen eher Aufsätzen – sie waren ausführlich, weitschweifig und politisch. Es gab auch emotionale Momente, aber keine blumige Prosa, keine von Pfeilen durchbohrten Herzchen – und keine Symbole für Küsschen neben der Unterschrift. Fox konnte nicht feststellen, ob ihr Vernal seinerseits Briefe geschrieben hatte. Es war offensichtlich, dass er regelmäßig nach Anstruther gefahren war, aber die Briefe waren nicht datiert. Den wenigen aktuellen Ereignissen nach zu urteilen, die erwähnt wurden, stammten sie aus den Jahren 1984 und 85 .
Sein Telefon lud auf dem Nachttisch. Als es klingelte, musste er es erst vom Strom nehmen, bevor er antworten konnte. Es war Evelyn Mills, die ihn um elf Uhr abends anrief.
» Evelyn? «
» Hab ich dich geweckt? «
» Was gibt’s? «
In der Leitung herrschte einen Augenblick lang Stille. » Seltsam, oder? « , setzte sie schließlich mit leicht nasaler Stimme an. » Dass du auf einmal wieder in meinem Leben auftauchst. Ich meine, ausgerechnet jetzt. « Fox merkte, dass sie getrunken hatte.
» Alles klar bei dir zu Hause? «
» Nein, eigentlich nicht. « Sie schien erst jetzt zu merken, wie spät es war. » Ich hätte bis morgen früh warten sollen. «
» Schon gut. «
» Freddie ist ein wunderbarer Mann, weißt du? «
» Das ist er ganz bestimmt. «
» Wenn du ihn kennen würdest, ihr beiden würdet euch super verstehen. Alle mögen Freddie. «
» Das ist gut. «
Wieder Schweigen in der Leitung. » Ich hab vergessen, warum ich dich angerufen habe « , gestand sie.
» Vielleicht nur zum Plaudern. «
» Nein, warte, jetzt fällt’s mir wieder ein. Paul Carter hat mit Scholes gesprochen. «
» Ah ja? «
» Er scheint Angst zu haben und weiß nicht so genau, wem er vertrauen kann. Im Prinzip hat er Scholes gefragt, ob er was mit dem Tod seines Onkels zu tun hatte. «
» Was hat Scholes geantwortet? «
» Er hat behauptet, Carter habe nicht mehr alle Tassen im Schrank. «
» Hatte es den Anschein, als würden die beiden frei sprechen? «
» Keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie geglaubt haben, die Leitung würde
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