Die Suenden der Vergangenheit
er sich quer über das Handgelenk zog, wo sofort sein Blut aus dem Schnitt quoll. Hätte er sich in das eigene Fleisch gebissen und es ihr angeboten, wäre das zweifellos eine viel zu intime Geste gewesen.
„Trink! Du brauchst das jetzt, sonst überstehst du den Vollmond nicht! Deine Hündin in allen Ehren, aber sie bietet bei Weitem nicht genug Schutz. Sieh es einfach als effektive Medizin“, forderte er sie auf, als wäre es alltäglich, dass der Anführer der Warrior einen Verletzten speiste.
Natürlich füllte sich die Luft nun mit seinem eigenen Duft, da auch sein Blut der Träger davon war. Holzig und herb. Irgendwie unnachgiebig und abweisend, weil eine einschmeichelnde Note fehlte, wie man sie zum Beispiel Herrendüften auf der Basis von Sandelholz beimischte. Es hatte schon Damen gegeben, die damit nicht zurecht gekommen waren. Es waren oft die von sich besonders eingenommen Frauen, die sich davon abgeschreckt fühlten, da schon nach dem ersten Schluck klar stand, wer der Herr im Haus sein würde, sollte man mehr davon nehmen.
Und dann tat er etwas ziemlich Dummes. Scharf zog Tiponi die Luft ein und hielt den Atem an. Sie wusste, was er vorhatte, noch bevor er das Messer aus dem Schaft seines Stiefels zog. Er wollte ihr von sich... Oh Gott, allein der Anblick seiner Muskeln, die sich hervorragend unter dem Stoff des grauen T-Shirts abzeichneten, das er unter dem Pullover trug, ließ sie schwindelig werden. Ganz zu schweigen von dem köstlich, männlichen Duft, der ihre Kehle trocken werden und fast gierig die Hände nach dem ausstrecken ließ, was er ihr da förmlich aufdrängte.
Nein. Tiponi schüttelte den Kopf. Schwindelig wurde ihr garantiert nur von den Nebenwirkungen seiner Schläge und wenn man so direkt Blut angeboten bekam, noch dazu das eines Kriegers, dörrte bestimmt jeder Hals aus wie bei einem Verlorenen in der heißen Wüstensonne.
Sie hätte nun selbstverständlich ablehnen und den Rückzug antreten können, doch leider hatte sie die Rechnung ohne ihn und ohne die Nebenwirkungen der Affectio gemacht. Wenn sie sich ihm verweigerte, würde er sie zwingen. Theron sah so unnachgiebig und schlecht gelaunt drein, dass sie lieber weiterhin schweigend nach seinem Handgelenk griff und es an ihre Lippen zog, bevor er merkte, das zeitgleich mit dem ersten Tropfen seines Blutes ihre Fangzähne herausgeschossen waren und sie ihre rotglühenden Augen gerade noch züchtig niederschlagen konnte, damit er ja nicht gewahr wurde, wie es um sie stand.
Das war überhaupt nicht seine Angelegenheit.
Nur zwei, drei Schlucke... Tiponi entschlüpfte ein Aufstöhnen, das diesmal nicht mehr von den Schmerzen, die sie hatte, herrührte, sondern eindeutig der Lust zuzuschreiben waren, die sie bei jedem Schluck, den sie sich zu sich nahm, mehr und mehr empfand. Sein Blut rann heiß und brennend wie glühende Lava ihre Kehle hinab und seine Kraft begann sofort automatisch damit, auf sie überzugehen und ihre Verletzungen zu heilen. Langsam, aber beständig. In einer Stunde würden sie vergessen sein und sie würde schlafen können.
Noch ein bisschen...
Tiponi verstärkte den Druck auf sein Handgelenk sowohl mit ihren schmalen Fingern als auch mit ihren Lippen. Sie wollte mit einem Mal so viel von seiner Kraft in sich aufnehmen, bis sie randvoll davon war und sich so fühlen würde, als könnte sie Bäume ausreißen.
Sie hatte eine Ewigkeit nicht mehr getrunken. Plasma ja und das Blut wilder Tiere, wenn es gar nicht anders ging. Aber das eines Mannes? An das letzte Mal konnte sie sich gar nicht mehr richtig erinnern. Auf jeden Fall hatte sie noch nie etwas Vergleichbares gekostet. Das Blut eines Kriegers war etwas ganz besonderes. Etwas, das sie selbstvergessen davon trinken und vor sich hin duften ließ, bis es im gesamten Wohnzimmer schwer nach süßem Sommerblumenhonig roch.
Ein Duft, der sich mit dem ihres Gegenübers vermischte, der an ihrer Stelle schön die Beherrschung behalten durfte, da das doch etwas war, was er am besten konnte, während sich die Tri’Ora bei jedem weiteren Schluck immer mehr jenseits von Gut und Böse befand.
„Genug! GENUG!”, knurrte Ron zwischen zusammengebissenen Zähnen, als Tiponi keine Anzeichen zeigte, mit dem Trinken aufzuhören.
Seine Augen glühten röter denn je, weil er sich mental Ketten anlegte, um nicht nach dem weichen Leib der Frau zu greifen, der sich nun eindeutig lustvoll unter ihm wand. Allein der Wirkung seines Blutes wegen. Seine Kehle fühlte sich
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